Untot in Dallas
nichts mehr über diesen Abend, du erinnerst dich nur noch an die Party.“
„Die Party?“ Bethanys Worte klangen vernuschelt, nur noch milde verwundert, sondern eher ein wenig neugierig.
„Du bist auf eine Party gegangen“, sagte die Vampirin, während sie Bethany aus dem Zimmer führte. „Du warst auf einer wunderbaren Party und hast diesen unglaublich süßen Jungen kennengelernt. Mit ihm bist du dann zusammengewesen.“ Die beiden verließen das Zimmer, wobei die Vampirin immer noch eindringlich im Flüsterton auf Bethany einredete. Ich hoffte, sie würde der jungen Frau ein paar schöne Erinnerungen bescheren.
„Was war?“ wollte Stan nun wissen, nachdem sich die Tür hinter den beiden Frauen geschlossen hatte.
„Bethany schoß der Gedanke durch den Kopf, der Türsteher des Clubs könne mehr wissen. Sie hat gesehen, wie auch er in die Herrentoilette ging, und zwar unmittelbar nach Ihrem Freund Farrel und dem Vampir, den Sie nicht kannten.“ Was ich nicht wußte und wonach ich Stan auch kaum fragen konnte war, ob Vampire auch Sex miteinander hatten. Im Unleben der Vampire waren Sex und Nahrung so eng miteinander verknüpft, daß ich mir nicht vorstellen konnte, daß ein Vampir mit einer Person schlief, die nicht menschlich war, von der er nicht auch trinken konnte. Kam es vor, daß Vampire das Blut anderer Vampire zu sich nahmen - außer in absoluten Notsituationen? Ich wußte, daß Vampire Blut spenden konnten, wenn das Leben eines anderen Vampirs auf dem Spiel stand, daß sie einen der Ihren so quasi wiederbeleben konnten. Aber von anderen Situationen, in denen Vampirblut getauscht wurde, hatte ich noch nie gehört. Nein, danach mochte ich Stan wirklich nicht fragen! Vielleicht konnte ich das Thema Bill gegenüber ansprechen, aber erst dann, wenn wir dieses Haus wieder verlasen hatten.
„Wir können also zusammenfassen, was du im Gedächtnis unserer Kellnerin lesen konntest: Farrel hat die Bar besucht; er ging mit einem anderen Vampir zusammen auf die Toilette, mit einem jungen Vampir mit langem blonden Haar, der voller Tätowierungen war. Während sich die beiden dort aufhielten, ging der Türsteher der Bar ebenfalls auf die Toilette.“
„Ja. Das waren die Informationen, die ich hören konnte.“
Es folgte eine ziemlich lange Pause, während Stan überlegte, was weiter zu tun sei. Ich wartete, entzückt darüber, daß ich nicht ein einziges Wort der Debatte hören konnte, die dabei in seinem Inneren stattfand. Keine plötzlich aufflammenden Bilder, kein Einblick in sein Denken!
Ohnehin waren die kurzen Einblicke in die Köpfe irgendwelcher Vampire extrem rar, was ich als angenehm empfand. Von Bills Gedanken hatte ich nie etwas mitbekommen; daß auch Vampire mir Gedankenfetzen senden konnten, war mir überhaupt erst untergekommen, nachdem ich schon eine Weile in der Vampirwelt verkehrt hatte. Das Zusammensein mit Bill blieb weiterhin die reine, ungetrübte Freude für mich, denn zum ersten Mal in meinem Leben war mir eine normale Beziehung mit einem männlichen Wesen möglich. Natürlich handelte es sich bei Bill nicht um ein lebendes männliches Wesen, aber man kann nicht alles haben.
In diesem Moment spürte ich Bills Hand auf meiner Schulter, ganz so, als hätte er genau mitbekommen, daß ich gerade an ihn gedacht hatte. Ich legte meine Hand auf die seine und verspürte den heftigen Wunsch, kurz aufzustehen und ihn kräftig an mich zu drücken. Das ging aber nicht, denn Stan sah uns zu. Nicht, daß er noch Hunger bekam!
„Wir kennen den Vampir nicht, der mit Farrell auf die Toilette ging“, verkündete Stan, eine recht kurze Bemerkung dafür, daß er so lange nachgedacht hatte, wollte mir scheinen. Vielleicht hatte er mir eine ausführlichere Erklärung zukommen lassen wollen, dann aber befunden, ich sei nicht klug genug, diese auch zu verstehen. Ich habe nichts dagegen, unterschätzt zu werden; das ist mir lieber, als überschätzt zu werden. Unter dem Strich konnte es mir egal sein, was Stan von mir hielt. Aber in meinem Kopf war eine Frage offengeblieben, und ich packte sie zu den anderen, die ich später dann mit Bill würde klären wollen.
„Wer arbeitet denn als Türsteher im Bat's Wing?“ fragte ich.
„Ein Mann namens Re-Bar“, antwortete Stan reserviert. „Ein Fangbanger.“
Dann hatte Re-Bar ja seinen Traumjob gefunden. Er arbeitete mit Vampiren, er arbeitete für Vampire, er war Nacht für Nacht mit Vampiren zusammen. Für jemanden, den die Faszination für die
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