Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
bereitete uns allein damit viel Kummer, dass er unser Versuchs-U-Boot Sea Jet nannte.«
»Hat der Name irgendeine verborgene Bedeutung?«, wollte Pitt wissen.
»Sicherlich, aber wahrscheinlich nur für Carl und Manny. Er meinte, das Mumm beziehe sich auf eine Champagnersorte, die er bevorzugte. Er redete viel von Geschwindigkeit und Bläschen im Zusammenhang mit seinen Untersuchungen zur Superkavitation, also müsste man die Verbindung wohl dort suchen.«
»Erzählen Sie uns ein wenig mehr über diese Einrichtung«, bat Ann.
»Heiland hat die Anlage praktisch aufgebaut. Seine Familie besitzt am Lake Pend Oreille ein Ferienhaus, aus diesem Grund hat er sich dann in diese Gegend verliebt.«
Pitt bemerkte, dass er den Namen des Sees »Pond-o-ray« aussprach.
»Als er die Akustik-Abteilung im Naval Surface Warfare Center leitete«, fuhr Nichols fort, »überzeugte er die hochrangigen Mili tärs in Washington davon, hier ein Forschungslabor einzurichten und dazu Teile der alten Farragut-Marinebasis zu nutzen. Er hat das Ganze praktisch aus dem Nichts aufgebaut. Vor zehn oder zwölf Jahren verlor er dann die Lust an seiner Tätigkeit als Manager der Einrichtung und entschied sich, den Dienst zu quittieren. Damals gründete er seine Beratungsfirma. Carl war immer schon in erster Linie Ingenieur.«
»Sie sind hier aber ziemlich weit vom Ozean entfernt«, stellte Pitt fest.
»Stimmt, aber der See ist ein ideales Testgelände. Er ist groß, es herrscht nur wenig Schiffsbetrieb, und außerdem ist er stellenweise über dreihundert Meter tief. Wir konzentrieren uns mit unserer Arbeit auf neue Rumpfformen und Antriebssysteme – alles unter dem Aspekt, möglichst geringe akustische Spuren zu hinterlassen. Der See stellt eine nahezu perfekte Umgebung dar, um neue Konstruktionen und Technologien gründlichen Tests zu unterziehen.«
»Ist die Sea Jet demnach eine Versuchsplattform?«, fragte Pitt.
»Ganz genau«, bestätigte Nichols. »Sie ist das, was wir einen Advanced Electric Ship Demonstrator nennen. Obgleich sie ein wenig wie ein U-Boot aussieht, ist sie in Wirklichkeit ein Modell des neuen Zerstörers der DD(X) -Klasse mit einem Viertel von dessen Größe. Wir haben die Sea Jet benutzt, um einige neue Rumpfformen und Antriebssysteme auszuprobieren. Ursprünglich wurde sie mit einem Druckstrahlantrieb gebaut, aber wir haben mittlerweile einige andere Technologien entwickelt, über die ich wahrscheinlich noch nicht sprechen darf. Es war geplant, dass wir Carls neue Ideen in Bezug auf das Sea-Jet -Projekt testen sollten, aber aus den bekannten Gründen kommen wir jetzt irgendwie nicht weiter.«
»Die Technologie in der Slippery Mumm ?«, fragte Ann.
»Ja. Er hat sie vor ein paar Wochen hier im See getestet. Ich erinnere mich noch, wie er den Leuten hier erklärte, er habe die Absicht, den Fischen damit einen heillosen Schreck einzujagen. Zwei von den Leuten waren zur gleichen Zeit draußen auf dem See und berichteten, dass er ziemlich wahnwitzige Geschwindigkeiten gemessen habe.«
»Aber er hat hier in der Einrichtung nicht daran gearbeitet?«
»Nicht sehr oft. Meist kam er hierher und benutzte unsere Computer, aber er war uns immer um mindestens drei Schritte voraus. Wenn er sich in der Stadt aufhielt, dann vergrub er sich häufig zusammen mit Manny in seinem Ferienhaus und bastelte dort herum.«
»Es ist sehr wichtig, dass wir sämtliche seiner technischen Aufzeichnungen in Bezug auf die Slippery Mumm sicherstellen«, sagte Ann.
»Die Leute von der DARPA haben die gleiche Bitte geäußert, und ich bin gerade dabei, alles zusammenzusuchen, was wir haben«, sagte Nichols. »Tatsache ist, dass Carl neunzig Prozent der Unterlagen in seinem Besitz hatte. Was nicht in seinem Kopf gespeichert war, befindet sich wahrscheinlich noch draußen in seinem Ferienhaus. Einen Moment, ich gebe Ihnen die Adresse.«
Er sah in seiner Rolodex-Kartei nach und notierte die Adresse auf einem Zettel, den er Ann Bennett reichte. Gleichzeitig gab er seinen Besuchern noch einige Hinweise. »Auf dem Terrassentisch hinter dem Haus steht eine verrostete Glocke. Darunter müssten die Reserveschlüssel zum Haus und zum Boot deponiert sein.«
Ann fragte ihn mit einem Blick, woher er das wisse.
»Im Laufe der Zeit habe ich mit Carl so einige Flaschen Bier auf seiner Terrasse und seinem Boot geleert«, erklärte Nichols augenzwinkernd.
Ann bedankte sich, dass er sich Zeit für sie genommen hatte, dann wurden sie zur Einfahrt zurückgebracht.
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