Unterm Messer
Telefon ... tatsächlich, es hängt nicht an meinen Jeans. Ich hab nicht darauf geachtet. Hoffentlich habe ich es bloß irgendwo im Auto verloren. Vesna hat die Waffe inzwischen wieder in ihrer Jackentasche verstaut. Ich hoffe, sie weiß, wie man so etwas sichert. Ich stehe auf, hole Glas, Teller, Besteck, Serviette. Und da ist das Telefon: in der Küche. Hat sich Simatschek tatsächlich Sorgen gemacht, weil ich nicht ans Telefon gegangen bin, oder hat ihn Knobloch geschickt, um mich auszuhorchen?
„Na gut, nachdem Mira gesagt hat, da ist nichts mehr im Keller, ich wollte sehen, ob Sie wirklich gehen ins Labor“, erzählt Vesna gerade, als ich wieder zurückkomme. „Wollte allerdings nicht, dass Sie mich bemerken.“
Karl Simatschek grinst und lässt sich von mir Wein einschenken. „Bin schließlich doch irgendwie vom Fach.“
Die beiden scheinen sich auf Anhieb zu verstehen. Besser, ich unterbreche zu frühe Vertraulichkeiten. „Und? Der Aufzug ist hinter dem offiziellen Labor, nicht wahr?“
„Da du ihn ja kennst, erzähle ich dir nichts Neues. Die Sache mit dem Regal ..."
Ich nicke zufrieden. „Wenn das nicht verdächtig ist..."
„Da war kein Knopf und auch kein Mechanismus. Nur ein Regal. Wir haben es mühsam vorziehen müssen, um in den Nebenraum zu kommen.“
„Sie haben abgebaut!“, ruft Vesna. „Mechanismus war da! Wir sind nicht Idiotinnen!“
„Weiß ich“, antwortet der Gerichtsmediziner. „Genau das gibt mir ja zu denken. Entweder ihr habt recht, dann steckt um einiges mehr hinter dem Fall, als es den Anschein hat. Oder ihr führt irgendetwas im Schilde.“
Ich seufze. „Knobloch glaubt Letzteres. — Und du?“
„Offiziell glaube ich gar nichts. Da sammle ich Fakten.“
„Ja, aber an Toten. Wir sind lebendig“, kontert Vesna.
„Und inoffiziell?“, frage ich.
„Tendiere ich aus irgendeinem Grund dazu, euch zu glauben.“ „Hat Grünwald eigentlich etwas zu dem versteckten Aufzug gesagt?“
„Darf ich nicht sagen. Polizeiliche Ermittlungen.“
„Und wenn wir raten und es kommt zufällig Nicken mit Kopf?“, fragt Vesna.
„Grünwald sagt, er hat nichts von dem Aufzug gewusst“, probiere ich es.
Ganz zufällig nickt Karl Simatschek. Ich schenke ihm Wein nach. „Er ist immer wieder auf Auslandsreisen“, überlege ich. „Er ist an Schönheitskliniken zwischen Taiwan und Tschechien beteiligt. Was, wenn er wirklich hintergangen wurde?“
„Ich kann mir das nicht vorstellen“, erwidert Vesna. Und zum Gerichtsmediziner gerichtet: „Er hat Verdacht geäußert?“
Ein Kopfschütteln.
„Eigentlich kann es sonst nur dieser Dr. Schilling gewesen sein“, überlegt Vesna weiter.
„Natalie Veith hat das Labor auch gekannt. Was sie mir erzählt hat, klingt einleuchtend: Sie hätten an genetischen Methoden zur Lebensverlängerung geforscht, das sei legal, aber es sei besser, man mache es im Verborgenen. Offenbar sowohl wegen der Konkurrenz als auch wegen der Gäste der Schönheitsklinik. Sich das Fett wegmachen zu lassen ist inzwischen durchaus angesagt, aber genetische Manipulation ... Klar hat Grünwald das Labor gekannt. Die Frage ist eine andere: Aus welchem Grund musste es jetzt sofort verschwinden?“
„Natalie Veith?“, fragt Karl Simatschek nach.
„Eine Genetikerin, die vor fünf Jahren bei Grünwald beschäftigt war. — Kennst du sie?“
Er schüttelt den Kopf. „Ich war nur zwei-, dreimal in dieser ,Beauty Oasis'. Irgendwie nicht ganz meine Welt.“
„Es hat Streitigkeiten zwischen ihr und dem Leiter des Labors, Dr. Schilling, gegeben, die bis zu einem Gerichtsverfahren geführt haben.“
„Ohne Tote, vermute ich. Also weiß ich auch nichts davon. Prozesse gibt’s hier jede Menge. Wie auch sonst überall. - Ich nehme an, du hast Knobloch davon erzählt?“
„Ich dachte mir, das hat er ohnehin in den Akten“, antworte ich mit möglichst ausdruckslosem Gesicht.
„In den Akten sicher, aber ob er davon weiß? Er ist erst seit drei Jahren in Feldbach.“
„Knobloch scheint mir sowieso nicht zu glauben“, kontere ich.
Der Gerichtsmediziner grinst und lobt meinen Knoblauchbrotaufstrich. Vielleicht ohnehin besser, wir wenden uns erst morgen wieder der Welt der Schönheitsdoktoren und ihrer seltsamen Manipulationen zu. Ich bin gerade dabei, eine Flasche Rotwein zu öffnen, als Simatscheks Telefon läutet.
„Was? Nein, nicht daheim. - Bei Freunden. — Ja, natürlich. — Ich komme sofort. — Wo? — Ich bin mit meinem Allrad-Fiat da.“
Wir
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