Untot in Dallas
dann wieder auf mich zu heften. Da tat es mir leid, daß ich nur ein dünnes Fähnchen aus Nylon trug, nichts anständiges Dickes aus Baumwolle oder Frottee. „Ganz warm?“ fuhr Eric fort, „frisch aus der Quelle?“ Bill gelang es, eisiges Schweigen zu wahren.
Seufzend trat Eric auf den Flur, den Blick bis zur letzten Sekunde auf mich gerichtet. Kaum stand er draußen, da schloß Bill die Tür hinter ihm.
„Meinst du, er bleibt da stehen und lauscht?“ wollte ich nervös wissen, als mein Liebster mir den Gürtel des Morgenmantels aufknüpfte.
„Das ist mir total egal!“ verkündete Bill und wandte seinen Kopf anderen Dingen zu.
* * *
Als ich gegen dreizehn Uhr aufstand, herrschte tiefste Stille im ganzen Hotel. Das Gros der Gäste schlief natürlich noch, und tagsüber ließ sich keines der Zimmermädchen hier blicken. Nachts stellten Vampire den Sicherheitsdienst - das war mir am Abend zuvor aufgefallen. Am Tage würde das anders geregelt sein müssen, wobei gerade die Sicherheit, die das Hotel tagsüber garantierte, die Gäste so tief in die Tasche greifen ließ, wenn sie hier 'übernachten' wollten. Zum ersten Mal in meinem Leben rief ich an der Rezeption eines Hotels an und bestellte Frühstück aufs Zimmer. Da ich in der Nacht zuvor keinen Bissen gegessen hatte, war ich nun hungrig wie ein Wolf. Ich war gerade mit dem Duschen fertig geworden und hatte mich in meinen Bademantel gehüllt, als der Kellner auch schon klopfte. Nachdem ich sichergestellt hatte, daß er auch derjenige war, für den er sich ausgab, ließ ich ihn ein.
Immerhin hatte man am Vortag auf dem Flughafen versucht, mich zu entführen - Gott sei Dank erfolglos. Aber nun wollte ich lieber auf Nummer sicher gehen und nichts als gegeben hinnehmen. Während der junge Mann also mein Frühstück und den Kaffee auf dem Tisch anrichtete, hielt ich die ganze Zeit mein Pfefferspray bereit, entschlossen, dem Mann eine ordentliche Ladung zu verpassen, sollte er auch nur einen einzigen Schritt auf die Tür zu machen, hinter der Bill in seinem Sarg schlummerte. Aber der junge Kellner, Arturo, war nicht neu in diesem Metier und gut geschult. Kein einziges Mal glitt sein Blick hinüber zur Schlafzimmertür und auch mir sah er nicht direkt ins Gesicht. In Gedanken allerdings beschäftigte er sich durchaus mit mir, was dazu führte, daß ich mir wünschte, meinen BH angelegt zu haben, ehe ich ihm die Tür öffnete.
Nachdem Arturo sich zurückgezogen hatte - Bills Anweisungen folgend hatte ich der Rechnung für das Frühstück, ehe ich sie unterzeichnet hatte, noch ein Trinkgeld hinzugefügt -, aß ich alles auf, was er mir gebracht hatte: Würstchen, Pfannkuchen und eine kleine Schüssel mit Melonenbällchen. Wie köstlich das alles war! Es gab echten Ahornsirup zu den Pfannkuchen, und die Melonen waren genau so, wie sie sein sollten, reif genug, aber nicht zu reif. Auch die Würstchen schmeckten toll. Ich war froh, daß Bill nicht da war, um mir zuzusehen. Ich fühlte mich immer ein wenig unwohl, wenn er mir beim Essen zusah, denn er tat es nicht wirklich gern. Besonders verhaßt war ihm, wenn ich Knoblauch aß.
Dann putzte ich mir die Zähne, bürstete mein Haar und richtete mein Make-up, denn es wurde Zeit, mich auf meinen Besuch in der Zentrale der Bruderschaft der Sonne vorzubereiten. Ich teilte mein Haar in Strähnen, die ich oben auf dem Kopf feststeckte; darauf holte ich die Perücke aus ihrer Schachtel. Die Perücke hatte eine unauffällige braune Kurzhaarfrisur, und als Bill angeregt hatte, sie zu kaufen, hatte ich gedacht, er sei übergeschnappt. Noch immer wußte ich nicht genau, wieso er auf die Idee gekommen war, ich würde eine Perücke brauche können, aber mittlerweile war ich froh, das gute Stück zu besitzen. Ich hatte auch eine Brille aus Fensterglas, wie die Stans, die lediglich am unteren Rand ein wenig vergrößerte und die ich so ganz legitim als meine Lesebrille ausgeben konnte. Diese Brille schob ich mir auf die Nase.
Was trug man wohl als Fanatiker, wenn man einen Ort aufsuchen wollte, an dem weitere Fanatiker versammelt waren? Viel Erfahrung hatte ich nicht in dieser Frage, aber ich ging davon aus, daß Fanatiker sich konservativ kleideten - entweder, weil sie zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt waren, um sich mit Modeangelegenheiten zu befassen oder weil sie es für eine Sünde hielten, sich schick anzuziehen. Zu Hause hätte ich einfach schnell ins nächste Einkaufszentrum fahren und mir das Nötige zusammensuchen
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