Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
knappe Meile vor uns.«
Sie gab ihren Gliedmaßen den Befehl, sie weiter zu tragen, aber sie hatten ihren eigenen Willen. Ein heftiger Schmerz loderte in ihrem linken Bein auf und ließ wieder nach. Damit verabschiedete sich jedoch auch gleichzeitig jedes weitere Gefühl. Sie legte jetzt immer häufigere Pausen ein, und Dirk konnte erkennen, dass sie rapide nachließ.
»Stell dir vor, wir sind auf Hawaii«, sagte er. »Und ich schwimme mit dir um die Wette nach Waikiki.«
»Okay«, war alles, was sie dazu hervorbrachte. Selbst im schnell nachlassenden Tageslicht sah Dirk, dass ihre Augen einen apathischen Ausdruck annahmen.
Er packte ihren Overall und schwamm mit Seitenschlag, obgleich auch seine eigenen Kräfte nachließen. Die Kälte drang bis tief in seine Knochen vor, und seine Zähne klapperten mit denen Summers um die Wette.
Er spürte, wie ihr Körper absackte, und erkannte, dass sie nicht mehr vom Fleck kam. Die ersten Anzeichen von Unterkühlung machten sich bemerkbar. Sie mussten beide zusehen, dass sie aus dem Wasser kamen, und zwar schnellstens.
Auch wenn ihm das Atmen zunehmend Mühe bereitete, hielt er einen ständigen Dialog mit Summer in Gang, sprach ihr Mut zu und stellte zahllose Fragen, auf die er jedoch keine Antwort erhielt. Als sie ihre Arme und Beine nur noch kraftlos bewegen konnte, drehte er sie auf den Rücken und zog sie am Kragen hinter sich her. Jetzt durfte es keine Pause mehr für ihn geben.
Er kämpfte sich weiter, Schwimmzug für Schwimmzug. Seine Reserven waren erschöpft, und seine Muskeln flehten um Erbarmen, aber irgendwie schaffte er es, die Schmerzen auszublenden und sich weiter durchs Wasser zu wühlen. Die Brandungslinie war nach und nach deutlicher zu erkennen, bis er schließlich sogar das Getöse der Wellen hören konnte, die sich auf den Strand ergossen. Dieser Klang animierte ihn, seine allerletzten Reserven zu mobilisieren.
Eine Woge rollte über ihn hinweg, und Dirk kam hustend und spuckend hoch. Summer würgte und hustete ebenfalls, spie eingeatmetes Wasser aus, während sie von einer Welle, die sich über ihnen brach, weitergeschoben wurden. Dirk behielt Summer fest im Griff, während sie durch die Brandung rollten und schließlich auf den Strand geworfen wurden. Endlich hatten sie wieder Festland unter den Füßen.
Angetrieben von den Wellen, die auf den Strand leckten, stolperte Dirk durch den Sand und zerrte Summer hinter sich her. Er zog sie bis über die Gezeitenlinie, dann ließ er sich einfach fallen.
»Wie fühlst du dich?«, keuchte er.
»K-k-k-kalt«, flüsterte sie.
Es war ein gutes Zeichen, dass sie überhaupt noch sprechen konnte, aber er musste sie eilends abtrocknen. Die Nachtluft war noch warm und würde ihr guttun.
Als er wieder genug Kraft gesammelt hatte, um aufzuste hen, kämpfte sich Dirk auf die Füße und sah sich um. Sie waren an einem kahlen Abschnitt der Südküste an Land gegangen und befanden sich unweit der unbewohnten Parklandschaft von Cape Sainte Marie. Der Strand und das dahinterliegende Festland waren vollkommen dunkel. Er hatte keine Ahnung, wie weit sie laufen müssten, um Hilfe zu finden, aber das war in diesem Augenblick auch nicht so wichtig. Er hatte ohnehin weder die Kraft noch die Lust, um jetzt gleich auf die Suche zu gehen.
Er schaute zurück, doch der Ozean war nach wie vor schwarz und leer. Die Küste verlief in einem Bogen nach Osten und verdeckte die Lichter der Alexandria . Er wandte sich wieder landeinwärts und ging den Strand hinauf, um einen Unterschlupf zu suchen. Unter seinen Füßen verwandelte sich der Sand in hartes Geröll, auf das eine mit aufragenden Felsen und Hügeln durchsetzte Region folgte. Nirgendwo entdeckte er etwas, das ihnen eine sichere Zuflucht hätte bieten können.
Er kehrte zu Summer zurück – und stolperte über eine kleine Erhebung an der oberen Strandgrenze. Sie ragte etwa drei Meter in die Höhe und endete auf der windabgewandten Seite in einer kleinen Senke. Diese Formation böte einigen Schutz vor dem Seewind und war der beste Zufluchtsort, den Dirk finden konnte. Er entdeckte einige Büschel Seegras, sammelte davon so viel, wie er ertasten konnte, und breitete es in der Vertiefung aus. Dann kehrte er zu Summer zurück, lud sie sich auf die Arme, trug sie den Strand hinauf und bettete sie auf das Behelfslager.
Das Seegras bewirkte, dass ihre Haut schnell trocknete, während er auf den Strand hinunterlief, um mehr davon zu sammeln. Viel war es nicht, aber was er
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