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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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ja letztlich egal, ob sie erfahren, wer ich bin. Breites Lächeln. „Ich komme von der Wochenzeitung ,Magazin' und arbeite an einer Reportage über Anti-Aging-Produkte. Ich habe gehofft, ich könnte mir ansehen, wie Ihre Cremes und Nahrungsergänzungsmittel hergestellt werden. Es ist wichtig, auch zu vermitteln, was hinter der Verpackung steckt.“
    „Oh“, antwortet die Empfangsdame bloß. Hat sie das von Sam gelernt?
    „Kann ich mich ein wenig umsehen? Ich störe auch ganz sicher nicht.“ Ich mache einige Schritte in Richtung Produktionsbereich.
    „Das geht leider nicht. Über den Zugang für Journalisten darf nur unser Geschäftsführer entscheiden.“
    „Und wo finde ich den?“
    „Oh, ich werde ihn verständigen.“
    „Ist es nicht einfacher, wir gehen gleich zu ihm?“, sage ich möglichst unbefangen. „Wissen Sie, die ,Grünwald-Group‘ schaltet bei uns immer wieder große Annoncen, und so dachten wir, dass Ihre Firma in unserer Story entsprechend prominent vorkommen sollte.“ Die Empfangsdame lächelt. „Ich studiere an der Fachhochschule Industriemarketing. Das hier ist mein Sommerjob. Klingt natürlich super, dass Sie uns in Ihrer Story bringen wollen, aber entscheiden darf ich das nicht. — Kommen Sie mit!“
    Gut gemacht, Mira. So kann ich wenigstens einen Blick auf die Produktion werfen. Noch besser wäre es, zu wissen, ob es auch hier ein Labor gibt. Und ob es in den letzten Tagen deutlich gewachsen ist. Ich fürchte allerdings, dass meine Exkursion beendet ist, sobald wir beim Geschäftsführer ankommen. Die Empfangsdame ruft ins kleine Büro hinein, dass sie für ein paar Minuten weg sein werde. „Kein Problem“, ruft eine Männerstimme mit eindeutig steirischer Sprachfärbung zurück. Klingt, als hätte ein freundlicher Hund sprechen gelernt.
    Hinter der Tür befindet sich ein breiter Gang, auf der Seite ein Kleiderständer mit weißen Mänteln. Wo mir die in letzter Zeit überall begegnen ...
    „Wir müssen einen überziehen“, erklärt die Empfangsdame. Ich schlüpfe hinein, sie gibt mir eine Einwegplastikhaube. „Sieht nicht toll aus, ich weiß. Ist aber Vorschrift.“
    „Kommen wir durchs Labor?“, will ich wissen.
    „Durchs Labor? Nein, warum? Das liegt ganz hinten.“
    Immerhin habe ich erfahren, dass es eines gibt. „Nur wegen unseres Outfits.“
    „Nein, das ist auch in der Produktion vorgeschrieben. Es muss sehr sauber gearbeitet werden. Einzelne Produkte werden überhaupt nur noch von Robotermaschinen unter keimfreien Bedingungen erzeugt.“
    „Klingt sehr gut“, lobe ich, ganz freundlich gesonnene Journalistin. Die junge Frau öffnet eine schwere Tür, auf der steht: „Unbefugten ist der Zutritt verboten!“
    Ich trabe hinter ihr her und bin an einer Produktionsstraße, auf der eindeutig Cremes abgefüllt werden. Eine Maschine spuckt immer exakt gleich viel von einer weißen Paste in Tiegel, die auf einem Förderband vorbeilaufen. Zwei Frauen in weißem Overall mit ähnlicher Haube, wie wir eine auf dem Kopf haben, schrauben die Tiegel zu und geben sie jeweils in eine Schachtel. Nervtötender Job. Aber immerhin eine fixe Arbeit. Die eine von ihnen hat auch noch Zeit, uns zuzulächeln. Ich sehe mich, so gut es geht, um. Eine überdimensionale Rührschüssel, die mit einem Rohrsystem verbunden ist, daneben ein Mann vor einer Art Computerdisplay. Auf der anderen Seite eine Fertigungsstraße in einem durchsichtigen Glas oder Kunststofftunnel. Kügelchen rollen in Fläschchen aus Plastik oder einem ähnlichen Material.
    Meine Begleiterin geht rasch, streckt dann den Arm aus und deutet auf ein Büro hinter Glas. Hoch auf einem Stahlgerüst, eine metallene Treppe führt hinauf. Wer immer dort sitzt, kann alles überwachen, was hier unten passiert. Beim Näherkommen bemerke ich, dass das Büro nicht aus einem, sondern aus mehreren Räumen besteht. Wohl so etwas wie die Verwaltungszentrale. Seit Jahren sollte ich eine Brille tragen, aber üblicherweise ist es mir egal, wenn ich nicht alles, was in einiger Entfernung liegt, ganz scharf sehe. Heute wäre es von Vorteil. Jedenfalls sitzen da Menschen an Schreibtischen, das kann ich erkennen. Im mittleren Raum stehen zwei Männer. Ein großer mit hellen Haaren und ein kleinerer mit dunklen Haaren. Scheint überhaupt eher ein dunkler Typ zu sein. Ich kneife die Augen zusammen. Das ist er. Das ist mein Salvadorianer. Wo hat er seinen BMW abgestellt? Ich dachte, ich hätte alle Autos auf dem Parkplatz gesehen, da war sein Wagen

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