Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
Sekunde mit der Suche nach einem Korkenzieher und schenkte den Chardonnay ein.
»Ich bin natürlich voller Sorge, seit ich von dem Verschwinden eures Vaters gehört habe. Möge er mittlerweile einen sicheren Hafen gefunden haben«, sagte er und hob sein Glas.
Während sie sich über Pitts mögliches Schicksal unterhielten, verzehrten sie Schweinelende in Chipotle-Sauce, Rosmarinkartoffeln und überbackenen Spargel. Zum Dessert gab es frische Pfirsiche aus Georgia mit einer Cognac-Sahne-Sauce. Die französische Köchin und Haushälterin hatte ihren freien Tag, daher halfen Summer und Dirk Perlmutter nach dem Essen, den Tisch abzuräumen und das Geschirr zu spülen, ehe sie sich wieder hinsetzten.
»Der Wein war köstlich, Summer, aber treib bloß keine Spielchen mit mir«, sagte Perlmutter. »Du weißt genau, was ich eigentlich gerne sehen möchte.«
»Ich dachte schon, du würdest gar nicht mehr danach fragen.« Sie öffnete ihre Reisetasche und holte das sorgfältig eingewickelte Tagebuch aus dem gestrandeten Schlauchboot hervor. »Das Logbuch der Barbarigo «, sagte sie.
»Darum geht es also«, sagte Dirk. »Und ich hatte schon gedacht, du freust dich nur, uns zu sehen.«
Perlmutter brach in schallendes Gelächter aus, das durch das ganze Haus hallte. Als langjähriger Freund ihres Vaters hatte er nach und nach für Pitts Kinder die Rolle eines lieben Onkels übernommen.
»Mein Junge, eure Gesellschaft ist mir jederzeit willkommen.« Er öffnete die zweite von Summers Flaschen und schenkte reihum ein. »Aber ein handfestes nautisches Rätsel ist nun mal besser als jeder noch so gute Wein.«
Perlmutter ergriff das Paket und entfernte behutsam die Öltuchverpackung. Der Ledereinband des Buchs zeigte deutliche Gebrauchsspuren, war jedoch ansonsten völlig unbeschädigt. Perlmutter schlug das Buch andächtig auf und las den handgeschriebenen Text auf der ersten Seite.
» Viaggio di Sommergibile Barbarigo, Giugno 1943. Capitano di corvetta Umberto de Julio. « Perlmutter sah Summer an und lächelte. »Das ist unser U-Boot.«
»U-Boot?«, fragte Dirk.
»Das Schlauchboot am Strand«, sagte Summer. »Darin lagen die Überreste von Mannschaftsmitgliedern eines italienischen Unterseeboots aus dem Zweiten Weltkrieg.«
»Und zwar der Barbarigo , eines großen Schiffes der Marcello-Klasse«, fügte Perlmutter erklärend hinzu. »Im Atlantik hat sie in der Anfangsphase des Krieges allerhand geleistet, sechs Schiffe versenkt und außerdem ein Flugzeug abgeschossen. Aber dann hat man ihr im Jahr 1943 die Zähne gezogen, als sie einem Projekt mit dem Decknamen Aquila zugeteilt wurde.«
»Das ist das lateinische Wort für ›Adler‹«, warf Dirk ein.
Summer musterte ihren Bruder argwöhnisch von der Seite.
»Ich weiß es aus der Astronomie«, erklärte er. »Das ist ein Sternbild in der Nähe des Wassermanns.«
»Maultier wäre eine passendere Bezeichnung gewesen«, sagte Perlmutter. »Die Deutschen machten sich Sorgen wegen ihrer hohen Verluste an Überwasserschiffen, auf denen sie Kriegsmaterial nach Japan transportierten, also haben sie die Italiener überredet, acht ihrer größten und teilweise veralteten Unterseeboote für den Frachtdienst abzustellen. Sie wurden praktisch ausgeweidet – der größte Teil ihrer Waffen und ihrer Panzerung wurde entfernt, damit sie möglichst viel Fracht aufnehmen konnten.«
»Das klingt nach einem ziemlich gefährlichen Unternehmen«, sagte Dirk.
»Das war es auch. Vier Schiffe wurden gleich beim ersten Einsatz versenkt, eins wurde geflutet, und die anderen drei sind in Asien aufgebracht worden, ehe sie ihre Heimreise antreten konnten. Zumindest steht es so in den Geschichtsbüchern.« Perlmutter überflog die Seiten und kontrollierte die Datumsangaben.
»Was ist denn mit der Barbarigo geschehen?«, fragte Summer.
»Sie hatte den Codenamen Aquila Fünf und stach am 16. Juni 1943 in Bordeaux in See. Ihr Ziel war Singapur, und geladen hatte sie Quecksilber, Stahl und Aluminiumbarren. Ein paar Tage später brach der Funkkontakt ab, und man nahm an, dass sie irgendwo in der Nähe der Azoren gesunken ist.«
Er blätterte weiter bis zur letzten Seite. »Mein Italienisch ist zwar erbärmlich, aber soweit ich es erkennen kann, erfolgte der letzte Eintrag am 12. November 1943.«
»Fast fünf Monate später«, sagte Dirk. »Irgendetwas passt da nicht.«
»Ich hoffe, ich habe die Antwort hier.« Summer zog einen Stapel Papiere hervor. »Ich habe nämlich Hiram gebeten, das Logbuch
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