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Unter goldenen Schwingen

Unter goldenen Schwingen

Titel: Unter goldenen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Luca
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auf der Party aufgetaucht war. Ich spielte den Unfall herunter und versicherte ihr, dass wir uns am nächsten Tag in der Schule sehen würden. Über meine geheimnisvolle Rettung schwieg ich.
    »Willst du dich hinlegen?«, frage Ludwig, kaum dass wir die Wohnung betreten hatten.
    Ich schüttelte den Kopf. »Es geht mir wirklich gut.«
    Ludwig zögerte. »Rita hat mich jetzt auf einem anderen Flug untergebracht. Ich fliege morgen – wenn du einverstanden bist.«
    »Großartig.«
    »Du weißt, dass ich nicht fliegen würde, wenn es nicht wirklich wichtig wäre.«
    »Ich verstehe.«
    Ludwig blickte mich mit einer Mischung aus Erleichterung und schlechtem Gewissen an.
    »Ruf Rita an, wenn du etwas brauchst. Ich habe sie gebeten, sich um dich zu kümmern, falls es nötig sein sollte.«
    Ich nickte, und schluckte meine Enttäuschung hinunter. Ich erwartete nicht viel von Ludwig, wenn es um väterliche Pflichten ging. Trotzdem tat es immer noch weh, wenn er mich an seine Sekretärin abschob. Ich griff nach dem schwarzen Müllsack mit meiner Kleidung. »Ich glaube, ich werde mich doch ein wenig hinlegen.«
    »Victoria …«
    Ich schloss die Tür zu meinem Zimmer, bevor Ludwig noch etwas sagen konnte.
    Dann setzte ich mich auf mein Bett und zog die zerfetzte Kleidung aus dem Sack. Daneben legte ich den Entlassungsbrief vom Krankenhaus, der in zwei nüchternen Absätzen den gestrigen Tag zusammenfasste: Patientin nach Autounfall einliefert, alle Untersuchungen negativ, Patientin wurde unverletzt entlassen.
    Grübelnd strich ich über den Haufen Stoff, der einmal meine Jacke gewesen war. Und fasste einen Entschluss. Ich würde alles daran setzen, herauszufinden, was hier vor sich ging.
    Und ich hatte auch schon einen Plan.

MIT RAT UND WRACK

    »Ihren Ausweis, bitte.«
    Der Polizeibeamte mit der schnarrenden Stimme warf einen prüfenden Blick auf meinen Führerschein und verschwand dann in einem Büro hinter dem Schalter. Ich lächelte müde, während ich mich an das Glasfenster des Schalters lehnte.
    Offenbar stand ich in Ludwigs Augen nicht mehr an der Schwelle zum Tod, denn er war am Nachmittag ins Büro gefahren, nachdem er wieder einmal einen dringenden Anruf erhalten hatte. (»Nur auf einen Sprung, Vicky. Du weißt, ich würde nicht fahren, wenn es nicht wichtig wäre …«) Was ich wusste, war, dass er nicht vor dem Abend nach Hause kommen würde, und so hatte ich mich zur lokalen Polizeidienststelle aufgemacht, gleich nachdem Ludwig die Wohnung verlassen hatte.
    Im Umgang mit Behörden hatte ich Übung. Ludwig war während der Krankheit meiner Mutter kaum zu Hause gewesen und ich hatte mich damals um alles gekümmert, was erledigt werden musste. Ich hatte Arzttermine koordiniert, Behördengänge gemacht, eben all das getan, was sie nicht mehr allein hatte tun können. Ich war es gewohnt, ohne Ludwig auszukommen.
    Der Beamte winkte mich zu sich ins Büro. Er setzte sich hinter seinen Computer und ich nahm ihm gegenüber Platz. Auf dem Schreibtisch stapelten sich Akten und Formulare, und die Schrankwand hinter ihm war zum Bersten mit dunkelblauen Ordnern gefüllt.
    Er begann, in gelangweiltem Ton einen Fragenkatalog herunterzubeten. »Wann und wo hat der Unfall stattgefunden?«
    »Gestern gegen 18 Uhr, auf der Straße neben dem Friedhof, in der Nähe des Haupteingangs.«
    »Waren Sie allein im Wagen, oder gab es Beifahrer?«
    »Ich war allein.«
    »Bitte schildern Sie den Unfallhergang.«
    »Es hat geregnet und die Sicht war schlecht. Irgendwie ist der Wagen ins Schleudern gekommen und gegen die Mauer gekracht. Es ging alles sehr schnell.«
    »War noch jemand an dem Unfall beteiligt?«
    »Nein.«
    Der Beamte tippte meine Aussagen in den Computer. »Woran erinnern Sie sich sonst noch?«
    »Da war ein junger Mann«, sagte ich und ließ den Polizist nicht aus den Augen. »Er hat mich aus dem Wagen gerettet.«
    Er runzelte die Stirn. »Jemand hat Sie aus dem Wagen geborgen?«
    »Ich hätte mich nie im Leben allein befreien können.«
    »Kennen Sie den Mann? War er an dem Unfall beteiligt?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Er ist erst danach aufgetaucht.«
    Der Beamte überflog den Bildschirm. »Darüber steht nichts in diesem Bericht.«
    Ich stutzte. »Ihre Kollegen müssen ihn gesehen haben. Er war bei mir, als sie eingetroffen sind.«
    Seine Augen wurden schmal, während er den Bericht noch einmal las. »Man hat Sie allein auf der Straße liegend vorgefunden.«
    »Was? Das muss ein Irrtum sein.«
    »Warten Sie, Sie haben

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