Unter dem Zwillingsstern
hinzu: »Außerdem wäre es für Frä u lein Brod viel schlim m er, wenn er ihr die Polizei auf den Hals hetzt.«
»Nun…«
»Bitte, Dada. Du bist der einzi g e, der uns helfen kann.«
Martin Gold m ann gab nach. Roberts Freundin war ihm stets ein wenig wie eine verlorene Prinzessin in einem verwunschenen Schloß vorgekommen. Außerdem spürte er im m er noch tiefes Bedauern, wenn er an ihre Mutter dachte, die er nicht geliebt hatte, wie Roberts Mutter, nur verehrt. Manch m al fra g te er sich, ob er Angharad hätte helfen können, wenn mehr zwischen ihnen ge w esen wäre. Er seufzte und sah an dem strahlenden Läche l n, daß sich über Roberts Gesicht ausbreitete, daß der Junge ihn verstanden hatte.
»Gut«, sagte er streng, in dem B e mühen, etwas Autorität zurückzugewinnen, »und nun werden wir ein Ferngespräch nach Lubeldorf an m elden. Dann setzt du dich in den nächsten Zug dorthin.«
Roberts Lächeln verschwand. »Das geht erst m o rgen früh«, protestierte er. Dr. Gold m ann setzte ein unnachgie b iges Gesicht auf, und Robert fügte hastig hinzu: »Max versteht das sicher.«
Er hatte das schreckliche Gefühl, aus einem Muster auszu b rechen, nur um in ein anderes zu fallen, während er die W i rkung seiner W orte auf Dada beobachtete. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig; um seinen Zweck zu erreichen, m ußte er auf s eine bewährte T aktik zurückgreifen und einen gegen den anderen ausspielen.
»Ich hätte ihm ja von Anfang an alles erzählt, aber ich dachte, du…«, begann er, um sicherzugehen, daß Dada auch begriff, hielt inne und schluckte, als stünde er k u rz davor zu weinen. Es war nicht ganz geheuchelt, denn nun ging es an seinen T eil des Paktes, den er m it Carla geschlossen hatte.
»Dada, ich bin noch aus einem anderen Grund hier. Ich… ich wollte dich fragen, ob ich in den nächsten Ferien bei dir wohnen kann. Und in den Ferien danach auch.«
Ein m al ausgesprochen, war es unwiderruflich. Dada Gold m anns Gesicht le u chtete unwillkü r lich a uf , obwohl er sich gleich darauf be m ühte, es zu verbergen. Robert sah seinen V ater vor sich, wie er auf einem Barhocker saß, den Arm um ihn legte und lauthals verkündete: » D as ist m ein Sohn Robert. Mein Junge.«
Bei dem nächsten W eihnachtsspiel konnte er die Rolle von Judas Iskariot überneh m en. Er wußte genau, wie Judas sich fühlte. Von dem Wunsch getrieben, Dada auch etwas von dem Elend zu ver m itteln, entzog er sich, als Dr. Gold m a nn ihm die Hand auf die Schulter legte, und sagte scharf: » W enn du m ich in Lubeldorf abholst, dann fragt m i ch wenigstens keiner, wieviel du intus hast.«
Bei Tage wieder unbeobachtet in die Villa hineinzukommen war etwas schwerer, doch Robert war geübt darin, über Mauern zu klettern, und er kannte sich hier sehr gut aus. Er br ac hte Ca r la da s Mitt e l, das er für sie besorgt hatte, das e i nzige, was sie n i cht schon besaß, und pfiff leise durch die Zähne, als er sah, was sie inzwischen alles vor sich au f gereiht und ausgebreitet hatte.
»Und das hast du all die Jahre aufbewahrt ? «
»Nicht bloß aufbewahrt. Ab und zu habe ich es auch benutzt um zu üben. Du bist nicht der ein z ige m it deinem Schulthe a ter.«
Nachdem sie beide die Gebrauchsan w eisung studiert hatten, half er ihr m it dem W aschen ihres Haares. W ährend sie neben der e m ailleverkleideten Badewanne kniete und ihren Kopf über den Rand hängen ließ, wurde ihm plötzlich bewußt, daß sie nur ihre Unterwäsche trug, und er m ußte lachen, weil ihm Dadas Frage von heute m orgen einfiel. Als er Carla d a v on erzä h lte, prustete sie unter dem Wasserschwall in i h r nasses Ha a r.
»Na, jetzt weiß ich, wie ich aussehen m uß, wenn ich deinen Dr. Gold m ann richtig e r sch r ecken will. Ein Kissen langt. Du, ich glaube, es ist jetzt feucht genug.«
Robert m assie r te d a s Mittel in ihr Haar und hat t e anschließend Mühe, seine Finger wieder sauber zu bekom m e n, während sie sich ein Handt uc h um den Kopf wand. Den Rest des Nach m ittags ve r brachten sie in Carlas Zimmer, nicht nur, weil das Trocknen so lange dauerte, sondern auch, weil es der s icher s te Ort war, wo nie m and sie stören würde, solange der Zorn i h res Vaters anhielt. Dennoch unterhielten sie s i ch nur lei s e; nic h ts durfte schiefgehen. Gegen Abend wurde Robert im m er hungriger. Er f r agte Carla, ob m an ihr das Essen vor die Tür stellen würde, und war enttäuscht, als sie antwortete, sie habe zu Mittag
Weitere Kostenlose Bücher