Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)
verkauft.«
»Tatsächlich?« Materia zog eine Augenbraue hoch.
»Ja. Wie es aussieht, haben die Händler eine Erlaubnis von uns, meine Hauptdame.«
»Eine Erlaubnis?«
»Ja. Und von den Lilanen auch, mögen sie bald ihr Ende finden.«
»Ich weiß aber von keiner solchen Erlaubnis.«
»Offenbar hat sie jemand ohne deine Einwilligung ausgestellt.«
Die Hauptdame richtete sich auf. »Ich will diesen Kalender sehen, und ich will wissen, wer die Erlaubnis ausgestellt hat.«
»Und was diese Predigerin angeht ...«, sagte Inkmuht.
»Ja?«
»Wir sollten sie mit weiteren Gaben ausstatten. Es ist doch erfreulich, wenn die Leute in die Kirche gehen. Wenn sie nach dem alten und neuen Kalender hingehen, gehen sie öfter als bisher. Wir sollten das unterstützen. Was würde es gar für einen Eindruck machen, wenn die Häupter vor einer verschlossenen Kirche stehen?«
Materia sah Inkmuht scharf an und überlegte. »Ich bin froh, dass ich dich habe, Inkmuht. Ich werde anordnen, dass alle Heiligen Grauen Kirchen im ganzen Zweiland auch an den Bedanktagen des neuen Kalenders Andachten abhalten sollen.«
»Das ist wirklich weise«, sagte Inkmuht erleichtert.
»Das hoffe ich«, sagte Materia und trank einen Schluck Wasser.
Mit glasigen Augen betrachtete Marktleiter Wartlo den neuen Kalender. Da stand für heute, den 27. Tag des dritten Monats: Schlaftag. Und in der Tat war es sehr ruhig auf den Straßen. Kein Laut aus der Schmiede gegenüber, und auch kein Gesäge vom Schreiner nebenan. Nach altem Kalender aber war Markttag, und Wartlo hatte den Marktleiter-Stand aufbauen lassen in der Hoffnung, dass Verkäufer und Kunden auftauchen würden. Viele Stände waren auch schon aufgebaut, aber die Händler langweilten sich bislang.
Vulko stand drüben bei Arkols Gurkenstand. Die beiden schwiegen sich an. Die Prantli sortierte ihre Würste. Gelegentlich wischte sie ihre Hände an ihrer Schürze ab.
Der Gedanke, dass die abwesende Kundschaft noch im Bett weilte und schlief, machte Wartlo müde.
Er lief über eine unendlich große Ebene voller leerer Marktstände, bis ihn eine verschimmelte Gurke fragte, ob er sie kaufen wollte.
Als Wartlo vom Geräusch klingender Münzen aufwachte, hatte sich der Markt gefüllt. Offenbar hatten die Leute sich erstmal richtig ausgeschlafen, bevor sie zum Einkaufen auf den Markt gingen. Wartlo konnte es ihnen nicht verdenken. Er gähnte herzhaft und machte sich an die Arbeit.
Armia stöhnte und ließ die beiden Körbe mit Gemüse und Broten unsanft zu Boden gleiten. »Ich habe keine Lust mehr, wie eine brave Mutti meine Einkäufe nach Hause zu tragen!«
Madalak blieb neben ihr stehen. Auch ihm stand trotz des kühlen Wetters der Schweiß auf der Stirn.
»Außerdem muss ich mal hinter einen Busch«, fuhr Armia damit fort, sich zu beschweren.
Mit einer Kopfbewegung wies Jakeed den Trampelpfad hinunter, der zu der Stelle führte, an der das Himmelbett versteckt war. »Wir müssen nur noch da drüben in den Wald, da wartet das gemütliche Bett.« Er biss sich auf die Zunge, denn Armia konnte seine Worte leicht als unanständige Aufforderung missverstehen. Zum Glück dachte sie im Moment an etwas anders. »Ich bin dafür geschaffen, fiese Monster und stinkende Untote zu vernichten«, erklärte sie grimmig. »Nicht, um Gemüse zu tragen.«
Madalak seufzte. »Und ich bin dafür geschaffen, durch die Gegend zu fliegen und Leute mit Eiswasser oder anderen Flüssigkeiten zu bewerfen.« Nach einem Seitenblick fügte er hinzu: »Zu meiner Zeit war ich außerdem dazu geschaffen, reihenweise Frauen den Kopf zu verdrehen.«
Armia zog an ihrem Gürtel und ignorierte die Andeutung. »Ich nehme zu, ich habe zu wenig Bewegung«, erklärte sie. »Mein Schwertarm verlernt seine Aufgaben, und mein Kopf fühlt sich, als säße er auf dem falschen Körper. Auf dem einer braven Hausfrau.«
»Lass uns im Gehen weiter reden«, meinte Madalak und warf sich den Sack mit übrig gebliebenen Kalendern über die andere Schulter. »Die anderen warten vielleicht schon auf uns.«
Wortlos hob Armia ihre Körbe hoch und ging voran. Madalak verstand sie recht gut. Sie alle hatten zugunsten der Allianz ihre gewohnte Beschäftigung aufgegeben, um die Kalender zu produzieren und zu verkaufen. Immerhin hatten sie die Hoffnung, dass sie in nächster Zeit kürzer treten konnten: Es gab Vereinbarungen mit Zwischenverkäufern und Großhändlern. Die zu beliefern würde einfacher sein als alles selbst unter die Leute zu
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