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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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Harriet auf die Fremde. Die LadyPeter-Maske verrutschte ein bißchen, und Harriet sagte: «Es ist ein interessantes Haus, nicht wahr? Würden Sie es sich gerne ansehen wollen?»
    «Sehr, sehr gern!» antwortete die Frau.
    «Darf ich Ihren Namen erfahren?» fragte Harriet.
    «Oje, habe ich mich nicht vorgestellt? Hope Fanshaw. Miss Hope Fanshaw.»
    «Irgendwo habe ich den Namen schon einmal gehört», sagte Harriet und wies ihr den Weg nach oben.
    «Das würde mich freuen, Lady Peter», erwiderte Miss Fanshaw und zog aus ihrer Handtasche eine Visitenkarte, die sie Harriet überreichte. Bevor diese einen Blick darauf werfen konnte, erschien Meredith, der einen sehr erregten Eindruck machte.
    «Bunter ist nicht im Hause», sagte er, an die Besucherin gewandt, wobei er es verstand, ohne Worte beredt seine Bestürzung darüber zum Ausdruck zu bringen, daß sie sich aus der Halle entfernt hatte.
    «Das habe ich erwartet», sagte Harriet. «Meredith, Kaffee im Salon, in fünfzehn Minuten bitte.»
    Sie sah seine Augenbrauen hochschnellen, als er sagte: «Ja, Mylady.» Plötzlich wurde sie vom Teufel geritten, und sie begab sich mit Miss Fanshaw auf eine ausgedehnte und ausführliche Hausbesichtigung, bevor sie sie schließlich zum Kaffee in der Pracht des Salons Platz nehmen ließ.
    «Sie haben erheblich mehr Interesse für die Portraits gezeigt als die meisten meiner Gäste», bemerkte Harriet, als sie sich in gegenüberstehenden Sesseln niederließen. «Ich bin der Meinung, es verlangt einem eine Menge ab, sich für die Vorfahren anderer Leute zu interessieren. Ich bin nicht einmal sicher, ob ich mich selbst ausreichend bemühe. Andererseits hängen hier genug davon, um einen zu erschlagen.»
    «Es ist mein Beruf», gab Miss Fanshaw schlicht zurück, woraufhin sich Harriet ihre Karte genauer besah.
    « Hope Fanshaw, Portraitfotografie » war da zu lesen.
    « Hochzeiten, Jubiläen, feierliche Anlässe aller Art. Spezialität: Debütantinnen .»
    «Ist Fotografie nicht etwas ganz anderes?»
    «Sicher. Aber das Verbindende ist die Frage nach der Ähnlichkeit. Ich denke manchmal, es ist in der Malerei einfacher, Ähnlichkeit zu erzeugen.»
    «Sehr interessant, was Sie da sagen. Landläufig geht man wohl davon aus, daß es umgekehrt ist.»
    «Was denken Sie, Lady Peter, wie lange haben Sie mich heute morgen angesehen? Mich direkt angesehen, meine ich.»
    «Ich weiß nicht», antwortete Harriet. «Vielleicht ein Drittel der Zeit, die wir zusammen sind? Oder weniger.»
    «Ganz sicher weniger. Es gibt so etwas wie ein Tabu, daß Leute sich gegenseitig anstarren. Sagen wir, es waren fünf Mi nuten. Ich bin sogar sicher, daß es noch kürzer war. Länger auf keinen Fall.»
    «Und ein Portraitmaler hat die Genehmigung, Menschen anzustarren, wollen Sie sagen?»
    «Ja, genau. Alles in allem starrt sich so ein Maler viele Stunden zusammen. Aber die Kamera ist schon nach einem Sekundenbruchteil fertig. Einen Sekundenbruchteil lang kann ein Mensch so fremdartig aussehen, daß weder er sich selbst noch seine Freunde ihn wiedererkennen würden.»
    «Das heißt, Ihre Kunstfertigkeit besteht darin, den typischen Moment zu erwischen?»
    «Das ist ein Teil davon. Meine Kunstfertigkeit ist gefragt, wenn es darum geht, zu erraten, welche der Millionen Arten, wie jemand aussieht, wenn Sie jede einzelne Sekunde berücksichtigen, wohl dem am nächsten kommt, wie die Person aussehen möchte. Die muß ich dann einfangen.»
    «Und für dieses Problem findet sich oft keine Lösung, oder?» sinnierte Harriet. «Denn schließlich gibt es eine Menge Leute, die mit keiner Version ihres Aussehens zufrieden sind. Sie mögen einfach ihre ganze Erscheinung nicht.»
    «Sie haben vollkommen recht. Das liegt zum einen daran, daß sie sich selbst nie wirklich gesehen haben. Jeder posiert, wenn er in den Spiegel schaut. Man sieht nicht, was andere sehen können. Sie wären ein gutes Beispiel dafür.»
    «Warum gerade ich?»
    «Ihre Gesichtszüge sind sehr einfach, wenn sie ruhen. Erst die Bewegung gibt ihnen Schönheit. Man müßte Ihre Augen besonders hervorheben. Sie haben einen gewissen Ernst im Blick. Würden Sie mir gestatten, Sie zu fotografieren?»
    «Sicherlich, irgendwann. Aber kommen wir zu dem zurück, was Sie über die gemalten Porträts gesagt haben.»
    «Ein Bild zu malen erfordert Zeit. Deshalb fängt es die Zeit
    ein. Die Veränderungen im Gesichtsausdruck der Person, das Licht, das sich verändert, das Vertrauen oder Mißtrauen, das die Person dem

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