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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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legte bei dieser Mitteilung eine Unruhe an den Tag, die mich anfangs belustigte, ›Ich verschwinde besser in aller Stille‹, sagte er ernst, ›Ich kann jetzt doch nichts mehr für Kurtz tun, und sie werden bald genug einen Vorwand gefunden haben. Was kann sie auch hindern? Dreihundert Meilen von hier ist ein Militärposten.‹
      ›Nun, auf mein Wort‹, sagte ich, ›vielleicht wäre es besser, Sie gingen, wenn Sie in der Nähe Freunde unter
    den Wilden haben.‹
      ›Eine Menge‹, sagte er. ›Es sind einfache Leute – und ich will nichts von ihnen, wissen Sie.‹ Er stand da und nagte an seinen Lippen, dann fuhr er fort: ›Ich möchte nicht, daß diesen Weißen hier etwas zustößt, aber natürlich dachte ich an Herrn Kurtz' Ruf – doch Sie sind ein Seemannsbruder, und …‹
      ›Schon gut‹, sagte ich nach einer Weile. ›Herrn Kurtz' guter Ruf ist sicher bei mir.‹ Ich wußte nicht, wie sehr ich damit recht hatte.
      Mit gesenkter Stimme setzte er mich davon in Kenntnis, daß es Kurtz gewesen, der den Angriff auf den Dampfer anbefohlen habe. ›Zuweilen haßte er den Gedanken daran, daß er einmal fortgeholt werden könnte – - und dann wieder … Doch ich verstehe nichts von diesen Dingen. Ich bin ein schlichter Mann. Er dachte, der Angriff werde Sie verjagen – Sie würden sich geschlagen geben, ihn für tot halten. Ich konnte ihn nicht davon abbringen. Oh, dieser letzte Monat war eine schlimme Zeit für mich.‹
      ›Nun gut‹, sagte ich. ›Er ist jetzt versorgt.‹
      ›Ja-a-a‹, murmelte er offensichtlich nicht sehr überzeugt.
      ›Danke‹, sagte ich; ›ich werde meine Augen offenhalten.‹
      ›Aber in aller Stille – ja?‹ drängte er eifrig. ›Es wäre furchtbar für seinen Ruf, wenn irgend jemand hier …‹ Ich versprach ihm mit großer Feierlichkeit, absolutes Stillschweigen zu wahren, ›ich habe ein Kanu mit drei Schwarzen, die nicht weit von hier auf mich warten. Ich verschwinde. Könnten Sie mir einige Martini-HenryPatronen geben?‹ Ich konnte es und tat es mit der gebotenen Heimlichkeit. Er nahm sich noch eine Handvoll meines Tabaks und zwinkerte mir dabei zu. ›Unter Seeleuten – Sie wissen schon – guter englischer Tabak.‹ An der Tür des Ruderhauses drehte er sich um – ›Meiner Treu, haben Sie nicht ein Paar Schuhe, das Sie entbehren können?‹ Er hob ein Bein.
      ›Sehen Sie.‹ Die Sohlen waren mit zusammengeknoteten Bindfäden nach Sandalenart unter seine nackten Füße gebunden.
      Ich kramte ein altes Paar heraus, auf das er mit Bewunderung blickte, ehe er es unter seinen linken Arm schob. Die eine seiner Taschen (knallrot) war prall mit Patronen gefüllt, aus der anderen (blauen) lugte Towsons ›Untersuchung‹. Er schien sich für vorzüglich ausgerüstet zu halten, um es von neuem mit der Wildnis aufzunehmen. ›Ah! Ich werde nie, nie wieder solch einem Mann begegnen. Sie hätten ihn hören sollen, wenn er Gedichte vortrug – noch dazu seine eigenen, wie er mir sagte.
      Gedichte!‹ Er rollte die Augen in Gedanken an diese Genüsse.
      ›Oh, er erweiterte meinen Horizont!‹
      ›Leben Sie wohl‹, sagte ich. Er schüttelte mir die Hand und verschwand in der Nacht.
      Manchmal frage ich mich, ob ich ihn wirklich gesehen habe – ob es möglich war, solch einem Phänomen zu begegnen! …
      Als ich kurz nach Mitternacht erwachte, fiel mir seine Warnung ein, mit ihrer Andeutung von Gefahr – und die schien in der sternenklaren Dunkelheit so real, daß ich aufstand, um einen Rundgang zu machen. Auf dem Hügel brannte ein großes Feuer und beleuchtete mit seinem Flackerschein eine schiefe Ecke des Stationshauses. Einer der Agenten hielt mit einer Abteilung unserer Schwarzen, die zu diesem Zweck bewaffnet worden waren, Wache bei dem Elfenbein; doch tief im Wald bezeichnete ein roter Schein – ein flackernder, zwischen dem Gewirr säulen hafter, tiefschwarzer Schatten vom Boden auflodernder und in sich zusammenfallender Schein – die genaue Position des Lagers, wo die Anbeter des Herrn Kurtz ihre nicht ganz geheuren Vigilien hielten. Das monotone Gehämmer einer großen Trommel erfüllte die Luft mit dumpfen, nachschwingenden Erschütterungen. Ein unentwegter, summender Laut vieler Menschenstimmen, die, jede für sich, eine unheimliche Beschwörungsformel sangen, drang aus der schwarzen Wand der Wälder, wie das Brummen aus einem Bienenstock, und hatte eine sonderbar betäubende Wirkung auf meine halbwachen Sinne.

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