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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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gestoßen. Nieten waren in den Hain des Todes gerollt. Man konnte sich die Taschen mit Nieten füllen, wenn man sich die Mühe machte, sie aufzuheben – und keine Niete war dort zu finden, wo sie gebraucht wurde. Wir besaßen hinreichend Eisenplatten, aber nichts, um sie anzubringen. Und jede Woche brach der Bote, ein Neger, den Postsack geschultert und einen Stab in der Hand, zu seinem einsamen Marsch von unserer Station zur Küste auf. Und mehrmals jede Woche trafen Küstenkarawanen mit Handelsgütern ein – scheußlich bedrucktes Kaliko, das einen erschauern ließ, wenn man nur hinsah, Glasperlen, die einen Penny das Pfund wert sein mochten, verdammte getupfte Baumwolltaschentücher. Und keine Nieten. Drei Träger hätten alles heranschaffen können, was nötig war, um jenes Dampfschiff wieder flottzumachen.
      Er wurde jetzt vertraulich, doch ich glaube, meine teilnahmslose Haltung muß ihn schließlich verdrossen haben, denn er ließ es sich angelegen sein, mich darauf hinzuweisen, daß er weder Gott noch Teufel fürchte, geschweige ein bloßes Menschenkind. Ich sagte, ich verstünde ihn vollkommen, doch was mir fehle, das sei eine Anzahl Nieten – und eigentlich seien es Nieten, was auch Herr Kurtz vor allem entbehrte, wenn er es nur gewußt hätte. Indessen gingen jede Woche nach der Küste Briefe ab … ›Verehrter Herr‹, rief er, ›ich schreibe nach Diktat.‹ Ich verlangte Nieten. Es müsse Mittel und Wege geben – für einen intelligenten Mann. Sein Benehmen verwandelte sich, wurde sehr kühl, und plötzlich begann er von einem Flußpferd zu reden; er wunderte sich, daß ich, da ich an Bord schliefe (Tag und Nacht hielt ich bei meinem geborgenen Wrack aus), nicht gestört würde. Da war ein altes Flußpferd, das die üble Angewohnheit hatte, auf das Ufer hinaufzuklettern und des Nachts durch die Station zu streichen. Die Pilger pflegten in voller Stärke aufzumarschieren und alle Flinten, deren sie habhaft werden konnten, auf das Tier abzufeuern. Manche hatten ihm sogar nächtelang aufgelauert. Aber die ganze Anstrengung war vergebens gewesen. ›Dieses Tier ist durch Zauber unverwundbar‹, sagte er; ›doch das läßt sich hierzulande nur von Untieren sagen. Kein Mensch – verstehen Sie? – kein Mensch ist hier durch Zauber unverwundbar.‹ Einen Moment lang stand er dort im Mondlicht, die fein gebogene Nase ein wenig gerümpft, mit leuchtenden, starren Glimmeraugen, ohne zu blinzeln, und dann schritt er mit einem schroffen ›Gute Nacht‹ von dannen. Ich sah, daß er beunruhigt und arg verwirrt war, was mich nur hoffnungsvoller machte, als ich es seit Tagen gewesen.
      Es war ein großer Trost, sich von diesem Knaben abzukehren und sich meinem einflußreichen Freund zuzuwenden, dem zerschundenen, verbogenen, abgewirtschafteten Blechpott von einem Dampfer. Ich kletterte an Bord. Das Schiff schepperte unter meinen Füßen wie eine leere Keksdose, die eine Gosse entlangkollert; nicht daß es von so solidem Bau gewesen wäre und auch nicht von so gefälliger Gestalt, doch ich hatte genug harte Arbeit darauf verwandt, um es liebzugewinnen. Kein einflußreicher Freund wäre mir von größerem Nutzen gewesen. Es hatte mir eine Gelegenheit gegeben, mich ein wenig umzusehen – herauszufinden, was ich vermochte. Nein, Arbeit mag ich nicht. Ich hätte viel lieber herumgefaulenzt und mir allerlei feine Dinge ausgedacht. Arbeit mag ich nicht – kein Mensch mag sie – doch ich mag, was in der Arbeit steckt – die Möglichkeit, zu sich selbst zu finden, zur eigenen Wirklichkeit, der Wirklichkeit, wie man sie selbst sieht, nicht wie andere sie sehen – zu dem, was kein anderer je erfahren kann. Sie können nur den bloßen äußeren Schein sehen und wissen doch nie wirklich, was er bedeutet.
      Ich war nicht überrascht, als ich achtern jemand an Deck sitzen sah, der die Beine über den Schlick baumeln ließ. Wißt ihr, ich hatte ziemlich dicke Freundschaft mit den wenigen Mechanikern geschlossen, die es in jener Station gab und denen die Pilger alle erdenkliche Verachtung zollten – vermutlich wegen ihrer unvollkommenen Manieren. Dies war der Vorarbeiter – Kesselschmied von Beruf –, ein guter Arbeiter. Er war ein hagerer, knochiger Mann mit gelbem Gesicht und großen, eindringlich blickenden Augen. Er machte einen besorgten Eindruck, und sein Schädel war so kahl wie meine Handfläche; doch sein Haar schien beim Ausfallen am Kinn hängengeblieben und in der neuen Umgebung gediehen zu sein,

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