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Unter uns Pastorentoechtern

Unter uns Pastorentoechtern

Titel: Unter uns Pastorentoechtern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Secombe
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ein Harmonium, angetrieben von den eifrigen Füßen der Organistin, die offensichtlich eine fanatische Radfahrerin war.
    Als ich mit meiner Predigt begann, schreckte mich ein lautes Schnarchen von hinten auf. Es kam von Tom Cadwallader, dessen mächtige Gestalt auf der letzten Bank ruhte. Das Schnarchen setzte sich durch meine ganze Ansprache hindurch fort. Keiner der anderen Gottesdienstbesucher schaute sich auch nur nach dem Übeltäter um. Offensichtlich gehörte das Schnarchen zum normalen Ablauf ihres Sonntagsgottesdienstes.
    Ich kündigte den letzten Choral an, und der Klang der Orgel weckte den Küster. Er stieß einen tiefen Seufzer aus und streckte seinen Arm nach oben aus. Es war ein bedrohlicher Anblick.
    Als ich ging, sagte ich: „Ich habe noch nie einen Küster kennengelernt. Was sind Ihre Aufgaben?“
    Er sah auf mich herab, als wäre ich ein Idiot, daß ich die Aufgaben eines Küsters nicht kannte. „Ich kümmere mich um die Kirche und hebe die Gräber aus.“ Der lange Satz schien ihn ermüdet zu haben. Ich verabschiedete mich von ihm und kehrte zu meinem Chauffeur und Fahrlehrer zurück.
    „Wollen Sie zurückfahren?“ erkundigte sich Mervyn.
    „Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich es lieber während der Woche probieren“, erwiderte ich. „Sonntags muß ich einigermaßen anständig aussehen.“
    Er kicherte.
    An jenem Nachmittag war ich mit der Sonntagsschule in St. Padarn’s dran. Nach der Hetze vom Vormittag beschloß ich, mich frühzeitig auf den Weg zu machen.
    Zwei kleine Jungen saßen auf der Bordsteinkante der Sackgasse, in der das Gemeindehaus lag.
    „Wieviel Eintritt kostet das?“ fragte der jüngere der beiden und deutete auf die Kirche.
    „Du mußt doch nichts bezahlen, um da hinzugehen“, schnaubte der ältere verächtlich.
    „Das stimmt“, sagte ich. „Warum kommt ihr nicht mit herein und seht es euch selbst an?“
    Wie ich erfuhr, waren die beiden Brüder — Ben, der jüngere, war fünf, und Matthew, der ältere, acht. Ihr Nachname war Morris, und sie wohnten ganz in der Nähe.
    „Geht nach Hause und fragt eure Mutter, ob ihr kommen dürft. Und wascht euch am besten auch gleich die Gesichter und Hände“, schlug ich vor.
    Im Nu waren sie wieder zurück, nachdem sich jeder offenbar einen symbolischen Tropfen Wasser ins Gesicht gespritzt hatte. Beide trugen immer noch dieselben abgetragenen Pullis und Hosen. Offensichtlich war ihre Familie nicht gerade wohlhabend.
    Es bestand ein Mangel an männlichen Sonntagsschullehrern, so daß ich beschloß, die Klasse der Acht- bis Zehnjährigen zu übernehmen. Daher war Matthew in meiner Klasse, während Ben in den Kindergarten kam, geleitet von Megan, einem fünfzehnjährigen Mädchen von überdurchschnittlicher Intelligenz und dem brennenden Ehrgeiz, einen Vikar zu heiraten.
    Alle Mitschüler wurden von Matthew kritisch beäugt, als sie ihre Plätze auf den Bänken einnahmen. Ein Junge, der mit Krawatte, sauberem Hemd und makellosem Flanellanzug erschien, betrachtete Matthew mit Abscheu. Das Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit.
    „Wie heißt du?“ fragte ich die junge Persilwerbung.
    „David Eynon.“ Sein Tonfall ließ erkennen, daß er sich für eine Klasse besser als die anderen hielt.
    „Sein Vater ist Hauptmann.“ Der Junge, der diese Information beisteuerte, hatte offensichtlich große Ehrfurcht vor ihm.
    „Aber nur in der Bürgerwehr“, sagte ein anderer Junge. „Mein Vater ist in Deutschland, er ist ein richtiger Soldat. Er hat geholfen, Hitler zu besiegen.“
    „Und wie ist dein Name?“ fragte ich ihn.
    „Tommy Harris. Ich wohne in derselben Straße wie der“, sagte er verächtlich und deutete auf den jungen Mr. Eynon.
    Während des ersten Liedes blieb Matthew still, weil er noch nie zuvor „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“ gehört hatte, während David laut mitsang, weil er merkte, daß Matthew ein kleiner Heide war.
    Das Vaterunser gab Matthew eine Gelegenheit zu glänzen. Dieses Gebet hatte er in der Schule gelernt. Seine Stimme war außerhalb der Baracke genauso zu hören wie drinnen. Als das Gebet zu Ende war, sah er David Eynon an, als wollte er sagen: „Das mußt du mir erst mal nachmachen!“
    Es war ein warmer Nachmittag. Als ich mich setzte, um mit dem Unterricht zu beginnen, machte sich Matthews Gegenwart dem Geruchssinn bemerkbar. Hauptmann Eynons Sohn und Erbe sah an seiner beleidigten Nase entlang auf den neben ihm sitzenden Jungen hinab. Matthew starrte zurück.
    An

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