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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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ihrem eigenen Haus eingeengt, wie in einem Gefängnis.
    Auch am nächsten Morgen musste sie wieder zu Capitaine Jarrés. Schon an der ersten Querstraße stellte sich ihr Neubert in den Weg. Er hatte sich seine schon schütteren Haare mit Pomade nach hinten gekämmt.
    „Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, Dorle. Du hast jemanden bei dir aufgenommen.“
    Stumm starrte sie ihn an.
    „Das ist löblich. Die Ausgebombten brauchen auch ein Dach über dem Kopf.“ Er sah sie an. „Aber der Mann, den du da bei dir aufgenommen hast, der ist aber kein Mainzer, oder? Hast dir einen Kerl genommen? Gibt’s denn Nachricht von Hans-Joachim?“
    Im ersten Moment war Dorle sprachlos, sprachlos vor Hass und Ekel. Sie spuckte Neubert vor die Füße, bevor sie schnell an ihm vorbei ging.
    „Dorle, Dorle, du bist ja eine ganz Scharfe. Aber das habe ich ja selbst schon erlebt. Dir macht’s Spaß, was, mit den Kerlen?“
    In der Küche bei Capitaine Jarrés war Dorle nervös. Gerade hatte sich doch alles gefügt, Rolf war beerdigt, sie hatte Arbeit, sie hatte Peters Tod in einer ganz weit entfernten Ecke ebenso versteckt wie diesen ekelhaften Neubert mit seinen Nachstellungen und Geifereien und nun kam dieser Mensch und machte alles kaputt. Sie schnitt sich in den Finger, reagierte kaum auf Elaines Versuche der wortlosen Unterhaltung und wusste am Nachmittag nicht, ob sie froh sein sollte oder nicht, dass sie gehen konnte.
    In ihrem Haus war es ruhig, als sie eintrat. Sie sah in alle Zimmer, aber Bauer war nicht da. Sie genoss es, alleine zu sein. Sie riss die Fenster auf, um den Nikotingeruch heraus zu bekommen. Im Hof setzte sie sich auf die Bank und ließ die Sonne auf ihr Gesicht scheinen. Bald würde dieser Mensch gehen und sie würde Ruhe haben. Warum fühlte sie sich verantwortlich für andere, meinte, in deren Schuld zu stehen? Weil er ihr Nachricht von Hans-Joachim brachte? Sie wünschte sich, dass dieser Mensch nie aufgetaucht wäre.
    Es war schon spät und hatte zu dämmern begonnen, als Bauer kam. Laut und herrisch klopfte er ans Tor, mit ungeduldigem Blick sah er sie an, als sie das Tor geöffnet hatte und sich nur mit einem kurzen Gruß an ihr vorbei ins Haus drückte.
    „Ich habe Hunger“, sagte er, als sie beide in der Küche waren. Obwohl sie nicht sehr nahe beieinander standen, roch sie, dass er getrunken hatte.
    „Ich habe nichts“, entgegnete Dorle, die nur noch ins Bett wollte.
    Bauer griff in seine Tasche, die er wieder quer über seiner Schulter trug.
    „Hier!“, war alles, was er sagte, und warf ihr etwas zu, das in Zeitungspapier eingewickelt war. Sie bekam es nicht zu fassen und es fiel auf den Boden. Schnell hob sie das Stück Fleisch, das aus dem Papier gerutscht war, auf, wusch es sauber und legte es auf die Anrichte.
    „Hier!“ Bauer hatte noch etwas aus der Tasche gekramt. Dieses Mal warf er es seiner Gastgeberin nicht zu, sondern hielt es ihr am ausgestreckten Arm entgegen.
    „Fett. Zum Anbraten!“, sagte er knapp.
    Dorle wusste, dass beides, Fleisch und das Fett, fast unerschwinglich waren. Sie nahm eine der alten Pfannen und stellte sie auf den Herd, den sie mit einem Teil der Holzvorräte, die sie für den Winter gesammelt hatte, anfeuerte.
    Stumm sah Bauer ihr bei der Arbeit zu und rauchte dazu eine der Luckys.
    „Haben Sie Brot, Dorle?“, fragte er, nachdem er den Rauch ausgestoßen hatte.
    Es klang nicht mehr so hart.
    Sie nickte. Seit sie bei Jarrés arbeitete, hatte sie meist etwas zu essen im Haus.
    Als sie fertig war und Bauer das gebratene Fleisch auf einem Teller zusammen mit dem Brot auf den Tisch stellte, schnitt er ein Stückchen ab und schob es zu ihr herüber.
    Eine innere Stimme verlangte von ihr das Angebot abzulehnen, nicht nur wegen Bauer und weil sie fürchtete, dass er damit Forderungen an sie verband, sondern weil Fleisch für sie auf ewig und unauslöschlich mit jener Nacht in Gerbers Scheune verbunden sein würde. Und, weil sie ihren Stolz hatte.
    Aber sie hatte so lange kein Fleisch mehr gegessen und der deftige Geruch des Gebratenen hatte sie im wahrsten Sinne des Wortes so weich gekocht, dass diese Einwände nichts zählten. Sie nahm das kleine Stück und schlang es so hastig herunter, dass sie sich fast verschluckt hätte. Bauers Grinsen, der das sehr wohl beobachtet hatte, bemerkte sie nicht.
    „Gibt’s was zu trinken?“, fragte er.
    „Wasser.“
    Bauer lachte.
    „Nein. Bier. Oder Schnaps. Meinetwegen auch Wein.“
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Muss

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