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Unter den Linden Nummer Eins

Unter den Linden Nummer Eins

Titel: Unter den Linden Nummer Eins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ebertowski
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er über Buddhismus gut informiert. Nur Sven Hedin nickte wissend, als der Reichsführer über die vorbildlichen Tierhospitäler Kaiser Aschokas sinnierte, die dieser fünfhundert Jahre vor Christi in seinem gesamten Herrschaftsbereich errichten ließ. »Das war vorchristliche arische Tierliebe, meine Herren. Lange vor diesen blutrünstigen biblischen Tieropfern der jüdischen Rasse.« Daß der Reichsführer munter Zeitschienen und allgemein anerkannte wissenschaftliche Tatsachen vermengte und im Sinne der NS-Ideologie interpretierte, rief bei seinen Zuhörern keinen Proteststurm hervor. Im Gegenteil, Randhuber fühlte sich genötigt, in regelmäßigen Abständen zu murmeln: »Genauso verhält es sich, Herr Reichsführer, genauso verhält es sich, Herr Reichsführer!« Himmler quittierte die Bemerkungen Randhubers mit einem Lächeln, und die Augen hinter seiner Goldrandbrille blitzten freudig ob der verbalen Beifallsbezeugung.
    »Wir wollen nun kurz zum eigentlichen Anlaß unseres Treffens kommen, denn ich denke, die Vorarbeiten gedeihen prächtig, und es gibt im Grunde genommen nicht mehr viel zu besprechen. Der Führer muß an die Macht, und daß er die bald erringt, daran glaube ich fest. Herr Doktor Hedin, besonders freue ich mich, Sie persönlich kennengelernt zu haben. So unsere nordische Bewegung siegen wird, ist es gewiß, daß ich eine Tibetexpedition ausrichten lassen werde, für die ich Sie schon heute als Experten umwerben möchte.«
    Sven Hedin verbeugte sich. »Auf mich können Sie jetzt schon zählen, Herr Reichsführer.«
    Himmler kniff die Lippen zu einem Schlitz zusammen und setzte sich mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einen Klappstuhl. Dann begann er zu reden.

17.
    G EKLÄRTE F RONTEN
    Himmler hatte seinen eigenen Wagen mit Chauffeur. Sven Hedin fuhr mit ihm zum Kaiserhof zurück. Randhuber verabschiedete sie mit zackigem Deutschem Gruß. Kaum war der Wagen des Reichsführers SS außer Sicht, holte Randhuber sein Zigarettenetui hervor. Holtsen lud ihn mit seinem gewinnendsten Lächeln ins Adlon ein. »Damit Sie nachvollziehen können, warum ich immer dort absteige.«
    »Diese Einladung nehme ich mit dem größten Vergnügen an.« Randhuber sog gierig den Zigarettenrauch ein. »In einem Punkt hat der Reichsführer vorhin doch ein wenig geirrt. Es gibt durchaus noch ein paar zu diskutierende Punkte zwischen uns.«
    Ein Geizhals war der dicke Schwede nicht. Als Karl ihm vor dem Adlon die Wagentür aufhielt, fand ein Geldschein den Weg in die Ziertuchtasche seines Anzugs.
    »Für Ihre Mühe, Herr Meunier!«
    Randhuber beließ es bei einem genuschelten »Danke!« und steckte sich eine Zigarette an.
    Kassner, in seiner neuen Eigenschaft als Assistent des Empfangschefs, kam durch eine der Drehtüren auf Randhuber und Holtsen zugeschossen. »Zu Diensten, meine Herren!«
    »Sie?« Randhuber ging auf Kassner zu und drückte ihm die Hand. »Ich hätte Sie im Weinkeller vermutet.«
    »Der Herr Generaldirektor hatte die Güte, mich zu befördern. Ich bin jetzt stellvertretender Rezeptionschef.« Kassner machte nicht den Eindruck, als wäre er über die Beförderung sonderlich erfreut.
    ›Ob das Trinkgeld, das er bekommt, seine Champagnerschiebereien aufwiegt?‹ dachte Karl.
    Holtsen sagte jovial: »Olalä, dann gratuliere ich und hoffe, daß Sie mindestens als Verwaltungsdirektor in Rente gehen. Aber vielleicht könnten Sie vorher veranlassen, daß Doktor Randhuber und ich gleich einen Tisch mit Blick auf den Goethe-Garten bekommen?«
    »Auf der Stelle, meine Herren. Ich kümmere mich persönlich um Ihren Wunsch«, sagte Kassner.
    »Und lassen Sie meinem Diener ausrichten, er möge Herrn Hedin eine gute Flasche Burgunder in den Kaiserhof bringen.«
    »Ich eile«, sagte Kassner.
    »Einen Moment bitte, Herr Kassner!« Karl stellte sich ihm in den Weg. »Herr Mirow bat mich darum, der Rezeption Bescheid zu geben, ab wann der Mercedes dem Fuhrpark wieder zur Verfügung steht.« Mirow war Erster Chauffeur und Fuhrparkchef und fast ein Intimus von L. A. Seine Aufträge und Anordnungen hatten im Haus Dringlichkeitsstufe.
    »Ja, geht in Ordnung«, knurrte Kassner und schob sich an Karl vorbei.
    Randhuber flüsterte in Holtsens Ohr: »Das war eben unser Vertrauensmann im Adlon . Ich hatte Ihnen bereits in Göteborg von Otto Kassner erzählt.«
    »Ich erinnere mich vage«, sagte Holtsen, ohne sich die Mühe zu geben, leise zu reden, denn Karl war Kassner gefolgt, und der Page, der die Bordsteinkante auf und ab

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