Unterm Messer
mir ja jetzt, was sie wirklich im Labor wollte. „Warum ist diese Nonne so wichtig?“
„Warten Sie auf unsere Presseerklärung. Und halten Sie sich von dieser Schwester Gabriela fern.“
„Kann doch nicht sein, dass Sie allen Ernstes eine fast achtzigjährige Klosterfrau des Doppelmords verdächtigen! Sie wollte herausfinden, wer Schwester Cordula ermordet hat.“
„Tatsächlich?“
„Sie hat uns sogar einen Hinweis gegeben. Bei Schwester Cordulas Sachen war ein Zettel mit Namen und Telefonnummer der Genetikerin Natalie Veith. Sie hat vor fünf Jahren in der ,Beauty Oasis‘ gearbeitet. Sie war damals die Geliebte von Schilling.“
„Und wo soll der Zettel gewesen sein? Wir haben alles spurentechnisch behandelt.“
„Wo sie eben nicht nachgesehen haben. Sie hatte ihn in einer angebrochenen Schachtel mit Tampons versteckt.“
Chefinspektor Knobloch sieht mich spöttisch an. „Mit Tampons also, was Besseres ist ihr nicht eingefallen?“
„Auch Klosterschwestern sind Frauen“, fauche ich. „Sie sollten sich lieber um das verschwundene Labor kümmern, dort ...“
„Fein, dass Sie mir erklären, wie ich meine Arbeit machen soll. Und, Frau Kollegin: Was ist denn Ihre Theorie? Der Karl scheint ja ganz begeistert von Ihnen zu sein, er hat gesagt, ich soll Sie bloß nicht zu hart anfassen und Ihnen gut zuhören. In einem anderen Fall würde ich schon vermuten ...“
Endlich ein gutes Gefühl. Hat zwar nicht so gewirkt, als hätte der Gerichtsmediziner noch viel für mich übrig, aber ... wenn Knobloch es sagt ... — Was soll ich ihm erzählen? Was weiß er schon? Wie viel weiß ich? Warum musste Schilling sterben? Weil wir uns eingemischt haben? Ich hole tief Luft und beginne mit Grünwalds internationalen Firmenverflechtungen, seinem Schönheitskonzern inklusive Kliniken und Patenten auf Nasen und Wangen und davon, dass man mit einem wirksamen Mittel zur Lebensverlängerung Millionen und Milliarden machen könnte. Ich erzähle von der Nonne Cordula, die vielleicht weg wollte, weil sie Grünwalds Methoden nicht mochte. Die möglicherweise etwas gesehen hat und deshalb aus dem Weg geräumt wurde. Davon, dass ich nicht weiß, ob Grünwald hinter allem steckt oder ob es vielleicht andere, mächtigere Hintermänner gibt. „Jedenfalls hat mir jemand noch in der Nacht, in der wir im Kellerlabor gewesen sind, vor dem Weingartenhaus aufgelauert. Ich bin davongefahren. In der gleichen Nacht haben sie das Labor geräumt. Weil dort etwas vorgeht, das der Schlüssel zu allem ist. Gut möglich, dass dort auch illegale Gesichtsoperationen gemacht werden.“
„Sie haben wirklich eine blühende Fantasie. Sie meinen, Grünwald arbeitet nebenher schwarz, um die Steuer zu betrügen?“
„Nein. Wie Sie wissen, gibt es Menschen, die ein neues Gesicht brauchen. Einen neuen Pass. Weil sie gesucht werden. Weil sie untertauchen wollen. - Es gibt übrigens Fotos von dem Geheimlabor. Ich war nicht sicher, ob die Kamera im beinahe Finstern funktioniert hat. Die Bilder sind tatsächlich nicht besonders gut, aber man kann die Mäuse erkennen. Und den Operationssaal. Ich habe sie auf meinem Laptop.“
Knobloch sieht mich seltsam entspannt an. „Und jetzt sagen Sie mir noch, warum Sie sagen: ,In der Nacht, in der WIR im Kellerlabor waren.' Wer war dabei?“
„Also glauben Sie inzwischen nicht mehr, dass ich Unsinn erzählt habe?“
„Ich glaube, dass es nicht so wichtig ist.“
„Ihr Gerichtsmediziner kennt Vesna Krajner. Sie ist eine Freundin von mir. Ich wollte nicht allein in der Nacht ...“
Knobloch nickt. „Das ist das Erste, was mir einleuchtet.“
„Und warum ist das alles nicht mehr so wichtig?“
Der Chefinspektor seufzt. „Ich muss es morgen ohnehin an die Medien geben. Bei der großen Truppe, die da heute für uns unterwegs ist, sickert es sowieso bald durch. Es gibt Hinweise darauf, dass Schwester Cordula und Dr. Schilling ein Verhältnis hatten. Wir haben bei ihren Sachen so einiges gefunden. Wenn auch nicht den ominösen Zettel mit der Telefonnummer einer früheren Mitarbeiterin von Grünwald.“
„Weil Sie eben doch nicht überall nachgesehen haben.“
„Weil es keine Schachtel mit Tampons gab.“
„Und ich sage Ihnen: Auch Nonnen gehen mit der Zeit!“ Knobloch nickt langsam. „Kann schon sein. Hat Ihnen diese Schwester Gabriela den Zettel eigentlich gegeben?“
„Nein, sie muss ihn noch haben.“
„Sie hat ihn nicht. Es ist ein Mosaiksteinchen mehr. Schwester Cordula hat keine Tampons
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