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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Bahn brachen.
    Carl und Beata betrachteten eine Zeitlang ihre zuckenden Schultern und sahen sich unschlüssig an, bis Beata vortrat und der Frau den Arm um die Schultern legte und ein paar tröstende Worte zu sagen versuchte.
    Carl ging fast auf Zehenspitzen um die beiden Frauen herum und setzte sich in einen großen schwellenden Plüschsessel, so daß er Joars Mutter genau gegenüber saß.
    Sie sah nach einer Weile hoch und versuchte sich die Tränen aus den Augen zu wischen, wobei sie etwas Wimperntusche verschmierte.
    »Es ist so unwirklich…« schluchzte sie. »Wenn ich Sie sehe, weiß ich ja, daß Sie Joars Chef sind. Er hat es mir erzählt… Wenn ich Sie sehe, Hauptmann Hamilton, Fregattenkapitän… wird es so unwirklich. Ich kann nicht glauben, daß es wahr ist, obwohl Sie hier sind und ganz wirklich vor mir stehen. Deshalb mußte ich Sie vorhin anfassen.«
    Carl wußte nicht, was er tun sollte. Sollte er still dasitzen oder erneut bestätigen, daß das Unwirkliche wirklich war? Sollte er anfangen, Joars Leistungen zu loben?
    Beata reichte Joars Mutter ein Taschentuch. Diese trocknete sich das Gesicht, bis fast alles Schwarze verschwunden war. Es war ihr deutlich anzumerken, wie sehr sie sich bemühte, die Fassung wiederzugewinnen und ihre Trauer für später aufzuheben, nur um jetzt einen gefaßten Eindruck zu machen.
    »Wie ist es passiert? Ist das geheim, oder können Sie es mir erzählen?« fragte sie leise und versuchte Carl in die Augen zu sehen. Sie wandte den Blick jedoch sofort ab, da sie dort nur die Bestätigung der unwirklichen Wirklichkeit fand.
    »Bei unserem Auftrag ging es darum, nach Möglichkeit zwei Schweden zu befreien, die von der sizilianischen Mafia entführt worden sind. Sie haben es vielleicht gehört oder in der Zeitung gelesen, Frau Lundwall…?«
    Sie nickte und bestätigte mit einer Handbewegung, daß sie verstanden hatte. Dann forderte sie Carl auf fortzufahren.
    »Wir haben also mit den Entführern verhandelt. Wir hatten den Auftrag, die schwedischen Gefangenen gegen… nun ja, sie freizubekommen. Es sah nicht hoffnungslos aus, aber heute morgen wurden wir von zwei gedungenen Mördern überrascht, die aus nächster Nähe das Feuer eröffneten. Joar war schon tot, als ich ein paar Sekunden später bei ihm war. Es ist also sehr schnell gegangen.«
    »Haben diese Leute Sie verfehlt?«
    »Nein oder ja…« begann Carl unschlüssig, da er nicht wußte, wie oder worüber er eigentlich lügen sollte, »aber man kann sagen, daß Joar mir das Leben gerettet hat. Er kippte einen eisernen Tisch als Schutzschild um, und zwar in demselben Augenblick, in dem die Mörder angriffen. Das bedeutet, daß er mich schützte, sich selbst aber entblößte. Etwa so ist es gewesen.«
    »Wird Schweden anerkennen, daß er… Ja, ich frage danach. Es ist vielleicht dumm, und für mich macht es natürlich keinen Unterschied, aber ich habe eben an seinen Vater gedacht. Sein Vater hätte großen Wert darauf gelegt, daß… verstehen Sie, was ich meine?«
    »Ja, Frau Lundwall, ich glaube schon. In etwa einer Stunde wird der Generalstab ein Pressekommuniqué veröffentlichen, in dem wir mitteilen, daß ein Offizier unseres Nachrichtendienstes bei einem dienstlichen Auftrag getötet worden ist.«
    »Hat man Sie schon früher zu solchen Aufträgen entsandt? Gemeinsam?«
    »Ja, Frau Lundwall. Einiges davon muß leider geheim bleiben, aber ich kann beispielsweise erzählen, daß Joar vor etwa einem Jahr einer meiner Mitarbeiter war, als wir diese Polizeibande schnappten, die draußen in Vaxholm einen Massenmord plante. Joars Einsatz war damals entscheidend, aber da er beim Geheimdienst arbeitete, ist es nie bekannt geworden. Wie ich vorhin schon sagte, war Joar einer der großartigsten Offiziere des Landes. Und er wußte, daß sein Job gefährlich ist und daß er einer der sehr wenigen war, die so etwas überhaupt bewältigen können…«
    Carl verstummte verlegen. Er hatte das Gefühl, nur dazusitzen und zu plappern, als wäre alles, was er sagte, ohnehin sinnlos. Was spielte es jetzt noch für eine Rolle, daß Joar ein großartiger Mann gewesen war, als er noch lebte?
    Seine Mutter hatte ihn verloren, und auch Carl hatte ihn verloren, so wie alle ihn schnell und unerbittlich verloren hatten, als hätte keine von Joars Qualitäten auch nur die geringste Bedeutung, da jeder Mensch stirbt, wenn ihm ein Gangster aus einer Automatikwaffe auf den Brustkorb feuert.
    »Haben Sie mit Carlos gesprochen?« fragte sie

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