Unterwelt
Gerüche alle. Tabak, Bettlaken, Frauen.«
Sie war mit Brian sie selbst, was immer das bedeutete. Sie wußte, was es bedeutete. Weniger umschlossen von dem Entwurf eines anderen, seiner egozentrischen Lebensgestaltung.
»Ach, bevor ich es vergesse, ich habe einen Termin um drei«, sagte er.
»Ich bin schon ein bißchen enttäuscht, daß du dich nicht, weißt du«, sie ließ die Worte gewissermaßen baumeln, »in mich verliebt hast, Brian.«
»Du bist in meinem Alter und hast meine Größe. Ich verliebe mich in kleine, lebhafte Frauen, die mir von weitem auffallen.«
»Und jung müssen sie sein.«
»Jung müssen sie sein. Du und ich, wir sind Kumpel. Und ich hab viel zu viele Schuldgefühle, um mich in dich zu verlieben. Ich hab irre Schuldgefühle. Das letzte Stück Scheiße.«
»Warum tust du's dann?«
»Weil du es so sehr willst«, sagte er.
Sie legte die Zigarette auf den Aschenbecher.
»So entgegenkommend bist du? Weil ich es will? Deshalb bist du dazu bereit?«
»Ich will es auch. Aber du willst es auf Leben und Tod.«
Sie mochte ihn nicht, wenn er ernst wurde. Das verstieß gegen die Regeln. Er ließ seinen Kopf zu ihr sinken, mit einem Flüstern.
»Es ist dumm und leichtsinnig, und wir sollten es nicht mehr tun. Denn wenn er es herausfindet«, flüsterte er.
»Und wenn deine Frau es herausfindet? Sie ist nämlich diejenige, die dir die Eier abschneiden wird.«
»Nick macht mich bloß kalt.«
»Und er braucht es nicht mehr herauszufinden. Er weiß schon Bescheid.«
»Er weiß es nicht.«
»Ich glaube, er weiß Bescheid.«
Er flüsterte: »Komm, wir machen heute einen letzten, glücklichen Abschiedsfick daraus.«
Sie setzte an, um ihm etwas zu sagen, und dachte dann, nein. Sie sanken aufeinander zu, umschlangen sich, und dann lehnte sie sich zurück, bäumte sich auf, rückwärts auf die Arme gestützt, und ließ ihn das Tempo bestimmen. Irgendwann schlug sie die Augen auf und sah, daß er sie beobachtete, abschätzte, wie weit sie war, er wirkte etwas einsam und matt dabei, und sie zog seinen Kopf zu sich herunter und saugte Salz von seiner Zunge und hörte dieses ganz bestimmte Brustklatschen, den Aufprall von Oberkörpern und das knarrende Bett. Von da an war es eine Angelegenheit dichter Konzentration. Sie lauschte dem rasenden Blut, suchte etwas darin, sie drehte seine Hüften herum und fühlte sich elektrisiert und sehnsuchtsvoll und endlich in der Zielgeraden, und sie starrte seine gequält geschlossenen Augen und seinen Mund an, der so angespannt war, daß er in den Mundwinkeln aussah wie zugeheftet, Oberlippe weiß gegen die Zähne gepreßt, und als Brian kam, fühlte es sich für sie an wie der Höhepunkt eines Gehenkten, der Körper unter Strom, die versteiften Gliedmaßen, und sie strich ihm mit der Hand durchs Haar – wäre schöner, wenn wir's öfter machten.
Sie wartete ab, bis ihr beider Atem sich beruhigt hatte, so daß sie sich von ihm lösen und die Handtasche vom Stuhl nehmen konnte.
Er ging in die Küche und trank ein Glas Wasser.
Es war eine ziemlich große Tasche, mit langen Henkeln, und sie holte ein längliches Stück Aluminiumfolie heraus, rollte es auf und legte es aufs Bett. Brian beobachtete sie von der Küchentür aus. Dann holte sie ein kleines durchsichtiges Päckchen hervor. Es ähnelte einer gefalteten Sandwichtüte, nur kleiner, und ein Etikett klebte darauf: Todestrip Nr. 1 .
»Komm her«, sagte sie.
Sie öffnete das Päckchen und ließ den Inhalt, die Hälfte des Inhalts, auf die Alufolie kleckern. Es war eine harzige Substanz, zerklumpt, zerknubbelt. Sie sagte Brian, er solle sich aufs Bett setzen und die Folie halten, und zwar an den Kanten und gerade, damit das Zeug, diese teerigen Klumpen, nicht runterlief.
»Was zum Teufel ist das ? Wie kann es runterlaufen, wenn es fest ist?«
Da griff sie wieder in die Handtasche und holte einen kleinen, zusammengerollten Strohhalm hervor, einen mehrere Zentimeter langen Plastikhalm.
»Hey, Marian, was läuft hier eigentlich?«
Sie griff nach ihren Streichhölzern, zündete eins an und hielt es unter die Alufolie in Brians Händen, so daß die Substanz darauf erhitzt wurde.
»Das ist Heroin«, sagte sie und beobachtete, wie sich der Teer langsam verflüssigte.
»Das ist Heroin«, wiederholte er. »Was soll ich denn dazu sagen?«
Als der Teer anfing, zu verdampfen und zu qualmen, schüttelte sie das Streichholz aus, steckte den Plastikhalm in den Mund und folgte damit dem emporkringelnden Rauch, sog ihn
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