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Unter uns Pastorentoechtern

Unter uns Pastorentoechtern

Titel: Unter uns Pastorentoechtern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Secombe
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Schreibheft auf dem Schoß und einen Notizblock vor sich auf dem Boden liegen hatte. Neben ihm saß auf der Armlehne eines Lehnstuhls, kerzengerade aufgerichtet wie ein erschrockenes Kaninchen, ein weiterer dünner Mann in den Siebzigern. Auf den Knien hatte er einen kleinen Koffer, dessen Inhalt von großem Wert sein mußte, wenn man danach urteilte, wie er ihn an sich klammerte.
    Neben dem Kaninchen stand noch ein Lehnstuhl leer. „Nehmen Sie Platz, junger Mann“, sagte der Dekan lächelnd und mit einladender Geste. Offenbar war er in vergnügter Stimmung.
    „Dies ist der neue Vikar von Pontywen“, verkündete er. „Wenn es Ihnen nichts ausmacht“, fuhr er fort, „werde ich Sie später noch vorstellen. Wir wollten gerade das Protokoll der letzten Sitzung verlesen. Bitte, Mr. Morris.“
    Mr. Morris erhob sich mit dem Schreibheft in der Hand. „Protokoll der letzten Sitzung im Bull Inn , Tremadoc, am dritten Oktober, eröffnet um fünfzehn Uhr und sieben Minuten.“ Er brauchte wohl an die zwei Minuten, um diesen Satz vorzutragen. Ich hatte noch nie jemanden einen Satz so langsam und gedehnt herausquälen hören. Der mir gegenüber liegende Geistliche schnarchte laut — so laut, daß er selbst davon erwachte. Er schlug zwei verschlafene blaue Augen zu beiden Seiten seiner violetten Nase halb auf. Sein Blick fiel auf mich. Fasziniert starrte ich ihn an. Ein schwaches Lächeln erschien auf seinem geröteten Gesicht — und verschwand wieder, als ihm die Augen wieder zufielen.
    In der Zwischenzeit war der Schriftführer zwei Sätze weitergekommen. Es folgte eine lange Pause, als er sich der Herausforderung stellte, eine Seite umzuschlagen. Die Pause wurde noch länger, nachdem er es geschafft hatte. Dann sagte er: „Tut mir leid, Herr Dekan, ich habe zwei Seiten auf einmal umgeblättert.“
    „Wie der Pfarrer, der zwei Seiten auf einmal umblätterte“, prustete der Dekan los.
    Das war genug, um den schlafenden Geistlichen zu wecken, der seine Augen weit aufschlug, mich anstarrte und mich noch einmal schwach anlächelte. Langsam schloß er die Augen und schlummerte weiter.
    Reverend Morris, Schriftführer des Sprengels, schleppte sich durch das Protokoll. Als er sich am letzten Posten vorbeiquälte, kam von uns vieren, die wir noch mehr oder weniger wach waren, ein hörbarer Seufzer der Erleichterung.
    „Alle für die Genehmigung?“ sagte der Dekan. Die Antwort war ein leises Gemurmel.
    „Nun, Mr. Williams-Evans“, fuhr er, an den Hüter des Koffers gewandt, fort. „Was haben Sie, das Sie uns zeigen möchten?“
    „Ja, was?“ fragte ich mich. Handelte der Reverend Williams-Evans vielleicht nebenher mit Schmuck für Priestergattinnen oder geistlichen Gewändern für Mitglieder des Sprengels?
    Meine Spekulationen wurden entkräftet, als der Dekan mich ansprach. „Mr. Seabourne“, sagte er, „unser Freund hier reist im Juli immer nach Cardiff, um Bücher zu besorgen, damit wir einen Blick hineinwerfen können, bevor wir uns eines für das gemeinsame Studium im nächsten Jahr aussuchen.“
    Behutsam öffnete das geistliche Kaninchen seinen Koffer und reichte schweigend eine Anzahl Paperbacks herum.
    Der Dekan suchte sich das schmälste Bändchen heraus. „Das hier sieht aus, als hätte es genau den richtigen Umfang für uns“, sagte er und schwenkte es über dem Kopf.
    Der Reverend Williams-Evans hob die Augen und sprach zum ersten und einzigen Mal an jenem Nachmittag.
    „Das ist der Katalog, Herr Dekan“, erwiderte er.
    „Tatsächlich. Tatsächlich“, sagte der Dekan völlig ungerührt.
    Die Bücher wurden von Hand zu Hand über den reglosen Körper in einem der Lehnstühle hinweg weitergereicht. Keines davon war besonders fesselnd, und keines wurde je länger als eine Minute lang in Augenschein genommen.
    „Hier ist etwas!“ rief der Dekan triumphierend. Er schwenkte das Exemplar und fügte hinzu: „Es kostet nur drei Shillinge und sechs Pence. Alle dafür?“
    Vier Hände schossen empor.
    „Das wäre erledigt“, sagte er. „Nun, Mr. Morris, würden Sie das letzte Kapitel unseres Buches für dieses Jahr vorlesen?
    Der Gartenzwerg verschwand in seinem Lehnsessel und schickte sich an, seinem Freund in den Schlummer zu folgen. Uns drei, die wir wach waren, erwartete eine Geduldsprobe, während wir dem Schriftführer zuhörten, wie er sich durch das letzte Kapitel des Athanasianischen Glaubensbekenntnisses quälte.
    Als er das Ende des letzten Satzes erreicht hatte, fragte der Reverend Daniel

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