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Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)

Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)

Titel: Untot, Intrige und viel Tee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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bringen. Es gab auch die Überlegung, weitere Druckereien zu beauftragen, allerdings musste zuvor ein Händler gefunden werden, der ihnen in großen Mengen ungesegnetes Papier verkaufte. Die Kapazität des Herrn Graf war erschöpft. Seine stupide Tätigkeit hätte ihn bestimmt zu Tode gelangweilt, wenn er noch gelebt hätte.
    Mit hängenden Köpfen trotteten der Zauberer und die Abenteurerin den Weg entlang und hangelten sich durch ihre Gedanken.
    Als hätte es ein großer Dramaturg mit Sinn fürs Triviale vorherbestimmt, begann es in diesem Moment heftig  zu regnen.
     
    Drei Tage Stubenarrest hatten Aquato gut getan. Seinem Kopf vor allem: Er hatte unzählige Ideen für Predigten und Interpretationen der Wahren Worte erfunden.
    Dummerweise hatte das ständige Sitzen in der feuchten Kammer seinen Gelenken geschadet, so dass ihm die Krankheitsleuchte der Burg von Ramaschal dringend Bewegung an der frischen Luft verordnet hatte. Also machte Aquato einen Spaziergang. In der Nähe der Straße, die zum Duni-See hinunter führte, lungerten mehrere Funken vor einem Gebäude herum, das sich bei näherem Hinsehen als Färberei erwies. Aquato rückte seine lila Mütze zurecht, die ihn als Student der Wahrlichen Lila Lehre auswies, und ging auf die Frauen und Männer zu.
    »Möge der Herr in euch sein für immer«, grüßte er.
    Mit einsilbigem »Möge« und »Mögederherr« wurde sein Gruß lustlos erwidert.
    »Warum steht ihr hier? Habt ihr keine Arbeit?«
    Ein Mann, der seine Daumen hinter seinen Gürtel gesteckt hatte, stellte sich gerade hin und entgegnete: »Hätten wir schon. Aber wir weigern uns.«
    »Ihr wollt nicht arbeiten?«, fragte Aquato und versteifte sich. »Sicher gibt es doch viel zu tun. Hübsche Stoffe lila zu färben, zum Beispiel.«
    »Funke«, sprach der Mann weiter, »heute ist Schlaftag, und da hat Wahrmut bekanntlich geruht und auch nicht gearbeitet.«
    Das erwischte Aquato auf dem falschen Fuß, so dass er nichts entgegnete.
    »Wolbar, lass dich nicht auf nutzlose Debatten ein«, meinte eine Frau, die lila Hände hatte, und versuchte, den Mann von Aquato fort zu ziehen.
    Der Funke lächelte unverbindlich und hob zu der lange vorbereiteten Predigt an: »Niemand konnte diese Nachricht verstehen, sagte Wahrmut. Da hilft kein Warten und kein Lesen, so ganz ohne Buchstaben.«
    Die Leute von der Färberei starrten ihn an. Aquato freute sich über die Aufmerksamkeit und fuhr fort: »Zweifellos sind Wahrmuts Nachrichten überall und nirgends, obwohl wir sie nicht verstehen, und doch gibt es Menschen, die lange genug zwischen Wänden aus Buchstaben gewartet haben, um sie zu übersetzen.«
    »Die Wände?«, fragte jemand.
    »Was? Nein«, sagte Aquato, »die Nachrichten. Wahrmuts Nachrichten an uns. Wir verstehen sie nicht, das heißt, wir schon, wir Gelehrten der Lila Kirche. Wir übersetzen für euch, was ihr nicht verstehen könnt.«
    »Also, ich versteh das ganz gut«, sagte Wolbar und verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. »Der Wahrmut hat heute geschlafen und deshalb arbeiten wir nicht.«
    »Aber ...«
    »Das ist wirklich nicht schwer zu verstehen, finde ich«, ergänzte Wolbar. »Dafür brauche ich keine Übersetzung. Und keinen Wichtigtuer mit lila Mütze.«
    Zwei weitere, ziemlich kräftige Männer kamen jetzt näher.
    Aquato wich zurück. »Nein, nein, ich ...«
    »Er ist ziemlich bleich«, meinte Wolbar, »findet ihr nicht?«
    Zustimmendes Kichern rieselte in Aquatos Ohren und bedeutete nichts Gutes.
    »Wolbar!«, sagte die Frau und zupfte mit ihren lila Händen am Hemd des Sprechers.
    »Er hat Glück, dass wir heute nicht arbeiten. Sonst würden wir ein bisschen Farbe in sein bleiches Gesicht bringen. Was meint ihr?«
    Die Männer grölten, und Aquato ergriff die Flucht. Unterwegs verlor er seine Mütze. Schamvoll unterdrückte er die Tränen, die sein trauriges Gesicht überrennen wollten.
     

Bina
     
Rauschende Bäume
die über uns wachen und knarrend verharren
zum Sonnenaufgang.
Wahrmuts Vertonte Gedichte
Vierter Gesang
 
    Und als Wahrmut endlich den Höchsten Hügel erklommen hatte, ahm, sah er sie – da erzähle ich euch, liebe Gemeinde, nichts neues. Da saßen sie, ahm, die Affen, und stellt euch lieber nicht vor, was sie trieben, so unkeusch waren ihre Handlungen. Ahm. Von dieser Stelle aus konnte Wahrmut sehen, dass die Straße ihn wieder zurück zum Meer der Unklugheit führen würde.
    Auch uns, ahm, oh Gemeinde, führt dieser Weg in jenes kalte und dumme Meer,

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