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Unter die Haut: Roman (German Edition)

Unter die Haut: Roman (German Edition)

Titel: Unter die Haut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Andersen
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Leben lang missbraucht wurden. Das begann normalerweise in ihrer Kindheit, meist mit der Vergewaltigung durch ein Familienmitglied oder einen engen Freund oder Nachbarn, und setzte sich bis ins Erwachsenenalter fort. Wenn Vincent dann mit ihnen in Kontakt kam, gab es häufig nicht mehr viel, was er für sie tun konnte, und das deprimierte ihn zutiefst.
    Er war dem schon viel zu oft begegnet. Solche Opfer besaßen kein Selbstwertgefühl und keine Selbstschutzmechanismen. Sie hatten keine Möglichkeit, sich gegen die Verbrechen, die ihnen ihr ganzes Leben hindurch angetan wurden, zu wehren, keine Möglichkeit, mit den Folgen fertig zu werden. Und häufig genug hatte sich bei solchen Frauen ein Muster ausgebildet. Eines, das dazu führte, dass sie sich auf die für sie schlimmsten Männer einließen, auf diejenigen, die garantiert dafür sorgten, dass ihnen weiterhin sexuelle, körperliche oder seelische Gewalt angetan wurde.
    Das Schicksal dieser Frauen ging ihm ganz besonders nahe. Es gab Tage, an denen sich Vincent allein deshalb auf die stets wartende Schreibtischarbeit stürzte, um der Verzweiflung darüber zu entkommen.
    Aber selbst das war nichts im Vergleich zu den sexuell missbrauchten Kindern. Kein Trick der Welt konnte den Stress, der mit diesen Fällen verbunden war, wirklich mindern.
    Das Schlimmste dabei war vielleicht, dass dieser Missbrauch eine Art Dominoeffekt zu haben schien. Neuesten Statistiken zufolge, die auf seinem Schreibtisch gelandet waren, verging sich ein Pädophiler in seinem Leben schätzungsweise an dreihundert Opfern. Dreihundert. Wenn es nun tatsächlich zutraf, dass die meisten Kinderschänder als Kinder selbst missbraucht worden waren, dann resultierten daraus schwindelerregende Zahlen. So gesehen brütete die Gesellschaft ständig Pädophile aus, dachte Vincent. Ein Teil seiner Arbeit bestand darin, mit den Opfern umzugehen. Einige dieser Opfer waren Babys. Das verursachte einen Druck und eine Verzweiflung, gegen die ganz einfach kein Trick ankam.
    Jeremy Dowdy war achteinhalb Jahre alt, ein reizendes Kerlchen, und möglicherweise gerade dabei, die Voraussetzungen für ein abweichendes Verhalten auszubilden. Eine aufmerksame Schulpsychologin hatte zufällig gehört, wie Jeremy eine sexuelle Anspielung gemacht hatte, die seinem Alter so überhaupt nicht entsprach, und sie hatte ihn beiseite genommen und behutsam dazu gebracht, sich ihr zu öffnen. Auf diese Weise hatte sie herausgefunden, dass Jeremy seit drei Jahren regelmäßig von seinem Onkel missbraucht wurde. Noch lange nachdem Vincent das Haus verlassen hatte, in dem Jeremy wohnte, verfolgte ihn der Ausdruck in den Augen des kleinen Jungen.
    Und gleichzeitig quälte ihn die Frage, ob er nicht in zehn Jahren neben einem anderen Kind mit leerem Blick sitzen würde, das bei einer Gegenüberstellung auf Jeremy deutete, weil er ihm genau dasselbe angetan hatte, was ihm angetan worden war.
    Was natürlich keine wirkliche Entschuldigung dafür war, wie er, Vincent, Ivy behandelt hatte, als er nach Hause kam. Aber es war einfach ein beschissener Tag gewesen, und er stand unter Hochspannung.
    Im Grunde konnte er es selbst nicht glauben, dass er wegen ein bisschen Unterwäsche und einer lausigen Strumpfhose so ausgeflippt war. Schließlich warf sie, seit sie eingezogen war, fast jeden Tag irgendwelche Sachen über die Wände der Duschkabine – und das hatte ihn bislang nie gestört. Im Gegenteil, ohne dass es ihm wirklich bewusst gewesen wäre, hatte es ihn insgeheim erregt, wenn die Wäschestücke unerwartet über sein Gesicht strichen oder an seiner Schulter hängen blieben.
    Doch als er an diesem Abend von der Arbeit nach Hause gekommen war, war es anders gewesen. Er war sofort in die Luft gegangen, als er aus der Dusche trat und sich in ihren Dessous verhedderte. Erst sehr, sehr viel später, als sich der Staub etwas gelegt hatte und er einige Stunden allein gewesen war und hatte nachdenken können, war ihm klar geworden, dass er wahrscheinlich nur irgendeinen Anlass gesucht hatte, einen Streit vom Zaun zu brechen.
     
    »Scheiße!«, brüllte er, während er die Strumpfhose loszuwerden versuchte, die sich wie ein klebriges Spinnennetz in seinen Bartstoppeln verfangen hatte. Sie war ihm schon mehrmals übers Gesicht gestrichen, bevor sie sich endgültig festsetzte. Er warf das geblümte Satinhöschen, das sich über seine Schulter gelegt hatte, auf den Boden, und dann holte er wutentbrannt aus und fegte die gesamte Wäsche von der

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