Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
fast vergessen. Hauptsache, der Alte läuft uns nicht über den Weg.“
Als sie auf die Farm kamen, lief schreiend das fünfzehnjährige Aborigines-Mädchen auf sie zu.
Kevin sprang vom Pferd und lief ihr entgegen. Er hielt sie mit seinen starken Armen fest, um sie zu beruhigen. „Was ist los, Maggi?“
„Boss mir Gewalt angetan“, schluchzte sie.
„Was hat er getan, Maggi?“
Sie weinte herzzerreißend. „Wollte Milch holen aus Küche. Boss betrunken, von hinten auf mich. Ich fiel auf Fliesen in Küche. Boss öffnete seine Hose. Tat sehr weh, hier viel Blut“, sie zeigte auf ihre Beine und weinte. Sie hielt sich dabei den Bauch vor Schmerzen.
„Das alte Schwein“, sagte Fred „ich bring ihn um.“ Kevin konnte Fred gerade noch am Arm fassen.
„Lass das, der bekommt noch seine Strafe.“
Kevin und Fred brachten Maggi in die Eingeborenenunterkunft. Keine der Frauen fragte Maggi, was passiert war, jede wusste es. Sie nahmen Maggi in ihre Arme, um sie zu beruhigen. Kevin und Fred wussten, dass Maggi nun in guten Händen war und gingen wieder.
„Franziska, aufstehen“, flüsterte Alina, die Franziska am Arm rüttelte, um sie zu wecken. „Pss, leise, Sabrina kann noch schlafen. Sie würde uns nur im Weg stehen.“
Die Sonne kam gerade über den Horizont, und der Himmel sah aus, als würde er brennen. Franziska krabbelte unter dem Wagen hervor und rieb sich den Schlaf aus den Augen. „Was ist denn los?“, fragte sie.
„Gute Frage“, sagte Alina „schau dich um – und du kannst sie dir selbst beantworten.“ Dabei machte sie mit den Armen eine ausholende Geste.
Franziska erschrak, als sie überall das Wasser sah. „Ach du meine Güte, wie sollen wir das schaffen?“
„Die wichtigste Regel im Busch ist, in solchen Situationen die Ruhe zu bewahren. Es nützt niemandem und am wenigsten dir, wenn du panisch reagierst. Geh immer ruhig und besonnen an die Lösung eines Problems, vor allem dann, wenn du auf dich allein angewiesen bist. Ansonsten hast du von vorn herein verloren.“
„Hm, und was ist in diesem Fall die Lösung des Problems?“, fragte Franziska verzweifelt.
„Pass auf, Franzi, ich habe mir Folgendes gedacht. Wir spannen den Wagen aus und lassen ihn mit den Waren und deinem Gepäck hier stehen.“
„Klaut das denn keiner?“
„Ach wo denkst du hin, hier im Outback vergreift sich keiner am Eigentum anderer Menschen. Ich binde hier an den großen Baum ein Seil fest und schwimme mit Axel auf die andere Seite ...“
„Wer ist Axel?“, unterbrach Franziska.
„Na, mein Hengst!“
„Ach so.“
„Wenn wir drüben sind, befestige ich das andere Ende auch dort an einem der großen Bäume.“
„Und dann?“ Franziskas Augen wurden immer größer.
„Dann komm ich am Seil zurück und hole euch.“
„Das kann doch nicht dein Ernst sein, das schaffen wir nie“, schrie Franziska sie an.
„Doch, das wirst du schaffen, und du wirst auch deiner Tochter gegenüber keine Angst zeigen. Du bist diejenige, die ihr Mut machen soll, den reißenden Fluss zu überqueren.“
„Das kann ich nicht, ich sterbe vor Angst.“ Franziska hielt sich die Hände vor das Gesicht und weinte.
Sabrina wurde von dem lauten Gespräch wach. „Was ist, Mami?“
„Nichts, Liebes, mir ist etwas in das Auge gekommen, und das tut weh. Aber es ist schon raus.“
Alina musste über die perfekte Ausrede schmunzeln, und dann erklärte sie Sabrina, was sie machen wollten.
„Muss ich meine Puppe und meinen Teddy auch hier lassen?“
„Nein“, antwortete Alina „die beiden schiebe ich unter meine Bluse. Aber ein bisschen nass werden sie schon dabei!“
„Das macht nichts, Hauptsache sie sind dann wieder bei mir.“ Über das Wasser machte sich Sabrina gar keine Sorgen, für sie waren ihre treuen Gefährten wichtiger.
Alina sicherte die Räder des Wagens mit großen Steinen. Dann befestigte sie das eine Ende des Seils an dem großen Königseukalyptusbaum. Ein kleineres Seil legte sie Axel um den Hals und band sich beide Enden um ihren eigenen Körper.
„Franziska, wenn etwas schief gehen sollte, ziehst du nur fest an diesem Seil.“
„Was soll das nun wieder heißen? Ich denke, du weißt, was du tust?“
„Natürlich weiß ich das, aber es kann immer etwas passieren, was man nicht vorher sehen kann. Und in so einem Fall sollst du nur fest hier daran ziehen, weil ich am anderen Ende hänge. Hast du verstanden?“
„Na toll – ja.“ Franziska schaute angstvoll zu Alina, die ihr inzwischen
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