Untitled
hatte, der keineswegs eine seiner besten Gelegenheiten am Tisch war.
»Was haben die Blauhäher denn verbrochen?«, fragte ich.
»Die sind da draußen, und ich bin hier drin«, antwortete er und blickte mich finster an. »Versuch bloß nicht die PsychoEinwickel-Masche, Mr Riesenarschloch. Mach deinen nächsten Stoß, Seelenklempner.«
Ich versenkte eine gestreifte Kugel in der Ecke, dann verfehlte ich wieder den nächsten Stoß, den ich mühelos hätte machen können. Anderson nahm mir den Queue weg und stand vor seinem nächsten Stoß lange vornübergebeugt. Zu lange, dachte ich. Unvermittelt richtete er sich auf. Zur vollen Größe von über zwei Metern. Er funkelte mich wütend an, als hätte ich ihm etwas getan. Sein Körper wurde steif. Er spannte die langen Arme an.
»Hast du gerade was zu mir gesagt, Seelenklempner?«, fragte er. Seine Hände waren riesig und umklammerten den Queue. Dann wand er ihn, als wollte er ihm den Hals umdrehen. Anderson war ziemlich fett, aber das Fett war hart, wie bei einem Footballspieler oder einigen Profi-Wrestlern.
»Nee. Keinen Mucks.«
»Soll das komisch sein? So 'n Wortspiel wegen der piepsenden Blauhäher, die ich verflucht hasse, wie du genau weißt.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe mir nichts dabei gedacht.«
Anderson trat vom Pooltisch zurück, den Queue immer noch in beiden Händen. »Ich könnte schwören, dass du mich eine feige Sau genannt hast. Ganz leise. Feige Sau – stimmt doch? Irgendein Schimpfwort?«
Ich stellte Blickkontakt mit ihm her. »Ich glaube, unser PoolSpiel ist jetzt zu Ende, Mr Anderson. Bitte, legen Sie den Queue weg.«
»Glaubst du wirklich, du kannst mich zwingen, den Stock wegzulegen? Wahrscheinlich – wenn du mich für eine feige Sau hältst.«
Ich hielt meine Trillerpfeife an die Lippen. »Ich bin neu hier und brauche die Arbeit. Ich will keinen Ärger.«
»Dann bist du aber ins falsche gottverdammte Höllenloch geraten, Mann«, sagte er. »Du bist ein beschissener Feigling. Du mit deiner blöden Pfeife.«
Anderson warf den Queue auf den Tisch und stolzierte zur Tür. Auf dem Weg stieß er gegen meine Schulter.
»Pass auf, was du sagst, Nigger «, zischte er und spuckte beim Sprechen auf den Boden.
Ich ließ Anderson keinen Schritt weitergehen. Ich packte ihn und wirbelte ihn herum. Er war völlig verblüfft. Ich ließ ihn die Kraft meiner Schultern und Arme spüren. Ich starrte ihn an. Ich wollte sehen, was geschah, wenn man ihn provozierte.
»Pass du lieber auf, was du sagst«, fuhr ich ihn an. »Sei in meiner Nähe ja vorsichtig, übervorsichtig.«
Ich ließ Clete Anderson los, und er stapfte zur Tür. Ich schaute dem Hünen nach, wie er das Poolzimmer verließ – und hoffte ein bisschen, er möge das Superhirn sein.
B is jetzt war die schlimmste Möglichkeit, die ich mir vorstellen konnte, die, dass das Superhirn auf Nimmerwiedersehen verschwand. Die Jagd nach diesem Verbrecher war mehr zu einem Warten geworden – oder zu einem Beten, dass das Superhirn etwas tat, das uns zu ihm führte. Die Schicht im Veteranenkrankenhaus begann mit einer halbstündigen Patientenbesprechung mit Kaffeeklatsch. Bei diesen Sitzungen wurde jeder Patient kurz abgehandelt und Änderungen in den Privilegien festgehalten. Die Schlagworte der Sitzungen waren »Affekt«, »Willfährigkeit«, »Interaktion« und natürlich »PTSS«. Wenigstens die Hälfte der Männer in diesen Abteilungen litt unter Post-traumatischen-Stress-Störungen.
Die Patientenbesprechung war zu Ende und meine Schicht begann. Hauptaufgabe eines Therapeuten ist die Interaktion mit den Patienten, und daran hielt ich mich; es erinnerte mich daran, warum ich überhaupt Psychologie studiert hatte.
Ein Großteil meines Lebens tauchte wieder vor mir auf, besonders meine Gefühle und das Verständnis für die schreckliche Macht eines Traumas. Sehr viele Männer hier litten darunter. Für sie schien die Welt nicht mehr sicher oder verlässlich zu sein. Selbstzweifel und Schuldgefühle waren ihre ständigen Begleiter. Glaube und Spiritualität existierten nicht. Warum hatte das Superhirn sich diesen Ort als Versteck ausgesucht?
Während der achtstündigen Schicht hatte ich eine Reihe besonderer Pflichten, darunter – um sieben Uhr – die Überprüfung scharfer Gegenstände. (Ich musste das gesamte Besteck in der Küche zählen. Falls etwas fehlte, was selten der Fall war, mussten die Zimmer durchsucht werden.) Um acht Uhr folgte ein Einzelgespräch mit dem Patienten
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