Unter den Sternen des Südens: Australien-Saga (German Edition)
plauderten kurz über Allgemeines, bevor Amanda das Foto hervorzog und auf den Couchtisch legte.
»Ich habe in einem alten Fotoalbum geblättert und dabei das hier gefunden«, sagte sie. Diane beugte sich vor und nahm das Foto in die Hand. Sofort wurden ihre Augen feucht. Amanda sprach weiter. »Ich habe es herausgenommen, um es an mich zu drücken. Ich wollte einfach Dad nahe sein. Ich kann mich nicht erinnern, dass er mich jemals so angesehen hat wie auf diesem Foto.« Sie beobachtete ihre Tante. »Dann habe ich es umgedreht. Das Datum auf der Rückseite ist nicht mein Geburtsdatum …« Sie ließ den Satz in der Luft hängen.
»Nein«, sagte Diane. »Das bist auch nicht du auf diesem Bild.« Sie starrte immer noch auf das Foto in ihrer Hand und schüttelte den Kopf. »Oh, das ist eine sehr traurige Geschichte, Mandy. Deine Mutter wollte nicht, dass du davon erfährst, und was Brian betrifft, nun, er hat sich einfach geweigert, darüber zu sprechen … über Michael junior und den Unfall. Ich habe mir schon gedacht, dass deine Fragen damit zu tun haben. Ich habe vermutet, dass du seine Geburtsurkunde oder seine Todesurkunde gefunden hast. Ich wusste nicht, dass noch ein Foto von ihm existiert. Wirklich eine sehr traurige Geschichte«, wiederholte Diane. »Deine Mutter hatte Probleme, schwanger zu werden. Nun ja, sie ist schwanger geworden, aber nie lange geblieben. Sie hatte vier Fehlgeburten, bevor sie Michael bekam … Mikey, wie wir ihn nannten. Dein Großvater Michael, mein Vater, hat zu der Zeit noch gelebt, weißt du. Mikey war ein wunderschönes Baby, ruhig und sehr pflegeleicht. Er schlief die meiste Zeit. Ich weiß noch, dass Helena ihn manchmal sogar wecken musste, um ihn zu stillen. Er schlief, trank, machte sein Bäuerchen, und während Helena seine Windel wechselte, schlief er schon wieder ein.
Aber als er laufen konnte, war er nicht mehr zu bremsen. Er büxte mehrmals in den Garten aus. Brian baute ein Geländer um die ganze Veranda, damit Mikey nicht mehr ausbrechen konnte, aber kaum drehte Helena ihm den Rücken zu, kletterte Mikey einfach darüber. « Diane trank einen Schluck Kaffee und atmete kurz durch.
»Eines Tages, es war ein Dienstag, spielte Mikey auf der Wiese vorn. Deine Eltern waren in der Küche und tranken Tee. Helena wusste seit Kurzem, dass sie wieder schwanger war, und sie sprachen über ihre weitere Zukunft. Brian ging zwischendurch zweimal raus, um nach Mikey zu sehen, der im Sandkasten spielte. Dann erhielt Brian einen Anruf. Auf einer Nachbarfarm war ein Feuer ausgebrochen. Er rannte los und sprang in den Pick-up, ohne zu registrieren, dass Mikey nicht mehr auf der Wiese war. Als er rückwärtsfuhr, spürte er einen dumpfen Aufprall. Im selben Moment entdeckte Helena, dass Mikey verschwunden war.
»Sie konnten nichts mehr für ihn tun. Er ist unter das Hinterrad geraten und starb in den Armen deines Vaters.«
Amanda spürte Tränen über ihre Wangen laufen, während sie diese Neuigkeit verdaute. Ihr Vater hatte ihren Bruder getötet. Sie schüttelte den Kopf – unvorstellbar, was ihre Eltern durchlitten haben mussten. Plötzlich kam ihr ein Gedanke.
»Du hast gesagt, Mum war wieder schwanger?«
»Ja. Aber durch den Schock hatte sie wieder eine Fehlgeburt. Zwei Tage nach Mikeys Tod.«
»Großer Gott«, murmelte Amanda.
»Oh, es war eine schlimme Zeit. Nicht lange nach der Beerdigung hat Brian im Vollrausch sämtliche Fotos von Mikey eingesammelt und verbrannt. Er konnte nichts in seiner Nähe ertragen, das ihn an Mikey erinnerte. Das hat sich nicht nur auf die Fotos beschränkt. Brian hat auch Mikeys Spielsachen zerstört und seinen Teddy zerfetzt. Helena war mit den Nerven am Ende. Irgendwann hat sie dieses Foto in Brians Hemdtasche gefunden. Anscheinend trug er es immer bei sich, ohne es ansehen zu können. Bestimmt hat Helena es versteckt, um es erst wieder hervorzuholen, wenn beide darüber hinweg waren.«
Die Stille, die sich ausbreitete, war ohrenbetäubend. Amanda war zu erschüttert von den Worten ihrer Tante, um etwas herauszubringen. Nach einer Weile sagte sie: »Und später kam dann ich zur Welt.«
James beugte sich vor. »Ja, und ich glaube, das hast du deiner Tante und meiner Wenigkeit zu verdanken.«
Amanda starrte ihn entgeistert an. »Wie meinst du das?«, fragte sie. »Ihr seid doch nicht etwa meine …«
Diane lachte leise auf, da sie erriet, was Amanda auf der Zunge lag. »Nein, nein, Liebes, James und ich sind nicht deine Eltern! Nein, wir haben
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