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Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Titel: Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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fragte Markus misstrauisch, während er den Folianten musterte. »Ich habe nichts übrig für irgendwelchen Hokuspokus.«
    Die Alte kicherte. »Nicht so schnell, nicht so schnell mit dem Schimpfen, junger Herr. Wartet erst einmal ab, was die alte Käthe für Euch hat. Dieses Buch wird uns ein Stück Weges weiterhelfen. Ihr könnt die Gräfin nicht finden, nicht wahr? Und solange Ihr sie nicht findet, könnt Ihr die böse Schlange auch nicht vernichten. Da dachte ich daran, Rosalia zu fragen, die alte Zauberin.«
    »Ich habe nie von ihr gehört. Wohnt sie denn hier auf meinem Gut?«
    »Sie ist seit Jahrhunderten tot. Als damals die Inquisitoren aufs Schloss kamen, vergiftete sie sich selbst, aus Angst, ihnen in die Hände zu fallen. Sie starb hier im Hause. Dieses Buch wird uns helfen, sie zu befragen. Man nennt es den ›Höllenzwang‹, es enthält viele Sprüche, wie man widerspenstige Geister zwingen kann, Antwort zu geben. Freiwillig wird uns Rosalia sicher nichts sagen.«
    »Sie wollen sie beschwören?«, fragte Jan zweifelnd.
    »Ja. Sie war die engste Vertraute der Vampirgräfin, sie wird auch wissen, wo sich diese jetzt versteckt hält. Sind Sie einverstanden?«
    Als alle zustimmten, befahl die Alte, dass sie sich um den großen Tisch in der Halle setzen sollten. Daraufhin zog sie aus ihrem Beutel eine dicke schwarze Kerze, die mit magischen Symbolen verziert war. »Eine gewöhnliche Kerze täte es auch«, erklärte sie, »aber diese hier hat mehr Kraft.« Sie zündete die Kerze an und stellte sie auf den Tisch, dann befahl sie: »Haltet Euch an den Händen und schließt den Kreis. Schweigt jetzt. Wenn Rosalias Geist erscheint, werde ich ihn befragen.«
    Julia saß reglos da. Sie fühlte Jans Hand in der Linken und die kräftige Hand des Verwalters in der Rechten. Draußen war es dunkel geworden, aber kein Stern war zu sehen. Dichte aschfarbene Wolken bedeckten den Himmel, und ferner Donner grollte über den Berghöhen. Ein heftiger Wind wehte und brachte die Fensterläden zum Knarren.
    Die Kerze brannte mit gelber, stark rauchender Flamme. Totenstill war es im Zimmer. Der Rauch wurde dichter, immer dichter. Bald stieg er wie eine armlange schwarze Säule von der brennenden Kerze auf. Die Säule teilte sich und nahm allmählich die Gestalt eines Menschen an. Über der Flamme schwebend, war deutlich die Form einer garstigen alten Frau mit Wolfsaugen und gekrümmten Klauenhänden zu erkennen. Sie trug reich mit Perlen bestickte schwarze Kleider und eine große schwarze Haube auf dem Kopf.
    Ihr Gesicht war auf erschreckende Weise blau und schwarz gefleckt – wohl die Folge des Gifttranks, mit dem sie sich getötet hatte.
    Julia sah, wie die stechend grünen Augen sie anblickten und sich der zahnlose Mund zu einem hämischen Grinsen verzog. Aber so oft sie genauer hinblickte, sah sie nur grauen, wabernden Rauch.
    »Rosalia«, sprach Käthe den Geisterschatten an, »willst du mir eine Frage beantworten?«
    »Was willst du wissen?« Die Stimme klang rau und spröde.
    »Wo verbirgt sich die Gräfin jetzt?«
    »Das wirst du nie erfahren.« Höhnisches Gelächter wurde hörbar.
    Käthe legte die Hand auf das schwarze Buch. »Antworte mir auf meine Frage, oder ich richte den Höllenzwang gegen dich, alte Gifthexe.«
    Aufgebracht fauchte Rosalia, und zwischen ihren faltigen Lippen fuhr es heraus: »Du willst mich zwingen? Wage es nicht!«
    Käthe kümmerte sich nicht um die Drohung. Sie schlug das Buch auf und legte den Finger auf eine Stelle. »Antworte freiwillig, bevor ich die Macht des großen Königs Salomon gegen dich anrufe! Höre seine Worte!« Sie erhob die Stimme und begann feierlich, unverständliche Worte zu zitieren: »E sür emon su plachanes e sur emon ewan ...«
    Rosalia heulte auf. Die Rauchsäule wirbelte wie in einem Sturmwind. Julia sah die Augen der Erscheinung aufglühen.
    Ihre Stimme krächzte: »Aus! Aus! Hör auf! In aller Teufel Namen, was willst du wissen?«
    »Sage mir, wo sich die Vampirgräfin versteckt hält!«
    Rosalia knirschte mit dem Zähnen. »Sie schläft in dem alten Trollgrab auf dem Hügel, und Eberhard ist bei ihr. Entlasse mich jetzt!«
    Käthe schloss das Buch. »Ich danke dir, Rosalia. Du sollst nicht unbelohnt bleiben für deine Auskunft – was willst du, dass ich für dich tue?«
    Aber Rosalia war so wütend, dass sie nur mit zahnlosem Mund einen Fluch murmelte und sich zurückzog. Ihre Gestalt verblasste, und schließlich stieg nur der fette Rauch der Kerze auf.
    Käthe

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