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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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Luftwaffenkaserne. Jetzt wird die Universität eröffnet.“
    Die Angesprochene brauchte ein paar Sekunden, bis sie sich gesammelt hatte.
    „Wir kommen da doch sowieso nicht rein“, wandte sie ein.
    „Ist doch egal.“ Franzi hatte noch nichts von ihrer Hochstimmung verloren, obwohl sie wieder zu husten begonnnen hatte.
    Sie schlossen sich dem Zug an, der vom Dom in Richtung Universität zog. Wieder regnete es. Die Pappe hatten sie zum Glück nicht weggeworfen. Sie war zwar schon stark durchgeweicht, aber besser als nichts, fand Dorle.
    In der neu eingerichteten Straßenbahnlinie, die zur Universität fuhr, mussten sie sich die wenigen Plätze mit vielen anderen Fahrgästen teilen.
    „Besser als durch den Regen zu laufen“, sagte Franzi und lachte, als Dorle sich über die Enge und die vielen Stöße durch die anderen Fahrgäste, die durch das Rumpeln der Bahn hin und her geworfen wurden, beschwerte.
    Als sie am Endpunkt endlich ausstiegen, glaubte sie ihren Körper voller blauer Flecken. Franzi zog sie mit sich und ließ ihr keine Zeit sich aufzuregen. Unter der Pappe liefen sie zusammen mit den vielen anderen Mainzern, die Zeugen dieses Ereignisses werden wollten, auf das neue Universitätsgelände zu.
    Vor dem Gebäude blieben sie stehen, sahen vor den Fronten des ersten Flügels und des Auditorium Maximum Fahnen wehen und an dem hohen Turm die Worte „Ut omnes unum sint“ stehen.
    „Was heißt das denn?“, fragte Dorle. Ein älterer Mann, der neben ihnen stand und die Frage gehört hatte, fühlte sich gleich zur Antwort bemüßigt.
    „Dass alle eines Geistes sein mögen“, erklärte er Dorle und stellte sich so vor die beiden Frauen, dass sie nicht an ihm vorbei konnten. „Die alte Universität wird wiedergegründet“, dozierte er in professoralem Tonfall.
    Franzi verzog ihren Mund. Entweder hatte der Mann das nicht bemerkt oder er ignorierte es, auf jeden Fall sprach er einfach weiter, ohne seine Augen von Dorle zu lassen. „Nachdem die alte Universität unter der französischen Herrschaft 1798 offiziell aufgehoben worden war und bis 1823 nur noch Vorlesungen in der medizinischen Fakultät stattgefunden hatten, sind es jetzt wieder die Franzosen, die die Wiedergründung betreiben.“ Der Mann machte eine kurze Pause, um vernehmlich einzuatmen. Franzi verpasste den Moment, die Freundin an dem Mann vorbei zu bugsieren. „Maßgeblicher Initiator“, sprach der Mann weiter und machte dabei einen kleinen Schritt auf Dorle zu, „ist der Leiter der Kultur- und Erziehungsabteilung der französischen Militärregierung, Raymond Schmittlein. Untergebracht ist die Universität hier“, er streckte seine Arm theatralisch aus und zeigte zu dem großen Bau vor ihnen, „in den Resten der Luftwaffenkaserne, die 1938 nach der Remilitarisierung des Rheinlandes errichtet worden war.“
    Bei diesen letzten Worten sah er Dorle so begehrlich an, dass es ihr zu viel wurde und sie Franzi an der Hand packte, schnell „Danke!“ sagte und ihre Freundin weg in Richtung Gonsenheim zog.
    „Du musst ins Bett, Franzi!“, sagte sie im Gehen, „sonst liegst du morgen wieder krank nieder.“
    Unwillig ließ sich Franzi mitziehen.
    „Der war doch nett, der Mann“, sagte Franzi und hustete kurz.
    „Der war nicht nett!“, widersprach Dorle und zog sie weiter. Beide lachten, witzelten auf dem weiteren Weg darüber, wo wohl der Geist des alten Lüstlings sitze und bekamen so kaum mit, dass sie völlig durchnässt waren, als sie die Häuser von Gonsenheim erreichten. Als Dorle jedoch Anstalten machte, mit ihrer Freundin zu deren Haus zu gehen, blieb die stehen.
    „Von hier kann ich alleine gehen. Du musst keinen Umweg machen.“
    Dorle war überrascht, wie hart und bestimmt sie das sagte. Die ausgelassene Stimmung, die sie den ganzen Tag begleitet hatte, schien von einem auf den anderen Moment wie weggeblasen.
    „Das macht mir nichts. Ich koche dir einen Tee und du legst dich ins Bett. Damit du nicht gleich wieder krank wirst.“
    Franzi ließ das nicht gelten. Sie sagte bestimmt „Nein, ich gehe alleine!“
    „Ich will doch nur …“, entgegnete Dorle schwach und enttäuscht.
    Die Freundin, die das merkte, lenkte ein. „War nicht so gemeint. Ich brauche nur meine Ruhe. Ist doch viel, mit den Jungs. Und du, Dorle, brauchst auch Ruhe. Du hast so viel am Hals.“
    Dorle willigte ein, obwohl sie es seltsam fand, mit welcher Härte Franzi ihren Vorschlag abgelehnt hatte, fast als hätte sie Angst, dass ihre Freundin sie

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