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Unter den Sternen von Rio

Unter den Sternen von Rio

Titel: Unter den Sternen von Rio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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rosas,
dem Geheimnis der Rosen. Einige Männer waren insgeheim ein bisschen neidisch, dass sie nicht selber den Einfallsreichtum, die finanziellen Möglichkeiten oder den Schneid hatten, ihren Angebeteten solche Liebesbeweise zu erbringen. Ein paar der Frauen waren ebenfalls neidisch, denn zu gern wären sie selber in den Genuss eines so phantasievollen Werbens gekommen – und dass die Rosen nicht für sie bestimmt waren, das war ja nicht schwer zu erraten. Dona Vitória war seltsam gerührt von der Hartnäckigkeit und der Raffinesse des Rosenkavaliers, zugleich jedoch sah sie Schwierigkeiten auf ihre Familie zukommen. Wenn Henrique nicht der Mann war, der die Rosen auf ihrem Grundstück verstreute – und der
konnte
es einfach nicht sein –, dann musste Ana Carolina einen anderen Verehrer haben. Und das hieß nichts Gutes. Trotzdem war auch sie ein wenig enttäuscht, als die Rosen am achten Tag ausblieben.
     
    António verfluchte den Tag! Das Wetter war nicht gerade optimal zum Fliegen, es wurden heftige Tropengewitter angekündigt. Aber denen hätte er noch irgendwie trotzen können. Viel schlimmer war, dass es Sonntag war und der fürs Betanken zuständige Mann auf dem Marinestützpunkt nicht arbeitete. Der Tank war aber definitiv zu leer, um damit in die stürmische Nacht hinauszufliegen. Zu allem Überfluss hatte sich auch noch eine alte Bekannte zu Besuch bei ihm angekündigt, und wie er sie kannte, würde sie ihn bis morgens um fünf mit ihren grotesken Liebesabenteuern unterhalten. Unter anderen Umständen hätte er sich auf vergnügliche Gesellschaft gefreut, diesmal jedoch durchkreuzte sie aufs unerfreulichste seine Pläne.
    Andererseits, überlegte er, waren sieben Tage Rosenregen doch wahrhaftig genug, um Caro zu
irgendeiner
Reaktion zu bewegen. Wenn sie nach einer Woche nichts unternahm, würde sie sich auch in einem Monat oder einem Jahr nicht rühren. Das bisher einzige Ergebnis seiner nächtlichen Aktionen war, dass er ständig übermüdet war. Unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab, seine Laune war auf einem Tiefpunkt angelangt, und auch seine Arbeit litt. Immerhin hatte er die Tauglichkeit des Flugzeugs bei Nacht gründlich geprüft, dachte er ironisch.
    Nun schön. Dann eben keine acht Rosen. Er musste sich mit dem Unvermeidlichen abfinden. Und vielleicht hatte seine alte Freundin ja genug zu erzählen, um ihn von seinen tristen Gedanken abzulenken. Ja, im Grunde war es gar nicht schlecht, dass ihr Besuch ihn zwang, seinen Rosenregen einzustellen. Es würde ihm guttun. Zum Glück hatte er ausreichende Vorräte an Wein und Spirituosen, und ein paar Knabbereien würde er auch noch auf den Tisch zaubern können. Sie konnten sich einen gemütlichen Abend bei ihm zu Hause machen und sich das vorhergesagte Gewitter aus dem Fenster anschauen. Es war überaus faszinierend, aus dem zwölften Stockwerk zuzusehen, wie die Blitze über den Zuckerhut und das Wasser zuckten. Ja, je länger er darüber nachdachte, desto verlockender erschien ihm die Vorstellung von einem Abend, an dem er einmal nicht an Caro dachte.
     
    Henrique war nicht das Schaf, für das ihn alle hielten. Er hatte die aufgeregte Spannung im Haus seiner zukünftigen Schwiegereltern genauso bemerkt wie Ana Carolinas merkwürdige Laune. Das
mistério das rosas
hatte alle in seinen Bann geschlagen, und auch er selber war durchaus gefesselt von dem Fortgang dieser Serie von Rosenfunden. Zwar behagte es ihm überhaupt nicht, dass es da offenbar einen Verehrer gab, der ihm Konkurrenz machen wollte – denn es war ja offensichtlich, dass die Blumen für Ana Carolina waren, für wen sonst? –, doch er war großzügig und souverän genug, dem heimlichen Rivalen für dessen Phantasie Respekt zu zollen. Keine schlechte Idee, das musste man wirklich zugeben. Ganz kurz liebäugelte Henrique mit der Idee, sich selber als derjenige auszugeben, der die Blumen verstreut hatte. Aber dann überwog seine Ehrlichkeit. Nein, er würde sich nicht mit fremden Federn schmücken, auch wenn es sein Ansehen in den Augen Ana Carolinas und ihrer Eltern ganz sicher verbessert hätte.
    Und hatte er das nötig? Nein. Er zweifelte keine Sekunde an Ana Carolina und ihrer Liebe zu ihm. Hatte sie ihm nicht tausendmal gesagt, wie sehr sie sich auf die Hochzeit freute? Hatten sie sich nicht unzählige Male ihre gemeinsame Zukunft in den schönsten Farben ausgemalt? An diesen Plänen würde ein verrückter Rosenkavalier ganz sicher nichts ändern.
    Als Henrique

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