Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
Wasserarms erreicht, jedoch wurde ihr nun der Weg durch eine Wand aus Felsen und Mangroven versperrt.
»Achtung! Gleich kracht es!«, rief er und stand mit einem schnellen Schritt am Ruder.
»Das alles ist nicht echt«, beruhigte ihn Pitt. »Es ist ein Teil der künstlichen Kulisse, um die Bucht unsichtbar zu machen.«
Ein paar Sekunden später rauschte das Schiff durch die Attrappen. Eine heftige Kollision fand nicht statt. Stattdessen dampfte das Schiff völlig ungehindert weiter. Durch das Seitenfenster sah Dirk einen gekenterten Styroporfelsen, der in den Ausläufern der Bug welle der Adelaide tanzend hinter ihnen zurückblieb.
Nach Verlassen des Meeresarms gelangte die Adelaide ins freie Wasser des Gatun-Sees. Ein großes Kranschiff war im Kanal nach Norden unterwegs, während sich zwei Tanker und ein Containerschiff einer Biegung im Süden näherten. Pitt trat ans Ruder und fuhr die Maschinen des Schiffes auf volle Kraft hoch.
»Willst du nicht erst zurückfahren und die anderen holen?«, fragte Dirk.
Pitt richtete einen stählernen Blick auf das Containerschiff, das soeben um die Kanalbiegung verschwand.
»Nein«, sagte er. »Wir müssen dieses Schiff aufhalten.«
71
Bolcke blickte aus dem hinteren Brückenfenster. Schwarze Qualmwolken, die vom Gelände seiner geheimen Roherzaufbereitungsanlage aufstiegen, verdunkelten den Horizont. Er wusste, dass die Anlage in Trümmern lag, und er wusste auch, wer dafür verantwortlich war: dieser geflohene Gefangene, der die Rauchgranate auf die Eingangstreppe seines Hauses geworfen hatte.
Aber Pablo hatte recht. Das Geld, das er für den Verkauf der Sea-Arrow -Technologie erhielte, würde bei weitem für eine neue Anlage zur Trennung und Gewinnung von Seltenerdmetallen ausreichen. Er hatte auf Madagaskar bereits mit dem Aufbau einer neuen Produktion begonnen. Problemlos konnte er ganz dorthin umziehen und seine Aktivitäten an einem neuen Ort konzentrieren. Aber er würde wertvolle Monate eines profitablen Handels ausgerechnet während einer kritischen Phase für den weltweiten Rohstoffmarkt verlieren. Sobald er in Kolumbien und damit in Sicherheit wäre, so schwor er sich, würde er Pablo Jagd auf den Gefangenen machen und sich seinen Kopf auf einem Silbertablett präsentieren lassen.
Er blickte in Fahrtrichtung, während die Salzburg eine besonders schmale Stelle des Gatun-Sees, Gamboa Reach genannt, passierte. »Wie weit ist es noch bis zur Schleuse?«
Pablo, der nach wie vor am Ruder stand, wandte den Kopf. »Es sind noch etwa zwölf Meilen bis Pedro Miguel.« Ihm entging der sorgenvolle Ausdruck in Bolckes Gesicht nicht. »Ich habe unser Kommen bereits per Funk angekündigt. Der Schleusenmeister erwartet uns. Bei der Abfertigung wird es keinerlei Probleme geben.«
Aus dem Lautsprecher des Funkgeräts auf der Kommandobrückedrang die Stimme eines Tankerlotsen, der ein anderes Schiff beschimpfte, weil es auf dem See überholt hatte. Bolcke und Pedro achteten nicht auf das Geplapper, sondern warfen einen prüfenden Blick auf den Motor der Sea Arrow auf dem Deck unter ihnen, wo er zugedeckt und versteckt hinter aufgestapelten Frachtcontainern auf dem Flachbettauflieger eines Sattelschleppers ruhte.
Zwei Meilen weiter hinter ihnen spuckte der Tankerlotse noch immer Gift und Galle gegen den großen Schüttgutfrachter, der sich offenbar dreist vor ihn gesetzt hatte. »Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit beträgt in diesem Kanalabschnitt acht Knoten, Schwachkopf«, funkte er.
Auf der Kommandobrücke der Adelaide konnte Pitt von dem, was der Mann erzählte, nichts hören, da das Funkgerät des Schiffes während der Schießerei mit Gomez einen Volltreffer abbekommen hatte. Er kannte noch nicht einmal sein Tempo, da die Navigationsinstrumente ebenfalls beschädigt worden waren. Aber er hatte nur geringe Zweifel, dass das Schiff mit deutlich über acht Knoten unterwegs war.
Ohne Fracht und mit fast leeren Treibstoffbunkern war die Adelaide ausgesprochen gut zu Fuß. Pitt kitzelte jedes bisschen Tempo aus dem Schiff heraus und näherte sich zügig der Zwanzig-Knoten-Marke. Die Adelaide ließ den Tanker mitsamt seinem erbosten Lotsen in ihrer Abgaswolke zurück, während Pitt bereits das nächste Schiff vor ihnen ins Visier nahm. Es war ein holländischer Panamax-Tanker, der mit seinen rund dreihundertfünfunddreißig Metern Länge den für die Kanalschleusen ursprünglich zulässigen Schiffsmaßen entsprach.
Die Fahrrinne verengte sich noch weiter, als Pitt das
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