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Unter uns Pastorentoechtern

Unter uns Pastorentoechtern

Titel: Unter uns Pastorentoechtern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Secombe
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Telefon c/o Bahnhof Abercoed.“ Ein Datum war nicht darauf. Die Handschrift schien das Werk einer betrunkenen Spinne zu sein.
    „Lieber junger Freund“, begann der Brief, „von einem meiner Gemeindeglieder, das Sie predigen hörte, habe ich gehört, daß Sie eine packende Predigt zu halten imstande sind. Sie sind genau der Mann, den ich für meinen Gabentag brauche — eine Predigt, die diese Bauern dazu bringt, tief in ihre Taschen zu greifen. Der Gabentag ist Sonntag in einer Woche, am elften August, um achtzehn Uhr dreißig. Hinterher sind Sie herzlich zu einem Imbiß im Pfarrhaus eingeladen. Mit herzlichen Grüßen, James Podmore, Pfarrer.“
    Den Namen Podmore hatte ich schon gehört. Ich erinnerte mich an eine apokryphe Geschichte, die einer meiner Kommilitonen über ihn erzählt hatte. Seine Gemeinde befand sich in einer entlegenen, ländlichen Gegend der Grafschaft. Ihr einziges Bindeglied zur Zivilisation war der Bahnhof.
    Offenbar erhob sich eines Morgens der Reverend James Podmore aus seinem Bett und ließ vom Schlafzimmerfenster aus den Blick über seine Domäne schweifen. Zu seinem Ärger sah er einen Esel auf dem Rasen des Pfarrhauses liegen. Er ging im Pyjama hinunter, um das Tier zu vertreiben. Als er wild schreiend aus seiner Haustür stürmte, machte der Esel keinerlei Anstalten, aus seinem Schlummer zu erwachen, und bei näherer Betrachtung stellte sich heraus, daß das Tier tot war.
    Ein zornentbrannter Reverend James Podmore stampfte im Pyjama die Straße hinab zum Bahnhof von Abercoed und rief den Inspektor in der Grafschaftsstadt an, der durch einen merkwürdigen Zufall ebenfalls Podmore hieß. Zur noch größeren Verärgerung des Reverends Podmore wurde ihm gesagt, daß sein Namensvetter gerade außerhalb sei, um seine Runde zu machen.
    Also schrieb der Reverend Podmore an Mr. Podmore, auf dem Rasen des Pfarrhauses liege ein toter Esel, und bat ihn, sofort Maßnahmen zur Beseitigung des Tieres zu treffen. Wenige Tage später traf ein Brief für den Reverend James Podmore ein. Der Grafschaftsinspektor schrieb, er sei immer der Meinung gewesen, es sei Aufgabe der Geistlichkeit, die Toten zu begraben. Postwendend schrieb der Pfarrer zurück, es sei ebenso Aufgabe der Geistlichkeit, die nächsten Angehörigen zu verständigen.
    Eine Begegnung mit dem Reverend James Podmore würde ein unvergeßliches Erlebnis sein. Doch die Sache hatte einen Haken, einen großen Haken. Der Brief war an mich gerichtet statt an den Pfarrer, meinen Dienstherrn — ein schwerer Verstoß gegen die klerikale Etikette. Ich sah schon das Gesicht des Kanonikus Llewellyn vor mir, wenn ich ihm die Einladung zeigte. Zweifellos wird er seine Erlaubnis verweigern, sagte ich mir, aber zumindest wird er sehen, daß jemand der Meinung war, ich sei imstande, eine fesselnde Predigt zu halten.
    Die Reaktion meines Pfarrers war ganz anders als erwartet. Er sah den Umschlag, knurrte und sagte: „Podmores Gabentag mal wieder.“ Dann zog er mit spitzen Fingern das gelbe Notizpapier heraus, wobei nicht zu übersehen war, daß er am liebsten eine Zange benutzt hätte.
    Er überflog den Inhalt. „Alter Trick — fesselnde Predigt, die einer von seinen Gemeindegliedern gehört haben soll. Wieder mal ein falsches Datum. Am Sonntag ist der zwölfte, nicht der elfte. Wieder eine nützliche Erfahrung für Sie, Secombe. Price mußte da durch, und Ihnen bleibt es auch nicht erspart.“ Er blickte auf und warf mir einen seiner durchdringenden Blicke zu.
    „Schreiben Sie ihm zurück, Ihr Pfarrer habe widerstrebend seine Einwilligung gegeben. Schreiben Sie ihm auch, er solle sich, falls sich je wieder die Gelegenheit ergibt, daß er eine fesselnde Predigt von Ihnen wünscht, an mich wenden und nicht an Sie.“
    Plötzlich hatte die Aussicht, dem Reverend James Podmore zu begegnen, ihren Reiz verloren. Ich war ebensowenig ein fesselnder Prediger, wie ich M.A. war.
    Am Sonntag, dem zwölften August, brach ich mit dem Fahrrad nach Abercoed auf, das etwa sieben Meilen von meiner Bude entfernt lag. Die Amtskleidung hatte ich in meinen abgewetzten alten Collegekoffer verpackt, der äußerst wackelig über der Lenkstange meines geliehenen Fahrrades hing. Als ich die Kirche erreichte, war ich reichlich mit Schweiß bedeckt. Es war ein sehr heißer Tag.
    Ich beschloß, einen Rundgang durch die Kirche zu machen, bevor ich zum Pfarrhaus ging. Als ich die Tür öffnete, schlug mir ein starker Geruch entgegen, der aus einer Mischung aus Staub, uraltem

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