Unterm Messer
Forschungen zur genetischen Lebensverlängerung. Aber der angebliche Forschungschef ist tot. Warum hätten Grünwald oder seine Geschäftspartner ihn eliminieren lassen sollen? Vielleicht weil die Sache mit der Genforschung gar nicht so wichtig war? Oder war es Schilling, der dabei gar nicht so wichtig gewesen ist? Alles verrückt. War wohl doch die Nonne, die Cordula und ihren Lover ins Jenseits befördert und sich dann ins Gebet geflüchtet hat. Näher, mein Gott auch zu mir ... Vesna rüttelt mich. „Aufwachen, Mira. Hier in Einöde gibt es Geheimnis!“
„Einöde? Hier ist es zauberhaft.“
„Sagt ausgerechnet Stadtmensch. Gut, eigentlich natürlich. Stadtmensch weiß nicht, wann ihm Einöde begegnet. Ich kenne sie. Gibt es auch in Bosnien.“
„Wir sollten es langsam angehen. Damit sie keinen Verdacht schöpft, die Tante. - Weißt du eigentlich schon, warum sie bloß ,Tante' genannt wird?“
„Woher ich soll wissen. Der Bauernhof gehört Zulechner. Seine Tante sie kann nicht sein, dann wäre er fast Kind. Ich glaube, er ist Bruder. Als ich gefragt habe, es hat geheißen: ,Schöne Zimmer gibt es bei der Tante.'“
Älter als vierzig ist die „Tante“ tatsächlich nicht. Ein wenig füllig, aber hübsch. Keine Ahnung, ob sie Familie hat. Jedenfalls macht sie hervorragenden Strudel. Ich habe in den letzten Tagen genug Aufregung gehabt. Kann schon sein, dass es hier ein wenig einschichtig ist, aber dafür ausreichend weit weg von Plätzen, an denen jemand ermordet wurde. „Vor morgen unternehmen wir nichts“, sage ich zu Vesna. „Wir machen Abendspaziergang“, erwidert sie.
„Bewegung habe ich heute schon mehr als genug gehabt“, widerspreche ich.
Die Tante kommt aus dem Haus und bringt uns einen Teller mit Schinken. „Selbst gemacht. Aus den Schweindln von meinem Bruder“, sagt sie. „Als Vorgeschmack auf das Frühstück.“
Sieht köstlich aus.
„Ihr Bruder hat nur Schweine?“, will Vesna wissen.
„Nein, auch Ziegen und Schafe und ein paar Kühe. Es ist noch ein richtiger Bauernhof. Den Wein haben Sie ja schon gekostet.“ „Und warum Sie heißen ,Tante'?“, fragt Vesna.
Meine Güte, so etwas fragt man doch nicht!
Die Tante lächelt. „Ich war Kindergartentante, wie man das bei uns nennt. Ich hab schon mit nicht einmal dreißig für alle nur ,Tante Irmi‘ geheißen. Als ich dann meine Weinlodge dazugebaut habe, hab ich meinen Job im Kindergarten aufgegeben. Aber das mit der ,Tante' ist geblieben.“
„Und eigene Kinder?“ Meine Güte. Gleich fragt Vesna noch nach einem Mann. Oder einem Geliebten. Und ob sie vielleicht eines der Techtelmechtel des Dr. Schilling war.
„Leider nein. Ich lebe allein. Wenngleich sich das ...“ Sie lächelt und wird ein wenig rot.
Oh wie hübsch, eine ländliche Liebesaffäre mit der Chance auf ein Happy End. Oder jedenfalls darauf, eine glückliche offizielle Beziehung zu werden.
Ich koste vom geselchten Schinken. Saftig und würzig.
„Kaum man macht dir Idylle, du bist schon hineingefallen“, grollt Vesna, als Tante Irmi wieder weg ist.
„Ich kann eben das Leben genießen, egal wie lang es dauern wird.“ „Ich mache Handyfoto von dir mit Nussbaum und Schinken und Wein und wir schicken es Oskar.“
Ich nicke gutmütig und gebe ihr mein Telefon. Ein paar liebe Worte dazu, ein Lagebericht, kein Wort davon gelogen oder auch nur beschönigend. Gesendet.
„So, und jetzt wir müssen überlegen“, sagt Vesna.
„Sollten wir nicht Karl bitten herzukommen? Er kennt sich aus. Und er ist wirklich okay.“
„Jetzt sei nicht verrückt. Ich sage dir: In verschlossenen Container sind Mäuse geliefert worden - vielleicht auch geheimer Operationstisch.Und Sachen von Labor sind auch in Bauernhof gelagert. Und: Ich kann mir gut denken, dass hier auch Forschungsberichte sind. Einschicht ist gut. Hier sucht keiner.“
Ich seufze. „Wir sollten die Polizei verständigen, wenn wir das glauben.“
„Die haben ihre Nonne.“
Ein Patent auf längeres Leben. Zumindest Forschungen in der Hoffnung, beim Rennen um das ultimative Mittel die Nase vorn zu haben. Das glaubt uns keiner. Da hat Vesna schon recht. Neben dem Neubauteil hält ein weißer BMW Zwei uns hinlänglich bekannte Lateinamerikaner steigen aus. Jetzt plötzlich weiß ich, warum es bei mir geklingelt hat, als ich „Weinlodge“ gelesen habe. Droch hat recherchiert. Die beiden aus El Salvador. Seit einigen Wochen wohnen sie hier. Hat er mir erzählt. Damals beim Abendessen in Wien. Wie lang
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