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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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    »Nun«, sagte der Spanier fröhlich und breitete mit einer einladenden Geste die Arme aus, »was um Himmels willen hat einer wie du einem wie mir zu sagen? Soll das Ganze ein Scherz sein oder was?«
    »Nein«, sagte Carl knapp. »Dir ist offenbar nicht bekannt gewesen, wo Joar Lundwall gearbeitet hat?«
    Das Lächeln verschwand sofort aus Carlos Figueras’ Gesicht. Carls Gesichtsausdruck und seine Uniform enthielten eine sehr beunruhigende Nachricht, obwohl die Wahrheit sich schon bald als viel schlimmer erweisen würde als die böse Vorahnung.
    »Was zum Teufel… ist Joar Militär? Davon hat er mir aber nie etwas gesagt. Aber ihr könnt doch wohl nicht mit…«
    »Setz dich!« schnitt ihm Carl das Wort ab. »Ich habe dir etwas sehr Schmerzliches mitzuteilen.«
    Er machte eine halb einladende, halb befehlende Geste und wies auf einen italienischen Chefsessel, ein Designermodell, das hinter dem graphitgrauen, vollkommen leeren Schreibtisch stand, der noch vor kurzem einem liebenden Paar als Unterlage gedient hatte.
    Carlos Figueras erbleichte sichtlich. Er erweckte den Eindruck, als hielten sich Zorn und Besorgnis in ihm die Waage. Nach einigem Zögern setzte er sich jedoch und machte eine Geste, die etwa bedeuten sollte, ich bin jetzt bereit zuzuhören.
    »Ich bin Joars direkter Vorgesetzter gewesen. Er hat also in dem geheimsten operativen Teil des Nachrichtendienstes der schwedischen Streitkräfte gearbeitet«, begann Carl und erkannte zu spät, daß er die falsche Reihenfolge gewählt hatte. Diese Erklärung hätte noch Zeit gehabt.
    »Was zum Teufel… Habt ihr ihn etwa gefeuert, weil er…«, begann Carlos Figueras mit etwas, was sich schnell in einen Vulkanausbruch zu verwandeln schien.
    »Nein! Es ist nicht, wie du glaubst, es ist viel schlimmer!« unterbrach ihn Carl verzweifelt, denn er wußte, was er jetzt sagen mußte, und schämte sich seiner Unbeholfenheit.
    »Hauptmann Joar Lundwall ist heute morgen während eines dienstlichen Auftrags erschossen worden. Ich war mit ihm am Tatort, konnte das Geschehen aber nicht verhindern. Der Tod ist auf der Stelle eingetreten.«
    Carl machte eine Pause, da er sich unsicher war, ob er sich überhaupt verständlich gemacht hatte. Das hatte er, denn der grazile Spanier erhob sich plötzlich ganz langsam, während sich sein Mund gleichzeitig wortlos bewegte.
    »Setz dich, dann werde ich fortfahren!« befahl Carl. Der Spanier gehorchte augenblicklich. Carl sah schon das Glitzern der ersten Tränen in dem Gesicht des Spaniers.
    »Ich bin soeben bei Joars Mutter gewesen und habe es ihr erzählt. Sie äußerte den Wunsch, daß ich auch dir die Nachricht überbringe, bevor du sie aus den Nachrichten erfährst. Es ist meine Pflicht, die nächsten Angehörigen zu benachrichtigen, und wenn du dich fragst, woher ich von eurem Verhältnis weiß, liegt es daran, daß Joar mir davon erzählt hat. Ich habe ihm grünes Licht gegeben… Ich habe ihm also gesagt, daß ich als Chef natürlich keine Einwände habe, habe ihm aber den Rat gegeben, dir zu erzählen, worin seine Arbeit eigentlich besteht.«
    »Ich habe doch nicht gewußt… ich hatte keine Ahnung…«, schluchzte Carlos Figueras, der jetzt offen weinte. »Joar war geschmeidig wie eine Katze und unglaublich durchtrainiert. Ich dachte, er wäre Turner oder so was. Aber in Wahrheit war er also…?«
    »Ja«, erwiderte Carl. »Er war einer von uns, einer der Allerbesten, the best of the best. Sein Job war folglich sehr gefährlich, aber er wußte, worauf er sich eingelassen hatte.«
    Carl stand verlegen mitten auf dem Fußboden und hielt die Hände auf dem Rücken, während Joars Geliebter, ja, Carl zwang sich, das nach einigem Widerstand anzuerkennen, auf die Schreibtischplatte fiel und den Kopf in den Händen barg, während der Oberkörper schluchzend erzitterte. Jemand riß die Tür auf, und Musik und Gelächter strömten in den Raum. Carl hörte Stimmen, die von ihm sprachen. Stimmen, die ihm bestätigten, daß er tatsächlich dort stand, wo er stand. Er drehte sich um und schloß die Tür hart und entschlossen und hörte, wie auf der anderen Seite Glas klirrte. Dann ging er zu dem kleinen Spanier hin, hob ihn fast vom Stuhl hoch, umarmte ihn, strich ihm übers Gesicht, als wollte er ihm die Tränen trocknen, und schüttelte ihn dann sanft an den Schultern.
    »Joar hat dich geliebt. Er hat es mir erzählt und mich auch zu eurem Fest eingeladen, für den Tag, an dem ihr… ja, zusammenziehen wolltet oder so«,

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