Unternehmen Vendetta
Interessen jetzt berührt waren, mußte als sicher erscheinen, was Skip Harrier gesagt hatte: Kein Politiker oder halbpolitischer CIA-Ratgeber oder eine ähnliche Figur in Washington würde einen Knüppel in die Speichen stecken. Neue, unkontrollierbare Raketen in den Händen Ghaddafis waren natürlich einer der schlimmsten Alpträume, die man in Washington ersinnen konnte. Daß es bei Alpträumen bleiben würde, war eine andere Sache, denn wie immer das Unternehmen ausging, so stand vermutlich schon jetzt fest, daß Ghaddafi niemals Raketen des Typs Nummer 15 erhalten würde. Folglich würde man die Operation immer als erfolgreich darstellen können. Es hatte also alles seine Richtigkeit und seine Ordnung. Nichts konnte amerikanische Politiker so sehr erschrecken wie der Gedanke an bewaffnete Araber mit der Fähigkeit zurückzuschlagen.
Carl meldete der Wache, er wolle sich in seinem alten Zimmer eine Weile ausruhen, und bat darum, Leutnant Bertoni zu ihm zu schicken, sobald dieser sich in der Basis eingefunden habe.
Carls Bett war gemacht und hergerichtet wie immer. Hinter dem Kopfkissen war ein kleines Namensschildchen aus Silber an die Wand geschraubt, in das sein Name, das Kursusjahr und sein Abschluß als Jahrgangsbester eingraviert waren. Er stellte die Reisetaschen ab, zog seine dünne Wildlederjacke aus, lockerte die Krawatte und legte sich mit den Händen unter dem Kopf aufs Bett.
Es waren außer ihm nur zwei junge Burschen in der Baracke, die dasaßen und dabei waren, einige kleinere Blessuren zu versorgen, die sie sich offenbar bei der letzten Übung zugezogen hatten. Sie hatten für Carl keinerlei Interesse gezeigt, doch als er sich jetzt hinlegte, wurden sie schnell hellwach und rannten herbei, als wollten sie ihn mit Gewalt von dem Bett hochreißen.
»Verzeihung, Sir!« schrie der erste, der bei ihm war. »Verzeihen Sie mir, Sir, aber da können Sie nicht liegen!«
»Ach nein? Und warum nicht?« lächelte Carl. Er stellte in diesem Moment fest, daß der Kamerad des empörten jungen Mannes, der jetzt auch am Bett stand, um seinem Kameraden beizuspringen, den Zusammenhang erfaßt hatte.
»Weil es Commander Hamiltons Bett ist! Niemand schläft je in diesem Bett, bitte, Sir!« fuhr der junge Kollege fort, der noch nichts gemerkt hatte. Sein verschwitzter Freund stand schon hinter seinem Rücken und flehte mit den Augen höhere Mächte an.
»Ich tue es aber. Es ist nämlich mein Bett«, erklärte Carl ruhig und schloß die Augen, als wollte er sich zur Ruhe begeben oder den jungen Hähnen Gelegenheit geben, sich zurückzuziehen, ohne daß er noch etwas zu sagen brauchte. Als er einen Augenblick später mit einem Auge blinzelte, waren beide verschwunden. Danach schlief er ein.
Luigi Bertoni-Svensson war unterwegs zweimal wegen zu schnellen Fahrens erwischt worden, hatte beim ersten Mal einen Strafzettel bekommen und war beim zweiten Mal ohne davongekommen, da er erklärt hatte, er sei Offizier in geheimen Diensten und sei zu einem eilig einberufenen Treffen unterwegs.
Seine Gedanken waren ein einziges Durcheinander. Er hatte vor der Heimreise nach Europa so vieles zu erledigen. Ihm fielen die Abschiedsparty ein, die Freunde und der Auftrag, der jetzt auf eine traumgleiche Art Wirklichkeit zu werden schien. Fregattenkapitän Hamilton würde nicht anrufen und ihn nach Ridgecrest bestellen, wenn es nicht ernst war. Offenbar ging es um etwas, was nicht einmal bis zu seiner Rückkehr nach Stockholm in ein paar Tagen Zeit hatte. Folglich war etwas Großes im Gang. Etwas, was weitab von der Alltagsroutine in einem geheimen Stab in Stockholm lag. Es schien so etwas wie ein Ernstfall zu sein.
Er hatte keinen gültigen Passierschein für die Sunset-Farm mehr, aber der Wachposten erkannte ihn und wußte außerdem, in welcher Baracke er sich einfinden sollte.
Er fand Carl schlafend im Bett vor.
Luigi fragte sich, wie er sich verhalten sollte. Man schüttelt einen Trident nicht einfach an den Schultern wach. Nach einigem Zögern stellte Luigi sich neben das Bett und räusperte sich laut. Als Carl sofort die Augen aufschlug, meldete Luigi sich zur Stelle. Aus Nervosität oder wegen der Umgebung tat er es auf englisch.
»Sir! Leutnant Bertoni-Svensson meldet sich befehlsgemäß zur Stelle!« sagte er, als er mit Carl Blickkontakt bekommen hatte.
»Es ist gut, Leutnant, stehen Sie bequem!« befahl Carl auf schwedisch. Er richtete sich schläfrig und langsam auf und streckte sich. Dann ergriff er seine
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