Unternehmen Vendetta
Aktentasche und ging mit Luigi in eine der kleineren Baracken, in denen manchmal Vernehmungen simuliert wurden, und betrat einen Raum, der bis auf einen einfachen Schreibtisch und zwei Stühle leer war. Er bat Luigi, sich vor den Schreibtisch zu setzen, und entnahm der Aktentasche einiges Kartenmaterial, das er auf den Tisch legte, bevor er sich auf den Platz des Vernehmers setzte.
»Wie ich höre, hast du den Kurs als Bester beendet. Das ist wirklich eine Leistung, gratuliere«, begann Carl, während er in einigen Akten wühlte.
»Danke, Fregattenkapitän!« erwiderte Luigi in dem abgehackten Tonfall, der ihm inzwischen schon in Fleisch und Blut übergegangen war. Fünf ewig lange Jahre der vermutlich härtesten militärischen Ausbildung, die es je gegeben hatte, waren nicht ohne Wirkung geblieben.
»Wie dir klar ist, habe ich dich nicht nur hergebeten, um dir Sonnenschein in den Arsch zu blasen, wie unser Freund Skip sagen würde«, sagte Carl geschäftsmäßig.
»Nein, Fregattenkapitän, natürlich nicht!« erwiderte Luigi so laut, daß es im Raum widerhallte.
»Und sei so nett und hör endlich mit diesem militärischen Drill auf. Wenn wir allein sind, sind wir Arbeitskollegen, sozusagen nur Schweden, wenn du willst, und dabei schreien wir uns nicht ständig an, ist das klar?«
Carl hob schnell die Hand, um das gebrüllte JA, FREGATTENKAPITÄN! zu dämpfen, das schon herauswollte. Beide lächelten sich verlegen an. Luigi zuckte die Achseln und machte eine Miene, die in etwa sagen sollte, die Umstellung fällt mir nicht ganz leicht.
»So ist die Lage«, fuhr Carl plötzlich geschäftsmäßig fort.
»Wir haben hier in der Gegend von Palermo, also auf Sizilien, mit einer Operation begonnen. Hauptmann Joar Lundwall, den du nicht kennst, der aber einmal einer deiner Kollegen gewesen ist, ist im Verlauf des Auftrags gestorben. Killed in action. Unsere Aufgabe ist jetzt, das Unternehmen zu beenden, und zwar ungeachtet des Risikos neuer Verluste. Ich bin der Chef des Unternehmens, und du erhältst deine Anweisungen von mir. Allerdings ist der Auftrag im Grundsatz freiwillig. Irgendwelche Fragen insoweit?«
»Nein, Fregattenkap… nein, keine Fragen.«
»Gut. Bist du dabei?«
»Selbstverständlich. Natürlich bin ich dabei.«
»Gut. Du sollst dich so schnell wie möglich in der Gegend von Castellammare del Golfo als italienischer Tourist etablieren. Es liegt hier…«
Carl zeigte es auf der Karte.
»Nicht nötig, Fregattenkap… also, ich kenne die Gegend einigermaßen. Wir haben ein paarmal auf Sizilien Urlaub gemacht. Ich soll also einen Italiener darstellen?«
»Ja. Bereitet dir das irgendwelche Probleme?«
»Nein, nicht, wenn ich aus Mailand kommen soll. Wenn ich allerdings einen Sizilianer spielen soll, wird es schon schwieriger.«
»Nein, du bist Mailänder. Du fliegst so schnell wie möglich nach Mailand und mietest dir dort irgendeinen Minibus, den du mit Ausrüstung vollstopfst, wie sie ein Tourist braucht. Gern auch eine Taucherausrüstung, natürlich die zivile Variante mit Preßluftflaschen und so weiter. Du badest, reißt Mädchen auf, besorgst dir Freunde und Bekannte, was auch immer. Geld hast du genug, das bekommst du über dein American Express-Konto. Hast du vielleicht deine Karte da…«
Der Vortrag wurde eine Zeitlang unterbrochen, als Carl die Nummer von Luigis amerikanischer Kreditkarte abschrieb.
»Du wirst also über ausreichend Geld verfügen. Nun. Der erste Teil des Auftrags besteht darin, in dieser Region, also südlich von Castellammare, möglichst viel mit dem Wagen herumzufahren. Etwa in dieser Gegend. Weinfelder, große Weiten, freie Sicht. Wir müssen uns dort zurechtfinden, als wären wir dort aufgewachsen, ist das verstanden?«
»Ja, ist verstanden. Was ist das Ziel des Unternehmens, wenn ich fragen darf?«
Carl sah von den Kartenblättern hoch. Es überraschte ihn, wie jung und unschuldig Luigi wirkte. Dieses Aussehen eines Filmstars, die weißen Zähne, die Sonnenbräune. Die glänzende körperliche Verfassung war natürlich nicht das einzige, was jeden mißtrauisch machen konnte, der in der Lage war zu sehen, daß dies nicht das Produkt eines kalifornischen Fitneßcenters war, sondern ein Gerät, das für den Einsatz gedacht war; allein schon die eigentümlichen Schwielen an den Händen und die dicke, sich schuppende Haut an den Handkanten. Der Feind würde solche Details jedoch vermutlich nicht erkennen. Die Gegner würden nur das Gesamtbild sehen, und dem ließ
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