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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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dass noch viel mehr Menschen verhungern. Deshalb bin ich auch gegen ein überhartes Vorgehen gegen die Hamsterer und die kleinen Leute auf dem Schwarzmarkt. Wie sonst sollen sie überleben? Der Staat kann ihnen das nicht garantieren. Aber es ist wie immer: Die Kleinen werden gehängt, die Großen machen in Ruhe ihre Geschäfte.“
    „Danke für die Erklärung“, entgegnete Koch spöttisch, „aber das bringt uns hier nicht weiter.“ Er zeigte auf die mittlerweile schon sehr stark beschriebene Wand. „Ich gehe davon aus, dass Brunner hinter den Überfällen steckt. Dass die Morde an Eckes und Hartmann auf sein Konto gehen, genau wie der Mordversuch an Siggi.“
    Der zuckte zusammen, wie jedes Mal, wenn die Sprache darauf kam, weil ihm in diesen Momenten bewusst wurde, wie viel Glück er hatte, noch einmal davongekommen zu sein.
    „Ebenso die anderen Schweinereien. Aber Beweise haben wir bislang keine, allenfalls Indizien. Und Brunner hat seine Beziehungen. Wo können wir ansetzen? Ich fürchte, dass wir warten müssen, bis er einen Fehler macht.“ Koch schüttelte resigniert den Kopf. „Und wie kommt dieser … Schwachkopf von Arnheim dazu, mir jeden nur erdenklichen Stein in den Weg zu legen. Er kann sich den Erfolg, wenn wir Brunner denn kriegen, von mir aus an sein eigenes Revers heften, drauf geschissen, aber ich will den Kerl …“
    „Und Glodkowski“, ergänzte Reuber schnell und mit finsterer Miene.
    „Auch den …“
    „Siggi, gehen Sie doch noch mal Kaffee holen“, bat Koch, aber wieder fiel ihm Reuber ins Wort.
    „Ich weiß was Besseres. Der amerikanische Freund war da. Und dessen Mitbringsel können auch handwarm getrunken werden.“
    Damit erhob sich Reuber und verließ das Zimmer, um kurz darauf mit einer Flasche Bourbon zurückzukommen.

14. – 16. Juli 1946
    XVIII
    Um vierzehn Uhr klopfte Dorle an die Tür des Hauses von Capitaine Jarrés. Ein kleiner, etwas dicklicher Soldat mit dunklen Haaren und einem mächtigen, noch dunkleren Schnurrbart, öffnete ihr.
    „Guten … Tag, Frau …“, er überlegte, „Koch“, begrüßte er Dorle.
    Sie wollte ihn schon korrigieren, dass sie die Köchin, aber nicht Frau Koch war, ließ es aber bleiben.
    „Je m’appelle Jean-Luc, Madame », sagte der Mann und zeigte auf sich.
    „Ich heiße Dorle“ erwiderte sie und versuchte den Soldaten freundlich anzulächeln. Sie kam sich mies vor bei dem Gedanken, diesen Mann bald mit einem Schlafmittel betäuben zu müssen.
    „Erzlich willkommen!“, sagte der Soldat, während er zur Seite trat, um Dorle ins Haus zu lassen. Sie roch, dass er schon etwas getrunken hatte. Sie fasste in die Tasche ihres Rocks. Das Röhrchen, das Brunner ihr gegeben hatte, war an seinem Platz.
    In der Küche war alles vorbereitet. Weck, Mehl, Majoran, Pfeffer und Salz waren auf einem der Tische bereitgestellt und in einer Schüssel lagen die Knochen. Eine Kartoffel, eine Sellerie und drei Karotten lagen ebenfalls bereit.
    „Voilà“, zeigte Jean-Luc auf den Eisschrank. „Das …“, er überlegte, und sagte mit Nachdruck: „La viande, Madame.“
    „Das Fleisch?“, wiederholte Dorle fragend.
    „Das Fleisch“, sagte nun auch Jean-Luc mit seinem starken Akzent und lachte unter seinem Schnurrbart.
    Dorle öffnete den Schrank. In zwei Metallschalen lagen die Fleischstücke. Jean-Luc hatte sich neben sie gestellt und blickte mit großen Augen in das Innere des Eisschrankes. In einem kleinen Fach in der Tür entdeckte sie ein kleines Stück Wurst. Sie nahm es und reichte es dem Soldaten, der es mit einem breiten Lächeln annahm, „Merci, Madame, merci beaucoup“, sagte und es gleich hastig in den Mund steckte.
    Dorle fürchtete schon, dass Jean-Luc nicht mehr aus der Küche gehen würde, doch auf einmal klingelte im Haus ein Telefon, der Soldat nahm gleich Haltung an, nickte Dorle kurz zu und verschwand aus der Küche.
    Dorle schloss hinter dem Mann die Tür, nahm das Fleisch aus dem Eisschrank und legte es zu den anderen Zutaten. Anschließend füllte sie einen großen Topf mit Wasser, zündete das Feuer im Herd an und stellte den Topf darauf. Anschließend ging sie nochmals zur Tür und lauschte ins Haus. Dort war alles still.
    Und mit einem Mal war wieder alles da. Der Wintertag, an dem sie die Vorbereitungen für die Lewwerknepp getroffen hatte, um sie gegen die Schmerzmittel und Medikamente für Rolf einzutauschen, der Traum, der lange Weg an dem kalten Nachmittag zu Brunner und wie er ihr die kleinen Schachteln in die

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