Unter uns Pastorentoechtern
Mauerwerk und dem Ol in den Hängelampen entstand. Dem Gebäude fehlte jegliche Schönheit; es war vollgestopft mit Bänken aus billigem Holz, die danach schrien, lackiert zu werden. Zu meiner Verblüffung standen auf dem Altar mit seiner schäbigen grünen Vorderfront ein paar schmutzige Messingvasen mit Volkstrauertagsmohn. Offensichtlich standen sie dort schon neun Monate. Es hätten auch neun Jahre sein können - und ich mußte diesen knauserigen Gemeindegliedern, die nicht einmal genug für einen Strauß Blumen übrig hatten, das Geld aus der Tasche locken!
Ein baufälliges, ungestrichenes Gatter verschloß die Einfahrt zum Pfarrhaus. Ich löste das Stück Schnur, mit dem es am Pfosten befestigt war, und fuhr den staubigen Pfad hinauf durch eine Wildnis aus Sträuchern und ungeschnittenem Gras. Jeden Moment rechnete ich damit, von einem Dschungeltiger angefallen zu werden.
Neben der Eingangstür hing einer jener antiquierten Glockenstränge. Ich zog daran und löste eine betäubende Stille aus. Nach ein paar Versuchen, das Ding zum Funktionieren zu bringen, gab ich es auf und klopfte an die Tür. Schritte hallten wie in einer mittelalterlichen Burg. Die Tür öffnete sich ächzend, und es erschien der Reverend James Podmore in Hemdsärmeln. Sein geistlicher Kragen war noch halb offen und hing ihm wie ein umgedrehtes Fragezeichen über die Brust.
„Sie sind früh dran, Junge“, sagte er. „Kommen Sie herein.“ Der Geruch in der Kirche war mir lieber gewesen als der in diesem Haus. Zwiebeln, abgestandener Tabakrauch, Ol und Staub lieferten das Aroma. Er führte mich in einen Raum, der gleichzeitig als Wohnzimmer und Arbeitszimmer diente.
„Setzen Sie sich und machen Sie es sich bequem“, dröhnte der Pfarrer. „Sie haben nicht zufällig eine Zigarette bei sich? Meine sind mir ausgegangen. Eine Woodbine würde völlig reichen.“
„Leider rauche ich nicht“, sagte ich.
Ich setzte mich in einen Sessel, der schon bessere Tage gesehen hatte. Eine der Sprungfedern drückte sich in mein Hinterteil.
„Ruhen Sie sich ruhig aus, Junge“, sagte er, „während ich das Essen für hinterher vorbereite. Das ist eben eine der Strafen dafür, daß man Witwer ist. Heiraten Sie, mein Junge, so bald Sie können.“
„Wenn ich noch lange hier sitzen bleibe“, dachte ich im stillen , „werde ich einen bleibenden Schaden davontragen und eheunfähig sein.“
„Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich mich inzwischen in der Kirche umschaue?“ fragte ich verzweifelt.
„Nur zu, Junge“, erwiderte er.
Ich tat es. Die Sprungfeder schleuderte mich aus dem Sitz wie eine Kugel aus dem Gewehrlauf. Im Nu war ich durch die Tür und atmete draußen erleichtert die frische Luft ein. Nun gab es nur noch ein Problem: Wie kam ich nach dem Gottesdienst so schnell wie möglich wieder hier weg?
Um achtzehn Uhr fünfundzwanzig waren ich und ein Schulmädchen, das am Harmonium saß, die einzigen Leute in der Kirche. Sie versuchte, die Londonderry-Hymne zu spielen. Zehn Minuten später erschien der Pfarrer in einer Jacke, die aussah wie die vorschriftsmäßige Uniform eines Lokomotivführers.
„Hier kommen die Leute nie pünktlich, Junge“, sagte er. „Wegen dem Melken und so. Sie haben sich schon mit Linda bekannt gemacht, nehme ich an.“ Er legte seinen Arm um die Organistin. „Erst vierzehn ist sie und hilft uns schon jeden Sonntag hier aus.“
Gegen achtzehn Uhr fünfzig konnte der Gottesdienst beginnen. Es waren nicht mehr als ein Dutzend Leute da, ein paar zähe Bauern und Landarbeiter mit ihren Frauen. Zwei der Damen trugen einen Wettkampf aus, um zu sehen, wer von ihnen lauter und schneller singen könne, während das vierzehnjährige Mädchen am Harmonium einen schwachen dritten Platz belegte.
Kaum hatte der Pfarrer mit der ersten Lesung begonnen, als hinten die Tür aufging und ein rotgesichtiger Bauer auf der Schwelle stand und vor Verlegenheit erstarrte, als sich zwölf Köpfe nach ihm umdrehten. Der Reverend James Podmore unterbrach seine Lesung und blickte auf.
„Nur hereinspaziert, Mr. Evans“, rief der Geistliche. „Lieber spät als gar nicht. Und Gott sprach zu Abraham und sagte…“
Bevor er den Choral vor der Predigt ankündigte, geißelte der Pfarrer seine Gemeinde wegen ihrer Knauserigkeit.
„Die Kirchenvorsteher erleiden jeden Sonntag beim Zählen der Kollekte eine Kupfervergiftung“, sagte er. „Vielleicht könnt ihr das heute abstellen. Und nun“, fuhr er fort, „möchte ich eine
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