Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter Tage

Unter Tage

Titel: Unter Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
Vom Netzwerk:
die Daten deiner Welt zusammen mit dem Notspruch ’rausgeschickt. Meine Leute dürften inzwischen Bescheid wissen.«
    Der Alligator kratzte sich wieder, ein schabendes, holpriges Geräusch. »Und was geschieht jetzt?«
    »Nun«, begann ich vorsichtig und schielte zu dem Metallwürfel hinüber, »wahrscheinlich wird man eine Flotte Transporter oder ein Transmissionsschiff in Marsch setzen und die hier vorhandenen Bodenschätze schürfen wollen. Meine Leute mögen Bodenschätze. Vielleicht setzt man auch einen Verwalter ein. Meine Leute mögen Verwalter.«
    »Und was ist mit mir?« Der Alligator bohrte eine seiner gekrümmten Zehen in den Sand. »Verstößt das nicht gegen eines von euren Gesetzen? Immerhin ist diese Welt bewohnt!«
    »Von dir.«
    »Natürlich von mir!« röchelte der Alligator. »Von wem denn sonst?«
    »Das ist ja das Problem«, eröffnete ich ihm. »Außer dir – und mir, versteht sich – lebt kein anderes intelligentes Wesen auf diesem Planeten. Und das genügt einfach nicht, um ihn als bewohnt einzustufen.«
    »Mir schon!« schnaubte der Alligator.
    »Aber es existiert keine Regierung, keine Verwaltung, nichts. Keine Wirtschaft, keine Infrastruktur, keine Gesetze, keine Gerichte.«
    »So etwas mögen deine Leute, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Aber ich nicht!«
    Unser Gespräch schlief für eine Weile ein. Das Aggregat summte und machte leise Bzzz.
    »Wie lange lebst du schon hier?« erkundigte ich mich, um ihn aus seiner Reserve zu locken.
    Der Alligator musterte mich mit seinen hervorstehenden Augen. »Länger als manch anderer«, entgegnete er, züngelte mit der schmalen roten Zunge über die weißen Zahnreihen.
    »Ich meine, in Jahren ausgedrückt.«
    Der Alligator machte eine ungewisse Bewegung mit seinen Klauen. »Zehn, tausend, eine Million Jahre, was weiß ich? Ich kann meine Zeit nicht damit vertrödeln, Kalenderstriche in den Fels zu ritzen. Ist das wichtig? Ich meine, für deine Leute?«
    »Keine Ahnung«, mußte ich gestehen. »Was meinst du, Aggregat?«
    Bzzz. »Auszug aus der Raumcharta, gültig seit 4/X/1328:
    Ein Planet oder ein planetenähnlicher Himmelskörper gilt dann als bewohnt, wenn sich intelligente Wesen – siehe Definition unter Ziffer 53 – auf oder in ihm zu dem Zweck niedergelassen haben, ihn dauernd oder nicht nur vorübergehend zu bewohnen und zu nutzen oder wenn intelligente Wesen bereits zu dem Zweck einer Bewohnung und Nutzung aus der Ökologie des Planeten oder planetenähnlichen Himmelskörpers hervorgegangen sind.« Bzzz.
    Der Alligator schnaubte. »Das ist es«, erkannte er. »Es müssen mehrere Bewohner sein! Einer genügt nicht!«
    »So ist es«, stimmte ich zu.
    Der Alligator dachte angestrengt nach. »Ihr seid Dilettanten«, behauptete er schließlich. Aus seinen Nüstern quoll Rauch. »Was macht ihr mit einer Kollektivintelligenz?«
    »Nichts. Wir sind noch keiner begegnet.«
    Ächzend richtete sich der Alligator auf und torkelte grußlos davon. Eine ganze Weile konnte ich ihn noch empört murmeln hören. »Ihr werdet euch noch wundern! Mehrere Bewohner! Pah! Was für ein Gedanke!«
    Ich schloß die Augen und begann zu dösen.
     
    *
     
    »Barnings! He, Barnings, Sie Idiot! Melden Sie sich doch!«
    Fluchend erhob ich mich von meinem Stuhl und eilte noch etwas schlaftrunken zum Aggregat. Aus dem Metall hatte sich ein Bildschirm herausgeschält, dreißig mal dreißig Zentimeter nur, aber Potschynskis Gesicht schien trotzdem so groß wie ein mittlerer Mond zu sein.
    »Er ist auf hundertachtzig, Barny«, warnte mich das Aggregat flüsternd. Ich lächelte dankbar in eine Fotozelle und schob mich dann vor den Bildschirm.
    Potschynski seufzte erleichtert. »Da sind Sie ja endlich!« zischte er. »Wo haben Sie so lange gesteckt?«
    Ich deutete über die Schulter.
    »Nachgedacht.«
    »So?« machte Potschynski mißtrauisch. »Stimmt das, Aggregat?«
    Bzzz. »Ja«, bestätigte der Metallkasten. Bzzz.
    Ich fühlte Rührung in mir aufsteigen.
    »In Ordnung«, knurrte Potschynski. »Lassen wir das. Aber Sie befinden sich nicht zur Erholung auf Virgis zwei, klar?«
    »Klar!« stimmte ich zu.
    Potschynski fingerte an seinem Hals herum. »Was macht … äh … Ihr Freund? Haben Sie schon Erfolg gehabt?«
    »Ich glaube fest, daß es gelingt. Zweifeln Sie daran?«
    »Sie sind ein Witzbold, Barnings«, meinte Potschynski. »Ich weiß nicht, warum man ausgerechnet Sie für dieses Projekt ausgesucht hat!«
    »Vielleicht mag er Witzbolde?« vermutete ich.
    Potschynski kaute

Weitere Kostenlose Bücher