Untitled
auch nicht ausbuddeln. Vergiß ihn. Und vergiß Peters Frauen … Sich in Reue zu suhlen ist reines Selbstmitleid. Fang gar nicht erst damit an. Und wer schläft hier? Warum um Himmels willen schläft das Erste Dienstmädchen Tür an Tür mit Peters Diener? Kein Mensch kann wirklich so tugendhaft sein, wie der aussieht …» Und gleich nachdem sie energisch an die Tür geklopft hatte, marschierte sie geradewegs ins Zimmer.
«Ich weiß gar nicht, ob Bunter …», protestierte Harriet, aber in Kenntnis Ihrer Ladyschaft hatte Bunter offenbar die Umsicht besessen, nicht anwesend zu sein. Lady Severn unterzog den Raum einer kurzen Inspektion. Ganz gegen ihr sonstiges Taktgefühl ließ auch Harriet, die dieses Zimmer nie zuvor betreten hatte, ihren Blick schweifen.
«Und ich habe mich immer gefragt, ob der Mann überhaupt ein Privatleben hat», sagte Lady Severn. «Wer ist das bloß alles auf diesen Fotografien? Wie viele Frauen und Kinder hat der Mann denn nun?»
«Ich denke, das werden seine Geschwister sein. Er hat sechs, mit Meredith.»
«Euer Butler? Ist der etwa verheiratet? Ach, hier ist er ja, drei Kinder! Was ist aus ihnen geworden?»
«Soweit ich weiß, stehen sie irgendwo in Diensten.»
«Wer hat denn all diese Fotos von Peter gemacht?»
«Bunter selbst, Fotografieren ist sein Hobby.»
«Man sollte doch wohl annehmen, daß er auch ohne diese acht Portraits jeden Tag genug von Peter sieht. Na ja, es handelt sich wohl um eine Art Manie. Zu schade, daß Peter nicht besser aussieht, das wird ein hartes Brot für die Mädchen. Was ist auf dieser Etage? Der Lakai? Dieser gutaussehende junge Mann? Den mußt du im Auge behalten.
Der Geist mag ja willig sein, aber … Die beiden anderen Dienstmädchen zusammen in einem Zimmer? Trotzdem, die wirst du genauso im Auge behalten müssen. Hm, der Wäscheschrank könnte schlimmer aussehen … Ich hoffe, euer Koch macht sich nicht einen faulen Lenz mit dem elektrischen Herd. Zu meiner Zeit haben die Köche noch kein Luxusleben mit teurer Elektrizität erwartet … Na, und was soll mit diesen zwei Zimmern hier passieren?»
«Ich weiß nicht», meinte Harriet nachdenklich. «Wir könnten hier ja eventuell Kaninchen halten, was meinen Sie?»
«Kaninchen?» stieß Lady Severn mit einiger Besorgnis aus. «Du lieber Himmel, Kind! Setz dir ja nicht in den Kopf, Vierlinge oder Fünflinge oder irgend etwas anderes Vulgäres zu bekommen. Das macht aus einem Mann eine Witzfigur. Solche Dinge sollten wirklich den Tieren im Zoo vorbehalten sein. Daß du mir ja auch nicht nur träumst von deinen Kaninchen. Auch das ist schon gefährlich, wo doch jetzt überall dieses Unterbewußte herumspukt. Und laß dir auch nichts andrehen, wonach dir nicht wirklich der Sinn steht. Ich schere mich nicht drum, was Denver sagt oder meinethalben Peter. Die Männer sind alle Pharisäer – immer schnell dabei, Päckchen zu packen, die die Frauen dann zu tragen haben. Ein Haufen eitler Pfauen. Ich muß es wissen. Ich hatte einen Ehemann, drei Söhne und mehr Liebhaber, als die meisten Leute sich vorstellen können, und sie sind alle einer wie der andere.» Sie hielt abrupt inne. «Ich möchte jetzt Tee trinken.»
Im Salon stießen sie nicht nur auf den Tee, sondern auch auf Peter, der gleich einem sünd'gen Wesen auffuhr und sie mit schwacher Stimme, Unheil befürchtend, willkommen hieß: «Meine liebe Lady Severn!»
«Schau an.» sagte Lady Severn. «Ich hatte nur einen Kontrollbesuch im Sinn, und jetzt bleibe ich sogar zum Tee. Deine Frau gefällt mir. Sie hat keine Angst vor mir. Behandelst du sie gut? Du siehst widerlich selbstgefällig aus, und im Gesicht hast du auch ganz schön zugenommen. Ich hoffe, deine Fettlebe geht nicht auf ihre Kosten. Ich hasse Ehemänner, die sich an ihren Frauen schadlos halten. Nun setz dich endlich wieder hin, Mann Gottes.»
«Ja, Patentante …»
(So war es zumindest doch eine Wohltäterin gewesen, die der Märchenkutsche entstiegen war … )
Harriet goß den Tee ein, und Peter begann mit einer langen Reihe von Erkundigungen nach Lady Severns ausladender Verwandtschaft und Bekanntschaft, die sich bis in die dritte und vierte Generation hinein erstreckten und auch die Generationen ihrer Katzenfamilien nicht aussparten. Er schien fest entschlossen, die Unterhaltung auf dem Territorium des Gegners zu belassen, und so ging es durch Gurkensandwiches, Früchtekuchen und eine zweite Kanne Tee.
Dann machte er aber doch einen strategischen Fehler: «Schön, daß du
Weitere Kostenlose Bücher