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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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wenn nicht gar Feindschaft.
    Hayden hatte einen großen Matrosen abkommandiert, um den Bock oben zu laschen, erkannte jedoch bald, dass weder die Fähigkeiten des Mannes noch seine Einstellung zur Arbeit für diese Aufgabe ausreichten.
    »Wie heißen Sie?«, wandte sich Hayden an den Mann.
    Der Matrose schaute mit seinem breiten, pockennarbigen Gesicht auf, das von einer großen Nase und einer wuchtigen Stirn beherrscht wurde. »Stuckey, Sir. Bill Stuckey.«
    Hayden schätzte das Gewicht des Mannes auf knapp hundertachtzig Pfund und sah, dass Stuckey ihn noch um einige Zoll überragte. Die schlecht sitzende, verschwitzte Jacke klebte an seinem Oberkörper, und an den Enden der Ärmel lugten große Fäuste hervor.
    »Ich helfe Ihnen beim Laschen, Stuckey, denn ich sehe, dass die Aufgabe neu für Sie ist.«
    Der Mann erhob sich und trat einen Schritt zurück. Die anderen Matrosen in unmittelbarer Nähe hielten in ihrer Arbeit inne. »Ich bin ein Neuling an Bord«, sagte der große Mann gedehnt. »Man holte mich von meiner Arbeit und zwang mich an Bord dieses verfluchten Schiffs.« Stuckey sah Hayden frech in die Augen. »Die See ist nicht meine Bestimmung, und ich will auch nicht, dass sie es wird, Sir.«
    Hayden schaute den großen Kerl unverwandt an, da er sich darüber im Klaren war, dass inzwischen alle anderen zusahen. »Das freut mich zu hören, Stuckey, denn ich bin stets auf der Suche nach einem Mann, der die unzähligen Arbeiten verrichtet, die einem Vollmatrosen nicht zuzumuten sind. Sie werden damit beginnen, die Latrinen am Bugspriet zu reinigen.«
    Hayden wandte sich an die übrigen Matrosen, die ihre Arbeit ruhen ließen und stumm zusahen. »Wo ist der Bootsmann?«, rief Hayden.
    Der Mann mit der gebrochenen Nase löste sich aus einer Gruppe.
    »Mr Franks«, sprach Hayden ruhig, »einer Ihrer Leute wird Mr Stuckey folgen, und zwar mit einem Tampen in der Hand. Wenn Stuckey sich nicht bereitwillig an die Arbeit macht, sollte er dazu angehalten werden, und zwar mit aller gebotenen Härte.«
    »Für wie lange, Sir?«, fragte der Bootsmann und schaute Hayden perplex an.
    »So lange, wie es dauert, Mr Franks.« Hayden wandte sich wieder dem großen Neuling an Bord zu. »Wenn Sie bereit sind, Ihren neuen Beruf zu erlernen, Stuckey, dann kommen Sie zu mir. Und jetzt an die Arbeit.« Hayden wandte sich ab, als einer der Männer des Bootsmanns kam und einen Knoten in einen Tampen schlang.
    Hayden hatte dem Mann nicht nur die wohl härteste Arbeit an Bord des Schiffs aufgehalst, sondern auch die erniedrigendste. Entweder kam Stuckey in zwei Tagen angekrochen und bat Hayden, die Arbeit der Matrosen zu lernen, oder der Mann ließ sich überhaupt nicht disziplinieren und müsste gezüchtigt werden. Aber Hayden hatte der Mannschaft ein Zeichen gesetzt, um die Männer davon zu überzeugen, dass er fair und angemessen handelte, denn es genügte nicht, wenn man Strenge zeigte, zumindest nicht, wenn man sich den Respekt der Mannschaft verdienen wollte - und kein Offizier durfte erwarten, lange ohne Respekt auszukommen.
    Hernach machten sich die Männer mit neuer Energie an die Arbeit, und bei Einbruch der Nacht war der Bock aufgestellt und mit Geitauen versehen - wie ein großes, umgedrehtes V auf dem Quarterdeck. Mithilfe der Blöcke, der Takelung und schierer Muskelkraft wurde der Mast an die vorgesehene Stelle gehievt und zum Aufstellen vorbereitet. Hayden war zuversichtlich, den Besanmast im Laufe des kommenden Tages fest verankert zu wissen.
    Am ersten Abend aß Hayden in der Offiziersmesse und lud einige Gäste zu sich. Mr Franks war von der Schufterei des Tages so erschöpft, dass ihm am Tisch dauernd der Kopf auf die Brust nickte, sehr zur Erheiterung der anderen Männer.
    »Da gab es eine, die konnte es mit jedem an Bord aufnehmen«, lachte Hawthorne, der Leutnant der Seesoldaten. »Fällte Smithers mit einem einzigen Schlag. Ich denke, die hätten wir behalten sollen. Die hätte ein Enterkommando leiten können. Die Franzosen hätten ihr nicht standgehalten!«
    Die Männer am Tisch lachten.
    »Nehmen Sie nichts von dem Wein, Mr Barthe?«, fragte Hayden, da er sah, dass das Glas des Masters noch leer war.
    Das Lachen verstummte, doch der ein oder andere hatte noch ein halbherzig unterdrücktes Grinsen auf den Lippen.
    »Ich hoffe, Sie sehen es mir nach, wenn ich nichts trinke, Mr Hayden«, antwortete Mr Barthe ruhig. »Wissen Sie, ich habe mir Mäßigung auferlegt und von diesem Gelübde möchte ich, bei meiner

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