Unternehmen Hongkong
eine
Badehose an und ging wieder an Deck.
»Warten Sie hier, während ich
mich umziehe«, befahl Tess und verschwand ihrerseits. Corvo, eine Zigarre in
der Hand, trat auf mich zu.
»Ich wünsche Ihnen viel Glück,
Kane .«
»Danke«, erwiderte ich. »Das
können wir brauchen. Wir werden uns mächtig anstrengen müssen, um die Tasche zu
finden .«
»Hat Tess Ihnen gesagt, daß sie
mit Ihnen hinunter will ?«
»Klar. Ein Glück, daß wir
einander vertrauen.«
Er zuckte die Schultern und
lächelte.
»Was spielt das schon für eine
Rolle. Wenn wir nur die Tasche finden .«
»Da haben Sie recht«, bekannte
ich. »Aber glauben Sie ja nicht, daß Sie hier an Deck herumstehen und Zigarren
rauchen können, während wir unten sind. Wenn irgend jemand so nahe kommt, daß er zwei Weiße hier tauchen sehen kann, sind wir erledigt,
mein Freund. Ich habe Leung befohlen, Neugierige damit zu vertreiben, daß er behauptet, an Bord sei jemand krank, habe die Pest,
oder Typhus oder was weiß ich. Wegen der Dschunken mache ich mir keine allzu
großen Sorgen, das Problem sind die Patrouillenboote der Roten. Die haben eine
ganze Flotte kleiner Unterseeboote. Und wenn die rote Küstenpolizei auf uns
aufmerksam wird, dann können wir sie uns nicht mit der Behauptung vom Hals
schaffen, daß an Bord jemand krank ist. Achten Sie also darauf, und sobald Sie
ein Patrouillenboot sichten, verschwinden Sie unter Deck und lassen Leung mit
den Leuten verhandeln .«
»In Ordnung«, sagte er.
»Und falls wir unter Wasser
sein sollten, ist es das beste, wir bleiben unten«, fügte ich hinzu.
»Woher wollen Sie in einem
solchen Fall wissen, daß Sie unten bleiben müssen ?«
»Wenn irgendein Fahrzeug sich
nähert, schneiden Sie die Ankerleine durch und lassen das Boot treiben. Wir
werden das Tau nicht aus den Augen lassen. Wenn wir sehen, daß es erschlafft,
dann wissen wir, daß sich Komplikationen ergeben haben, und werden unten
bleiben. Je weiter Sie treiben, desto weiter locken Sie die Störenfriede von
uns weg .«
Hinter mir hörte ich das Tappen
nackter Füße und drehte mich um. Tess, in einem schwarzen Bikini, der den
Schimmer ihres Goldhaares und der Bronzehaut hervorhob, kam auf mich zu.
»Wo hatten Sie den denn verpackt ?« erkundigte ich mich etwas außer Atem. »In Ihrem
Zigarettenetui?«
Ich setzte mich auf den Boden
und schlüpfte in die Schwimmflossen. Dann schnallte ich mir die Aqualunge auf
den Rücken und klemmte mir die Maske vors Gesicht. Eine Minute später war Tess
ebenfalls startbereit.
»Okay«, sagte ich. »Jetzt
geht’s los .«
Ich ließ mich an der Bordwand
hinunter und tauchte ins Wasser.
Unter der Oberfläche des
Meeres, selbst nur einen Meter tiefer, dringt man in eine andere Welt ein, in
eine Welt, die vom Schweigen regiert wird. Langsam sank ich bis zum Grund und
kam auf felsigen Boden zu stehen, der hier und da mit Sand bedeckt war. Wenn
man tiefer als vier bis sechs Meter unter Wasser ist, hört die Dünung auf, und
alles ist still. Man hat das Gefühl, als stehe man allein in einer gotischen
Kathedrale.
Ein Paar lange, hübsche Beine
tauchte in meinem Gesichtsfeld auf, gefolgt von einem ebenso hübschen Körper,
und dann stand Tess neben mir. Ein Schwarm kleiner, farbiger Fische schwamm an
uns vorüber.
Der Grund stieg in Richtung der
Küste an, und ich entdeckte, was ich vom Boot aus nicht hatte sehen können, daß
das felsige Gestein voll tiefer Löcher war. Es waren große Löcher. Ich bin kein
erfahrener Tiefseetaucher, aber solche Löcher mag ich gar nicht. Darin kann sich
alles mögliche verbergen. Riesige Quallen und Krebse
zum Beispiel, oder auch der Krake.
Ich fühlte, daß Tess meinen Arm
drückte. Sie wies auf den vor uns liegenden Grund, voller Ungeduld, daß wir die
Suche noch nicht begonnen hatten. Ich nickte, und wir schwebten vorwärts. Es
ist ein herrliches Gefühl der Schwerelosigkeit, unter Wasser zu schwimmen. Ein
kleiner Schlag mit den Flossen genügt, um vorwärts, abwärts oder aufwärts zu
treiben. Im Geist stellte ich mir die Karte vor, und wir durchkreuzten das Gebiet
in allen Richtungen. An diesem Morgen blieben wir vier Stunden unter Wasser,
und am Nachmittag verbrachten wir noch einmal drei Stunden auf dem Meeresgrund.
Doch wir entdeckten nichts, was einer Aktentasche auch nur entfernt ähnlich
gesehen hätte.
Um neunzehn Uhr legte ich mich
schlafen und erwachte erst bei Morgengrauen. Um sieben Uhr waren wir bereits im
Wasser. Dann folgte unser zweiter Abend in der
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