Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
Vom Netzwerk:
ihnen beinahe die Schulter ausgerenkt hätte. „Und wo ist die Waffe jetzt?“
    „Habe sie immer mit. Ist idiotisch, man lasst sie liegen. - Ich mache Spaziergang. Ich liebe Bauernhof. Wenn du willst, du kannst mich begleiten.“
    Harmlos, alles muss ganz harmlos aussehen. Trotzdem versuchen wir, der freundlichen Tante nicht in die Arme zu laufen. Zwei Touristinnen aus Wien gehen spazieren. Vesna pflückt sogar ein paar Blumen. Wie nett. Die Sonne verzieht sich hinter den Hügel. Ich sage es zu Vesna. „Das klingt, als wenn du willst sagen, sie hat Angst. Dabei sie geht nur unter“, spottet sie. Der Hof ist weitläufiger als gedacht. Warum sollten wir den Bruder der Tante nicht besuchen? Warum nicht nachsehen, ob man hier Wein kaufen kann oder wie die Schweine aussehen, aus denen der saftige Schinken gemacht wird?
    Bei dem gemauerten Schuppen neben dem Bauernhaus steht ein roter Traktor. Jeder der Reifen ist so groß wie ich. Wenn so einer über dich drüberfährt ...
    „Wir gehen lieber hinten herum“, sagt Vesna und zieht mich um die Ecke des Schuppens.
    Hier riecht es streng nach Schweinestall. So weit bin ich vom Landleben nicht entfernt, um das nicht zu erkennen. Da drüben ein Silo, also klar, dass da auch der Stall ist. Danach noch ein Schuppen. Wir gehen einfach über die Wiese, Vesna pflückt noch ein paar Blumen. Mich macht das nervös. Keiner hält uns auf. Keiner ruft. Keiner schießt.
    Den Schweinen geht es gut, sie dürfen, wenn sie wollen, auch ins Freie. „Freilaufstall“ nennt man so etwas, erinnere ich mich an eine Reportage über naturnahe Lebensmittelproduktion. Die meisten toben draußen herum, es wirkt, als spielten sie Abfangen. Sie scheinen gar nicht genug davon zu bekommen, gäbe es eine Schweinesportliga, sie wären ganz vorne mit dabei. Kräftige Tiere mit den kräftigsten Hinterbeinen, die ich je gesehen habe, sie wirken beinahe wie prall gefüllte Würste. Aus dem Schuppen blökt es. Wir kommen näher. Meine Güte, wie niedlich! Sieben, acht kleine Schafe. Daneben zwei große. Und ein Widder. An der Vorderfront ist nur ein Lattengerüst. So bekommen sie genug Luft und Licht.
    „Schade, dass wir kein Brot mithaben“, sage ich zu Vesna und kraule ein Lamm an der Nase.
    Daneben noch ein Gehege mit Schafen. Zwei kommen neugierig näher. Sie sind frisch geschoren. Eine seltsame Sorte. Sehr muskulös. Wer immer die Schafe geschoren hat, er scheint nicht sehr geschickt gewesen zu sein. Beide haben Schnittwunden, die offenbar sogar genäht worden sind. Trotzdem scheinen sie fröhlich zu sein, sie springen, sie blöken, sie rennen herum.
    Vesna starrt die Schafe an. Ich fürchte, wir haben den gleichen Gedanken. „Die haben ziemliche Muskeln“, sage ich langsam, „und sie sind ausgesprochen aktiv. Vielleicht war es gar nicht der Schäfer, der sie bei der Schur verletzt hat.“ Vesna sieht sich um, macht dann rasch einige Fotos. Weiter, schnell. Das enttäuschte Blöken der Schafe klingt hinter uns drein. Ist zu hoffen, dass sie auch sonst bei jeder kleinen Abwechslung losschreien, sonst haben wir den Bauern und womöglich seine Forscherfreunde am Hals. Wir lehnen uns an ein altes Gebäude. Dahinter beginnt der Wald. Sieht so aus, als wären hier früher Wagen, vielleicht auch Geräte untergebracht gewesen. Groß genug wäre es dafür. Die hohen hölzernen Türflügel hängen etwas schief in den Angeln. Sie werden von einem dicken Kettenschloss zusammengehalten. Es wirkt neu. Man kann ins Innere spähen, aber der Spalt ist zu schmal, man vermag selbst mit der Taschenlampe nichts zu erkennen.
    „Wir müssen schnell machen“, flüstert Vesna. „Ewig wir bleiben nicht unentdeckt.“
    „Wir können gar nichts tun“, widerspreche ich ebenso leise. „Keine Chance bei diesem Schloss. Außerdem: Wer sagt uns, dass da wirklich etwas drin ist?“
    „Du siehst die Spuren?“ Vesna deutet auf Vertiefungen im Gras. „Hast du den großen roten Traktor bemerkt?“, frage ich zurück. „Ich glaube, das war Lkw. Und außerdem: Wer hängt großes neues Schloss an Bruchbude? Zumindest neugierige Kids sollen heraußen gehalten werden. Sonst da kommen nur Hase und Fuchs gute Nacht sagen, aber bei Kids weiß man nie.“
    Sie geht um die große Scheune herum. An der Rückseite steht eine alte Badewanne, in der sich etwas Regenwasser gesammelt hat. „Kann man auch als Tränke nehmen“, sagt Vesna. Ich sehe mich irritiert um. Nicht dass da womöglich auch noch Stiere unterwegs sind. Als Steak finde

Weitere Kostenlose Bücher