Unter den Sternen von Rio
offensichtlich, dass sie ihn liebte. Auch wenn er ein Räuber war.
Einen weiteren Versuch unternahm António schon tags darauf. Er ließ ihr ein Billett zukommen, von dem er hoffte, dass sie es nicht ungeöffnet wegwarf.
Ich erwarte Dich Freitag um
20
Uhr bei »Alfredo«.
Die Ähnlichkeit mit den Worten, die er für ihr erstes – missglücktes – Rendezvous in Paris gebraucht hatte, war durchaus Absicht. Vielleicht half es, wenn er ihre Erinnerung an den Zauber, der damals ihrer Begegnung innegewohnt hatte, wachrief. Und das Restaurant »Alfredo« war dafür nicht die schlechteste Wahl. Es war ein bekanntes italienisches Lokal in der Innenstadt, das mit hervorragender Küche und schummrigem Ambiente lockte und auf Wochen hinaus ausgebucht war. Er hatte den Wirt bestechen müssen, um noch einen Tisch zu bekommen.
Die halbe Woche war António fahrig und schlecht gelaunt. Es zermürbte ihn, auf Freitag zu warten, ohne zu wissen, ob sie überhaupt kommen würde. Je mehr Zeit verstrich, desto törichter erschien ihm das ganze Unterfangen. Caro würde ja doch nicht erscheinen. Er war ein Dummkopf. Warum investierte er so viel Energie, Zeit und Nerven in eine Frau, die schon vergeben war, noch dazu an einen guten Freund?
Doch obwohl ihm sein Kopf sagte, dass es aussichtslos war, machte sich in seinem Herzen Hoffnung breit. Am Freitagmorgen war er beim Barbier gewesen. Am Nachmittag stand er wie ein aufgeregter Backfisch in seiner prall gefüllten Kleiderkammer und machte sich Gedanken über seine Garderobe. Er hatte sich zuvor ein Glas Champagner gegönnt, um seine Vorfreude zu zelebrieren. Gegen sieben Uhr abends stieg er in seinen Bugatti und fuhr los.
Er war viel zu früh dran. Das Lokal war noch leer. Umso mehr fiel er, wie er allein und nervös an seinem Tisch saß, auf. Die Kellner tuschelten über ihn, und Alfredo ging sogar so weit, ihm vor Mitleid einen Aperitif zu spendieren. Gegen acht begann das Restaurant sich zu füllen. Immer wieder sah António auf seine Armbanduhr, doch der Zeiger rückte nervtötend langsam vor. Ob sie stehengeblieben war? Wütend schüttelte er sein Handgelenk mit der wertvollen Uhr daran, nur um nach einem weiteren Blick darauf feststellen zu müssen, dass es sieben Minuten nach acht war. Die Uhr funktionierte einwandfrei. Auch sonst gab es noch keinerlei Anlass zur Besorgnis. Caro würde ohnehin nicht vor halb neun auftauchen.
Als sie um Viertel nach neun noch immer nicht erschienen war, gab António auf. Er hatte eine ganze Flasche des besten Rotweins sowie fünf Tässchen Espresso getrunken. Er entschädigte den Wirt für die entgangenen Einnahmen eines Essens für zwei Personen durch ein äußerst großzügig bemessenes Trinkgeld und machte sich dann auf den Weg in den Nachtclub, in dem er kürzlich die blutjunge Sängerin gesehen hatte, die ihn an Caro erinnerte. Doch nicht einmal dieses kleine Vergnügen war ihm vergönnt: Die Sängerin, so sagte man ihm, sei nicht mehr hier beschäftigt.
Es folgten weitere vergebliche Versuche, Caro zumindest dazu zu bewegen, mit ihm zu reden. Er schickte Geschenke – die sie alle zurückgehen ließ. Er überbrachte Blumen – die sie offenbar dem Hauspersonal schenkte, denn eines Abends beobachtete er ein Hausmädchen, wie es mit einer seltenen Blüte im Haar auf die Straße trat. Er sank sogar so tief, dass er Gedichte schrieb – die Caro zweifellos erst recht von seiner Unwürdigkeit überzeugen würden. Er war schon immer ein miserabler Schreiber gewesen.
Er wusste sich keinen Rat mehr. Was sollte er noch alles tun, um Caro zu erobern? Wenn seine Beharrlichkeit keine Früchte trug, dann musste er sich wohl oder übel mit der bitteren Erkenntnis abfinden, dass sie ihn tatsächlich nicht wollte. Oder war es nach wie vor die Verbundenheit mit Henrique, ihre unverbrüchliche Treue zu einem Mann, dem sie ein Eheversprechen gegeben hatte? In diesem Fall hätte er seine Eroberungsversuche ausweiten können, hätte versuchen können, einen Samen des Zweifels in Henriques Herz zu säen. Wenn er ihm das Foto von Caro zeigte und wie nebenbei erzählte, wie wunderschön ihr gemeinsamer Flug gewesen war, dann … aber das wollte er sich lieber gar nicht vorstellen. Mit solcher Hinterlist vergraulte er Caro womöglich endgültig. Und es entsprach auch gar nicht seinem eigenen Wesen. Entweder überzeugte er durch Mut, Intelligenz, Charme und eben Hartnäckigkeit – oder er tat es halt nicht.
Eine Idee hatte er noch. Wenn sie
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