Unternehmen Pegasus
unterdrücken. Der Indianer sah uns mißtrauisch an.
»Also los, tanzt schon. Ich muß euch abtasten.«
Endlich hatten wir begriffen. Als er mit dem Zählrohr näher kam, drehten wir uns im Kreise. Dazu sagte man hier also »Bauchtanz«. Die Leute schienen einen eigenen Sprachschatz zu haben.
Nach fünf Minuten ließ er uns in Ruhe. Danach konnten wir weitergehen. Wohin ich auch sah, überall waren schenkelstarke Potronin-Plast-Verkleidungen. Besonders die Außenwände waren stark abgeschirmt.
Als er uns erneut durch einen Gang führte, fragte ich:
»Sagen Sie mal, wo bringen Sie uns eigentlich hin? Gehört das alles noch zu dem alten Tempel? Wir befinden uns doch mindestens dreißig Meter unter der Erde. Habt ihr hier eine Station oder so etwas?«
»Fünfzig Meter tief«, lautete seine Antwort. »Der General wird dir alles sagen.«
»Ihnen sagen«, verbesserte ich. »Wenn wir uns näher kennen, duze ich mich gern.«
»Geben Sie bloß nicht so an«, begehrte er auf. »Sie können froh sein, daß wir Sie aufgenommen haben. Der General wollte erst gar nicht.«
»Das haben wir gemerkt«, warf Hannibal ein. »Wer ist das überhaupt?«
»Wer?«
»Der General«, erklärte der Kleine.
»Werden Sie schon sehen«, murrte der Indianer. »Der General ist hier der Kommandant. Ich soll Sie zu ihm bringen.«
Der Gang erweiterte sich. Nachdem wir eine Halle mit zwei bewaffneten Posten durchschritten hatten, kamen wir in einen Stollen, der einige Schiebetüren aufwies.
Wir schienen uns in einem unterirdischen Labyrinth zu befinden.
Unser Begleiter hielt sich dicht hinter uns. Wir hörten seinen lauten Atem. Welche Rolle mochten die mutierten Geschöpfe hier unten spielen?
Der Indianer blieb vor einer Tür stehen und sprach in ein Mikrophon. Es kam eine kurze Antwort in einem mir unbekannten Eingeborenen-Dialekt. Dann glitten die Flügel auf.
Ich sah in einen großen und luxuriös eingerichteten Raum. Natürlich hatte er keine Fenster, aber er war ausreichend erhellt. Die Rohrschlangen einer Klimaanlage zogen sich an der Wand hin.
Noch vor dem Eintreten hörte ich das Arbeitsgeräusch schwerer Maschinen. Ferne Stimmen klangen auf. Dazwischen ertönte ein heller Schrei.
Hannibal faßte instinktiv nach seiner Waffe, ehe sie ihm mit fürchterlicher Gewalt aus der Hand geschleudert wurde.
Der Mutant stand hinter uns. Seine großen Kugelaugen funkelten zornig.
»Keine Dummheiten. Gebt die Waffen her!«
Der Kleine stöhnte leise. Mit der linken Hand massierte er sich den geschundenen Arm, den der Mutant wohl nur leicht berührt hatte. Wie mußte ein Mensch aussehen, der von diesem kraftvollen Wesen ernstlich angegriffen wurde?
Ich reichte ihm wortlos meine Maschinenpistole. Der Indianer hob Hannibals Waffe auf und deutete dann in das Zimmer.
Als ich den Fuß erhob, erklang eine bekannte Stimme. Sie gehörte zweifellos dem Mann, der über Funk mit uns gesprochen hatte.
»Nicht so grob, Manzo. Du hättest ihm fast die Knochen gebrochen.«
»Er brauchte ja nicht mit der MP zu spielen. Das mag ich nicht, General.«
Der Mann lachte. Ich trat endgültig ein.
Ich sah einen großen Metallschreibtisch, dessen eine Hälfte als Schaltaggregat ausgebildet war. Dahinter saß ein schlanker, weißhaariger Mann, den ich sofort erkannte.
Ich hatte sein Bild in den Unterlagen gesehen, die mir der GWA-Chef vorgelegt hatte. Das war niemand anders, als der totgeglaubte ehemalige Generalstabschef der brasilianischen Unions-Armee, General Cordoba. Er war die rechte Hand jenes Emilio de Deseado gewesen, der vor einundzwanzig Jahren versucht hatte, die Zentralregierung der damals entstehenden Lateinamerikanischen-Union zu stürzen und
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