Unter die Haut: Roman (German Edition)
Keith sah auf ihn hinunter. »Na, dann ist es ja gut.«
»Gut«, wiederholte Vincent und schüttelte den Kopf. »Freut mich, dass du es so siehst. Weißt du, ich war mit meinem Leben rundum zufrieden, bevor Miss Pennington aufgetaucht ist, und jetzt … Ach verdammt, ich weiß auch nicht. Alles scheint mir aus den Händen zu gleiten. Ich dachte, ich hätte es im Griff – meine Arbeit, mein Leben. Es ging mir gut. Aber seit diese Frau eingezogen ist …« Er schüttelte erneut den Kopf. »Verdammt noch mal, es nervt mich, dass ich dauernd an sie denken muss, aber ich kriege sie einfach nicht aus meinem Kopf.« Er ließ die Schultern kreisen, grub die Finger in die verspannten Muskeln in seinem Nacken und fluchte leise vor sich hin.
»Was ist denn so furchtbar daran, an eine hübsche Frau zu denken?«
»Na, überleg mal, Einstein. Du kennst meine Geschichte.« Doch Keith sah ihn lediglich abwartend an, und Vincent stieß ungeduldig die Luft aus, weil es ihm nicht erspart bleiben würde, es in Worte zu fassen. »Vielleicht hast du Recht; vielleicht hat es LaDonna geschafft, dass ich ein gestörtes Verhältnis zu Frauen habe. Aber selbst wenn, ändert das nicht das Geringste, weil ich den Gedanken nicht ertrage, dass ich mich jemals wieder mit einer Frau einlassen könnte, die mit jedem Kerl ins Bett steigt, der ihr schöne Augen macht. Ich kann einfach nicht – nicht nach dem, was ich mit LaDonna erlebt habe.« Er schüttelte den Kopf, und sein Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln. »Mein Gott, Keith, warum interessiere ich mich eigentlich nie für Frauen, die artig und schüchtern sind?«
Dann lachte er kurz und freudlos auf. »Andererseits, ist es nicht verständlich, dass ich von Anfang an auf dem Holzweg war, was sie angeht? Damit war doch eigentlich zu rechnen. Ich habe nicht ernsthaft erwartet, ein Vorstrafenregister zu finden, aber glaub mir, Keith, ich habe gehofft, sie hätte eins, das so lang wie mein Arm ist. Wegen Prostitution, wegen Verführung Minderjähriger, wegen – ach, was weiß ich, irgendetwas dieser Art eben. Dann wäre alles so viel einfacher gewesen. Verdammt noch mal, nach meinen Erfahrungen mit LaDonna bräuchte ich keine fünf Minuten, eine solche Frau zu vergessen.« Vincent stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch, strich sich mit beiden Händen die dunklen Haare aus der Stirn und sah seinen Partner an. »Ganz abgesehen davon, dass es mir nicht Leid tun müsste, was ich ihr bereits an den Kopf geworfen habe, wenn sie auf den Strich gehen würde. Aber diese Pennington ist wahrscheinlich so unschuldig wie Schneewittchen. Nicht dass das jetzt noch eine Rolle spielt. Mit meiner großen Klappe habe ich mich bereits genug blamiert.«
»Bis auf die Knochen, Alter – ich verstehe, was du meinst.« Keith schwang sein Bein von Vincents Schreibtisch und richtete sich auf. Der Blick, den er seinem Freund zuwarf, war halb amüsiert, halb mitleidig. »Wenn der Elefant erst mal durch den Porzellanladen getrampelt ist, ist es zu spät, was?«
Ivy hätten die Ohren klingen müssen, sie hatte jedoch keine Ahnung, dass sie der Gegenstand einer hitzigen Debatte war. Ihr neuer Nachbar hatte ihr unverblümt gesagt, was er von ihr hielt, und sie wäre nie auf die Idee gekommen, dass er hinterher auch nur noch einen Gedanken an sie verschwendete. Selbst vergangene Nacht, als sie ihn dabei ertappt hatte, wie er auf ihre Beine starrte, hatte er ein Gesicht gemacht, von dem Milch sauer werden konnte. Er hatte so verbiestert und missmutig ausgesehen, dass sie es sich nicht hatte verkneifen können, ihn ein bisschen zu ärgern.
Sie fragte sich, was ihn zu einem solchen Puritaner gemacht haben mochte, denn sie war sicher, dass er nicht immer so gewesen war. Aber sie hatte nicht die Absicht, sich allzu lange den Kopf darüber zu zerbrechen. Sie hatte zu viel damit zu tun, ihr Leben zu genießen.
Sie schwebte geradezu auf Wolken. Sie fühlte sich in ihrer neuen Wohnung rundum wohl und übte ihren Traumberuf aus. Na gut, ihr Liebesleben ließ nach wie vor zu wünschen übrig, aber jetzt, da sie ihre Assistenzarztzeit endlich hinter sich hatte, schien sie jeden Tag ein Übermaß an freier Zeit zu haben. Und zumindest fürs Erste war sie bereit, sich damit zufrieden zu geben.
Sie liebte ihre Arbeit. Im Wesentlichen tat sie dasselbe wie in den vergangenen beiden Jahren auch, aber jetzt kam ein neues Gefühl von Freiheit hinzu, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Es war ungemein befriedigend, von
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