Unternehmen Vendetta
ich wünsche Sie von Ihnen persönlich geliefert zu bekommen, hier in der Nähe, spätestens morgen abend.«
»Warum so kompliziert«, entgegnete Don Tommaso mißbilligend. »Wozu neue merkwürdige Risiken? Einigen wir uns doch darauf, daß wir sie einfach irgendwo freilassen. Das wäre doch praktischer?«
»Nein«, sagte Carl entschlossen, »ich will Sie aus Ihrer Hand bekommen, von Ihnen persönlich, Don Tommaso. Teils weil ich sonst niemandem vertraue, teils weil wir noch eine Trumpfkarte im Ärmel behalten müssen. Solange ich mich mit meiner Streitmacht auf Sizilien befinde, können wir Sie töten, wenn Sie die Bedingungen nicht erfüllen. Wenn wir in dem Glauben abreisen, es werde sich schon alles regeln, laufen wir Gefahr, hereingelegt zu werden.«
»Aber je länger Sie bleiben, um so mehr Zeit bekommt Don Gaetano, Sie zu jagen«, wandte Don Tommaso ein. Er schien seinem Einwand allerdings selbst keinen Glauben zu schenken.
»Nun ja«, sagte Carl mit dem ersten breiten Lächeln des Gesprächs, »das hat er ja schon früher ohne Erfolg versucht. Wenn er noch mehr Picciotti verlieren will, ist das seine Sache. Das sehe ich nicht als Problem an. Das Problem besteht in einer Garantie für eine schnelle Lieferung lebender und unversehrter Schweden.«
»Vertrauen Sie meinem Ehrenwort nicht?« Don Tommaso versuchte es mit einem Anflug von Verzweiflung in der Stimme. Ihm ging allmählich auf, daß sein Gegner ihn in eine unmögliche Verhandlungslage gedrängt hatte.
»Bei allem Respekt, Don Tommaso, aber ein Ehrenwort, das mit Drohungen erpreßt wird, gehört zu den Dingen, die viele Menschen in ganz anderen Teilen der Welt als Sizilien ebenfalls nicht ganz ernst nehmen würden. Sie haben doch früher auf Ihre Konzernleitung hingewiesen, nicht wahr? Wir beide trennen uns, ich habe Ihr Ehrenwort, dann werden Sie von der Konzernleitung überfahren, und wir stehen mit leeren Händen da. Es wird für alle Beteiligten am besten, wenn wir es so regeln, wie ich es gesagt habe. Sie, Don Tommaso, übergeben die Gefangenen direkt an mich, und zwar hier in der Nähe. Wir wählen den Ort. Spätestens morgen abend, am liebsten schon heute abend.«
»Wenn Sie so freundlich sein wollen, uns eine Weile allein zu lassen?« erwiderte Don Tommaso, als gäbe es nichts mehr zu sagen. Carl sah noch, wie der Sizilianer die Hand nach dem Telefon ausstreckte, als Carl ihm den Rücken kehrte und zum anderen Ende der Terrasse ging, das jetzt von einer dicken Panzerglasscheibe blockiert war.
Carl klopfte prüfend auf das Glas. Ja, eine Gewehrkugel würde es schaffen, würde es zumindest zersplittern lassen und sie zerstören. Er fühlte, daß das Projekt dabei war zu gelingen. Zugleich überraschte ihn das Gefühl schwer faßbarer Enttäuschung, als ob alles zu gut ginge, als wäre alles zu einfach, als verliefe alles zu geradlinig nach Plan, als hätte er irgendwie damit gerechnet, zu diesem Zeitpunkt schon tot zu sein. Er verstand seine Gefühle nicht.
Don Tommaso saß immer noch unter dem Spalier mit Weinreben am anderen Ende der Terrasse und telefonierte. Es schien ein intensives Gespräch zu sein. Carl sorgte sich schon, Don Tommaso könnte zu viel sagen und der mithörenden Polizei somit verraten, wo in etwa die Geiseln gefangen gehalten wurden. Carl fürchtete, die Carabinieri könnten schwer bewaffnet losziehen und seine Pläne vereiteln. Er zog sein Jackett aus, lockerte den Krawattenknoten, lehnte sich mit den Ellbogen auf die Balustrade und sah über Meer und Bucht auf Castellammare hinunter. Ein Segelboot mit zwei Masten und einer amerikanischen Flagge am Heck glitt mit laufendem Hilfsmotor langsam gegen den Wind. So wie er jetzt stand, mußten sie ihn von dort unten sehen und beobachten können.
Don Tommaso rief und winkte ihm zu, er solle kommen. Mit der Jacke über der Schulter schlenderte Carl zurück und setzte sich wieder auf seinen Platz. Die anderen Männer machten grimmige, verbissene Gesichter.
»Das Treffen mit Don Gaetano und einem Dolmetscher findet heute nachmittag um fünf Uhr statt«, begann Don Tommaso.
»Ich sollte Ihnen lieber schon jetzt sagen, daß er wütend und mißtrauisch ist, außerdem temperamentvoller als ich.«
»Seien Sie unbesorgt, wenn er nur versteht, was ich sage«, entgegnete Carl. »Und wie wird es mit unseren Geiseln? Ich hoffe, Sie haben am Telefon nicht zu viel darüber gesprochen. Ihr Telefon wird ja abgehört.«
»Natürlich nicht«, sagte Don Tommaso verärgert und verzog das
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