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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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achtete nicht auf ihn. Sie setzte sich in den Hof und überlegte, ob sie diesen fremden Mann in Rolfs Bett schlafen lassen konnte. Auch wenn er sich sehr egoistisch verhielt, so war er doch ein Freund ihres Mannes und sie hatten gemeinsam schreckliche Dinge erlebt. So jemanden konnten sie doch nicht wie einen Aussätzigen behandeln. Und vielleicht machte das Leben in den Lagern das ja aus den Männern: Kreaturen, die sich einfach nahmen, was sie brauchten und bekommen konnten, bevor die Chance vorbei war.
    Nach einer Viertelstunde ging sie nach drinnen. Bauer saß nicht mehr an dem Tisch. Dorle hörte Schritte vom oberen Stockwerk und kurz darauf stieg ihr Gast die schmale Holztreppe hinab.
    „Ein schönes Haus. Ist das Ihr Schlafzimmer da oben?“
    „Ja!“, erwiderte sie und versuchte bestimmt zu klingen. „Das von mir und Hans-Joachim.“
    „Ein glücklicher Mann“, kommentierte Bauer und es sollte charmant klingen.
    „Kommen Sie!“, forderte sie den Mann auf, der noch auf der Treppe stand, und ging vor in die Kammer neben der Küche, wo noch Rolfs Bett stand. Bauer stellte sich hinter sie und sah in das Räumchen. Sie konnte sein Gesicht nicht sehen, aber sie roch den Tabak.
    „Ich beziehe Ihnen das Bett. Sie können dort schlafen.“ Sie zog die Decke ab. „Ist ja nur für ein paar Tage.“
    „Dorle, würden Sie mir noch eine von den Zigaretten geben? Ich habe so lange nicht mehr …“
    Sie zögerte einen Moment, nahm nach einem kurzen Moment die Schachtel aus der Tasche ihres Rockes und gab dem Mann eine.
    Nachdem Dorle das Bett mit einer frischen Decke bezogen hatte, der einzigen, die sie im Sommer zum Wechseln hatte, nahm sie ein paar von den Kartoffeln, die Brunner ihr hingelegt hatte, schälte sie und setzte einen Topf mit Wasser auf.
    „Erzählen Sie von Hans-Joachim!“, forderte Dorle den Mann auf, der sich gleich, nachdem sie mit dem Bett fertig geworden war, darauf gelegt hatte.
    An dem leisen Quietschen der Federn hörte sie, dass er aufstand.
    „Wenn Sie noch eine … Sie wissen … ohne Tabak erzählt’s sich so schlecht.“
    Dorle entnahm der Schachtel drei Luckys und legte sie auf den Tisch.
    „Wir müssen sparen“, erklärte sie dem Mann, der sich eine der drei Zigaretten gleich anzündete und die beiden anderen einsteckte. „In Deutschland ist alles noch knapp. Zigaretten gibt es nur auf Lebensmittelkarte.“
    „Aber doch nicht diese amerikanischen?“, fragte Bauer herausfordernd. Er sah Dorle jetzt sehr ernst an.
    „Wo haben Sie die denn her, Dorle?“, hakte er nach, als sie nichts sagte.
    Sie steckte die Spitze des Messers in eine der Kartoffeln.
    „Dorle. Solche Zigaretten bekommt man aber nicht auf Lebensmittelkarte. Habe ich noch nicht gehört.“
    „Nein, habe ich geschenkt bekommen.“
    „So, so.“ Das klang anzüglich in Dorles Ohren. „Haben Sie noch mehr davon?“
    Dorle hielt ihm noch immer den Rücken zugewandt.
    „So meinte ich das nicht“, sagte Bauer gleich.
    Dorle ging nicht darauf ein. Sie nahm die Kartoffeln aus dem Wasser und legte sie auf die bereit gestellten Teller. Aus einer Dose kratzte sie etwas Salz, streute es über die Kartoffeln und zerschnitt ein paar Halme Schnittlauch aus ihrem kleinen Garten.
    „Guten Appetit!“, wünschte sie ihrem Gast, als sie sich ihm gegenüber an den Tisch gesetzt hatte.
    „Es tut mir leid“, sagte der, als Dorle ihn nicht ansah. „Aber wissen Sie, in den Lagern, da verroht man.“ Und, wie um das zu beweisen, schnäuzte er sich in den Ärmel seines Mantels, den er noch nicht abgelegt hatte. „Sehen Sie, ich sage es und vergesse das Gesagte gleich wieder. Im Lager hat das keinen gestört. Da waren sowieso alle immer erkältet.“
    „Auch … Hans-Joachim?“
    „Auch der. Aber der hat eine eiserne Konstitution. Den wirft so schnell nichts um. Wissen Sie, was Sie an dem haben? Hat immer geholfen, wo es nur geht. Alle hatten deswegen auch großen Respekt vor ihm. Eine Zeit lang war er auch im Gefangenenkomitee. Hat sich ein paar Brocken Russisch beibringen lassen. Bei ihm hat sich das echt angehört. Echt ein Talent, der Hajo, mit Sprachen. Und im Organisieren. Nur einmal, da wäre er fast …“
    Er unterbrach sich und sah die Frau an, um sich der Wirkung seiner Pause zu vergewissern. Dorle hatte gleich aufgeschaut.
    „Ja, aber es ist ihm nichts passiert. Abgerutscht ist er, als wir in dem Steinbruch gearbeitet haben. Ich habe ihn gerade noch zu fassen bekommen. Sonst wäre …“ Er machte mit seiner Hand

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