Untitled
Tag fest, und dann suchten wir uns ein Hotel für die Nacht. Langer Rede kurzer Sinn: drei Tage lang mußten wir am Boden bleiben.»
«Also: Ende gut, alles gut?» fragte Harriet. Aber da war noch etwas anderes, das Peter bedrückte.
«Das Hotel, wo wir ein Dach über dem Kopf gefunden hatten, beherbergte noch andere Gäste», erklärte er. «Gäste, die ich wiedererkannt habe. Einen von Ribbentrops Beratern zum Beispiel, und Sachsen-Coburg-Gotha. Er fährt schon eine Zeitlang zwischen London und Berlin hin und her und nutzt nicht nur seine Blutsbande mit dem englischen Königshaus aus, sondern auch seine vermeintliche Nähe zum Führer.»
«Könnte das nicht auch ein Zufall sein, Peter? In einem Hotel bei Paris?»
«Vielleicht. Ansonsten war bei Breteuil noch eine gewisse Mrs. Simpson zu Gast. Sie ist die derzeitige Inamorata.»
Er schob eine französische Zeitung über den Tisch hinweg zu Harriet hin. Auf der Titelseite konnte man das Foto einer schlanken, eleganten Frau mit einem ziemlich kantigen Gesicht sehen, die einem Auto entstieg. Die Schlagzeile lautete: « Elle qui sera la Reine d'Angleterre? »
Harriet besah sich das Bild. «Peter, du bist doch sonst kein Pharisäer», meinte sie. «Hast du denn nicht schon selbst einen Abstecher nach Paris gemacht, um einer Geliebten einen Besuch abzustatten?»
«Ach, nun ja, vielleicht hast du recht», sagte er. «Ich werde wohl langsam alt. Aber wo wir gerade von Geliebten sprechen, Harriet, ich habe da Freunde in Wien, die meine Hilfe brauchen könnten.»
Harriet dachte kurz über die Tragweite des Gesagten nach. Da gab es doch diese Opernsängerin … «Welche Art von Hilfe, Peter?»
«Hilfe, da herauszukommen», antwortete er. «So, wie die Dinge liegen, würde eine jüdische Familie es vielleicht vorziehen, etwas mehr als nur eine theoretische Grenze auf einer Landkarte zwischen sich und Herrn Hitler zu bringen.»
«Natürlich mußt du ihnen helfen, wenn du kannst», meinte Harriet.
«Ich glaube nicht, daß sie sich in London niederlassen will», sagte er nachdenklich. «Du müßtest also nicht allzuviel mit ihr zu tun haben. New York wäre schon eher ihr Pflaster. Sie hat sich immer beklagt, daß sie hier in einem Opernhaus singen mußte, wo üble Gerüche und feuchte stygische Ausdünstungen ihrem Hals zu schaffen machten. Sänger sind entsetzliche Hypochonder.»
«War sie witzig, Peter?»
«Umwerfend witzig. Ich bin sicher, das ist sie immer noch. Und du solltest sie erst singen hören! Na, das wirst du schon noch, es sei denn …»
«Es sei denn, was?»
«Es sei denn, ihr Auftauchen hier macht dich eifersüchtig.»
Harriet lachte. Es war ein tiefes spontanes Lachen, das aus ihr hervorbrach, wie ein unterirdischer Fluß, der plötzlich an die Oberfläche tritt.
Peter wirkte auf einmal erschüttert. «Meine Liebe, ich scheine dich ja offenbar sehr glücklich zu machen», sagte er mit rauher Stimme.
13
Oh where, oh where has my little dog gone? Oh, where, oh where can he be?
GASSENHAUER
Jedes Verbrechen hat etwas von seinem Traum an sich. Verbrechen, denen es bestimmt ist, daß sie in die Tat umgesetzt werden, erzeugen alles, was sie brauchen, selbst: die Opfer, die Umstände, die Vorwände, die Gelegenheit.
PAUL VALERY
«Habt ihr den Hund gefunden, Charles?»
«Da hast du scharf geschlossen, Peter. Den Hund noch nicht. Aber das Blut auf dem Teppich war Hundeblut und kein menschliches.»
Die beiden Männer saßen in Peters kleinem Büro im Haus am Audley Square beim Lunch zusammen. Mrs. Trapp hatte sie mit einem Berg von Sandwiches versorgt, den sie mit Bitter vom Faß herunterspülten, das aus dem Aufenthaltsraum der Dienstboten heraufgebracht worden war.
«Das hatte ich erwartet. Irgend etwas Unschönes muß dem Hund zugestoßen sein, sonst hätte er bei jedem von Amerys Annäherungsversuchen an das Haus angeschlagen, nicht nur am Anfang.»
«Das würde unterstellen, daß Amery die Wahrheit gesagt hat», sagte Charles.
«Das würde es, ja. Aber er hat mir mindestens eine faustdicke Lüge erzählt. Es könnte also noch mehr geben. Es gefällt mir nicht, daß ein Mensch so vom Pfade der Tugend abweicht.» «Er steht leider ganz oben auf der Liste der Verdächtigen.»
«Mmm», machte Seine Lordschaft, den Mund voller Roastbeef-Sandwich mit Senf.
«Ich gehe davon aus, daß wir den Hund, wenn überhaupt, im Fluß wiederfinden werden», sagte Charles.
«Mit durchgeschnittener Kehle», fügte Peter hinzu.
«Keine Spur von einem
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