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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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schaltet“, ergänzt der Geschäftsführer.
    „Seinen Professortitel hat er übrigens an einer Universität in Kaliningrad gekauft.“
    „Also hat er ihn jedenfalls nicht gestohlen. Worum es mir geht, ist der Schutz unbescholtener Menschen vor Unterstellungen, Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung. Aber abgesehen von der moralischen Seite: Mit so etwas könnten auch schwer abschätzbare finanzielle Risiken durch Klagen gegen das ,Magazin' einhergehen.“
    „Glauben Sie, ich weiß nicht, dass Grünwald gerade jede Menge Anzeigen für seine ,Oasis‘ und seine komischen Produkte bei uns schaltet? Glauben Sie wirklich, ich weiß nicht, warum ich ausgerechnet jetzt zu ihm geschickt wurde? Aber ich schwöre: Wo ich bin, gibt es keine Gefälligkeitsberichterstattung! Und: Richten Sie Ihrem Professor einen schönen Gruß aus“, fauche ich. „Alles, was ich schreibe, ist belegt und nachweisbar.“
    „Auch das mit den Genforschungen in der ,Beauty Oasis'?“, fragt Klaus trocken.
    Ich packe es nicht — jetzt fällt der mir auch noch in den Rücken. „Ich habe Kontakt zu einer Topgenetikerin, sie hat einige Monate bei ihm gearbeitet.“
    „Na so top scheint sie wohl doch nicht zu sein, nach dem, was du von Grünwald erzählst“, erwidert mein Chefredakteur. Und den habe ich für einen Kollegen, fast schon für einen Freund gehalten.
    „Es ist besser, Sie bremsen Ihre unprofessionelle Emotionalität“, mischt sich der ,Magazin‘-Geschäftsführer ein. „Es ist klar, dass die Story über die tote Nonne sehr okay ist. Bloß: Sie hat nur zufällig mit dieser Schönheitseinrichtung zu tun. Es geht um die Sehnsüchte einer jungen Klosterfrau, vermutlich darum, dass sie eindeutig den falschen Mann kennengelernt hat. Sie können auch gerne über ihre Arbeit mit den Hildegard-Produkten schreiben. Und was Grünwald angeht, so glaube ich ihm, dass er jedes Interesse an der Aufklärung dieses Mordfalles hat. Er ist mit der Sache gestraft: genug. Nicht wirklich gut für das Image seiner Beauty-Klinik. Das können Sie natürlich schreiben. Aufmacher wird, wie vorgesehen, unsere Reportage über die Freimaurer in Österreich.“
    Ich stöhne auf. „Wie jeden August. Fällt es eigentlich irgendjemandem auf, dass wir jedes Jahr im August eine große Story über Freimaurer oder ähnliche vorgestrige Geheimbünde haben?“
    „Sollen wir vielleicht eine über den Cartellverband machen?“ „Das wäre wenigstens ein aktuelleres ...“ Ich sehe auf und merke, dass unser Anzeigenleiter gescherzt hat. Super, eh klar. Ist ja selber bei dem Männerklüngel der österreichischen Extrahabererwirtschaft dabei. Natürlich könnte ich ihnen noch einiges erzählen. Sie wissen nichts von dem Zettel der Nonne, auf dem der Name der Genetikerin steht. Sie wissen nichts über unsere nächtliche Expedition und das Geheimlabor samt Mäusen. Sie wissen nicht, was der Lavendelduft in der Sauna bedeuten könnte. Weiß ich eigentlich auch nach wie vor nicht. Sie wissen nichts von dem Plättchen, mit dem man mich im Zimmer eingesperrt hat, und dass es haargenau gleiche Plättchen im Labor der Frau Dr. Veith gibt. Ich muss noch klären, wo sie wirklich auf Urlaub war. Mir hat sie erzählt, dass sie im Waldviertel war, im Haus einer Freundin, zu dem sie einen Schlüssel hat. Sie habe ein paar Tage totale Ruhe gewollt. Trotzdem seltsam, dass sie niemanden nennen kann, der sie dort gesehen haben könnte. Vielleicht gibt es ja wen, der ihr in diesen Tagen im Steirischen Vulkanland begegnet ist. Jedenfalls: Grünwald zuliebe werde ich sicher nicht klein beigeben.
    „Schauen Sie doch nicht so grimmig“, lächelt der Geschäftsführer. „Es ist Ihnen wieder einmal gelungen, an einer spannenden Story ganz nah dran zu sein. Aber glauben Sie mir, die Leute wollen lieber Dornenvögel als Gentechnik.“
    Ich lächle möglichst harmlos zurück. „Wahrscheinlich haben Sie ja recht. Kitsch zieht eben mehr als Wissenschaft.“ Ich versuche mich damit zu trösten, dass die Story ohnehin noch sehr unausgegoren ist. Und dass ich nächste Woche vielleicht schon etwas ganz anderes liefern kann, etwas, von dem meine Kollegen in den Konkurrenzblättern keine Ahnung haben.
    Ich sitze in meiner zugedschungelten Ecke des Großraumbüros vor dem Laptop und überlege, wie ich die Story harmlos, rührselig und trotzdem nicht peinlich hinbekomme. Meine Fotografin hat zum Glück sehr schöne Bilder geliefert. Vor allem die von der Vorderfront der ,Beauty Oasis‘ in der

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