Unter der Haut (German Edition)
Hügel hinauf bis zu unserem Haus. Wir setzten uns unter die Leitungen, legten die Ohren an den Metallmast und lauschten dem Trommeln und Dröhnen und tiefen Singsang des Windes in den Drähten. Und während wir lauschten, beobachteten wir die Vögel, Hunderte von Vögeln, die sich schwankend auf den Leitungsdrähten niederließen und wieder losflogen, große Vögel und kleine Vögel und unscheinbare Vögel und Vögel, die in allen Farben des Regenbogens oder des Sonnenuntergangs schillerten, am schönsten darunter die Racken in Mauve, Grau und Rosa, wie große Eisvögel. Wir saßen im tiefen Gras und lauschten, wir saßen im Versteck und schauten. Und weil unsere Ohren sich den Geräuschen öffneten und wir ganz still waren, um keine Tiere oder Vögel zu erschrecken, hörten wir alles, was sich auf der Farm abspielte. Auf dem großen Feld unterhalb des Hauses pflügte ein Mann und brüllte die Ochsen an, die den quietschenden Pflug durch die schwere rote Erde zogen. Über die Piste zum Bahnhof knarrte und ächzte der hoch beladene Wagen mit seinem Gespann von sechzehn Ochsen, während der Kutscher mit der Peitsche knallte, die bis zu den Hörnern der vordersten Ochsen reichte, und die Tiere in einem Ton anschrie, den nur sie verstanden, denn sie legten sich ins Zeug und muhten ein ums andere Mal, ob nun unter sich oder für ihn, jedenfalls aber zum Protest. Wenn die Peitsche knallte, war es, als würde die Luft von einem Blitz zerrissen, aber die Peitschenschnur schlängelte sich durch die Luft über die Köpfe hinweg, ohne sie zu berühren. Die Stimme des Kutschers, der mal brüllte und mal den Ochsen freundlich zuredete, genau wie die Tiere untereinander, wurde leiser, als sie in die Allee zur Banket Station einbogen. Manchmal war es, als zwitscherten und sängen die Vögel oben auf den Telefonleitungen um die Wette mit den dröhnenden Metallmasten, und aus den Bäumen in der Ferne drang das Gackern zahlloser unsichtbarer Perlhühner herüber. Der Wind sang nicht nur in den Drähten, sondern auch im Gras, und wenn er kräftig wehte, vibrierten die Drähte stark, und dann erhoben sich die Vogelschwärme mit klatschenden oder sirrenden Flügeln in den Himmel und sausten in Richtung der Bäume davon oder kehrten in einem weiten Kreis zurück, um sich abermals niederzulassen. Im
compound
bellten Hunde. Unsere Hunde lagen bei uns im Gras, wo sich Zecken an sie heranmachten – wir konnten zusehen, wie sich die Schmarotzer von den Grashalmen in das raue Fell fallen ließen. Und die Hunde hechelten und hoben von Zeit zu Zeit die Schnauze, um mit einem leisen Winseln zu gähnen. Ihre Schwänze strichen durch das Gras, oder sie knackten und klapperten mit den Zähnen, wenn sie im Fell nach Zecken und Flöhen suchten. Ein Auto fuhr langsam auf der Straße zum Bahnhof, ein Geräusch, das sich durch das gleichmäßige Dröhnen und Knirschen von allen anderen unterschied. Von den Männern, die auf der anderen Seite der Straße in langen Reihen die Erdnussfelder hackten, klang Gesang herüber, ein Arbeitslied ohne Anfang und Ende, mit einem gebrummten Refrain, über den die Männer so lachen mussten, dass sie danach umso kräftiger auf das Unkraut einhackten. Aus dem
compound
waren hohe, klare Frauenstimmen zu vernehmen, die sich etwas zuriefen, dann ein Lachen. Am Haus auf dem Hügel schepperte die Pflugschar, denn es war Mittag. Die Feldarbeiter warfen die Hacken hin und gingen redend und lachend davon. Die Grillen zirpten im Gras und die Zikaden in den Bäumen auf der gegenüberliegenden Straßenseite, und irgendwo aus den Bäumen ertönten die Klänge eines sogenannten Zupfidiophons oder einer
mbira
, auf der ein Mann im Gehen vor sich hin klimperte. Weit, weit entfernt, jenseits der Huniyani Mountains, wo sich graue und violette Wolken halbhoch am Himmel türmten, hörte man leises Donnergrollen – aber es war erst Mittag, wahrscheinlich würde der Regen im Busch nicht vor Einbruch der Nacht niederprasseln. Unterdessen tanzten Hitzewellen über der Straße und auf dem Wellblechdach des Speichers, in dem es knackte und krachte.
Ein Habicht löste sich aus der kreisenden Vogelschar hoch droben und schwebte herab, um sich in zwanzig Meter Entfernung im Gras etwas anzusehen. Die Hunde hoben die Köpfe, der Habicht bemerkte sie, schwenkte ab und kam unter den Drähten hindurchgesaust, sodass der Wind in seinen Flügeln sang. Die Hunde bellten ihn der Form halber an und ließen die Köpfe wieder auf die Pfoten
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