Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)
nicht auf etwas richtet, bleibt sie ungeordnet und erwärmt den Kristall, bringt ihn zum Glühen. Aber das meine ich nicht.«
»Ich gebe es auf«, sagte Jakeed. »Das ist mir zu hoch.« Er sah plötzlich in das Gesicht von Bikka, die stehengeblieben war.
»Dabei ist es doch ganz einfach«, sagte sie.
»Ach wirklich?«, fragte Jakeed. Er warf einen Seitenblick auf Wahrmut, der erwartungsvoll lächelte.
»Es steht im Sandtag-Kapitel. Wahrmut fragt die Spinnen, warum sie so viele Arme und Beine haben«, erklärte Bikka. »Und die Antwort lautet: Um ihre Aufgabe in der Natur zu erfüllen.«
»Eine gute Antwort«, meinte Wahrmut.
»Ist sie denn korrekt?«, fragte Jakeed.
»Möglicherweise«, antwortete der Prophet. »Man müsste die Kristalle fragen. Aber ich spreche deren Sprache leider nicht. Ich befürchte, sie haben nicht einmal eine. Das macht die Sache etwas knifflig.«
»Und?«
»Wenn die Movik-Kristalle nicht im Einklang mit der Natur stehen würden, dann würde es sie nicht geben. Oder nicht mehr lange.«
Weiter folgte Jakeed der Unterhaltung nicht, denn weiter vorne drehte sich gerade Armia zu ihm um und lächelte.
Esliwo Pastlo, 1139-1197: Lila Erzvorglauber, bekannt für seine Herleitungen einer unmittelbar bevorstehenden Vernichtung der Grauen Kirche aus Wahrmuts Worten, stirbt am Biss einer Spinne. →Maberu Kunwis, zu dieser Zeit Hellstes Lila Licht, beschuldigt die Grauen des Meuchelmordes. Es kommt daraufhin zur →Krise von Etria.
Aus Hutrolfs Werk »Wichtige Personen Zweilands«
Fledermäuse können sich schneller vom Fleck bewegen, als man es für möglich hält. Die üblichen Exemplare flattern nur ein wenig hin und her und legen in ihrem Leben auf diese Weise etliche Kilometer Luftlinie zurück, ohne sich jemals weit von der Stelle zu entfernen, an der sie sich vorzugsweise kopfüber zum Schlafen aufhängen.
Der Graf hatte zuletzt jede Nacht zweimal die Entfernung zwischen dem Hauptquartier der Allianz und dem nächsten Dorf zurückgelegt, um dort seinen Vampir-Geschäften nachzugehen. Diesmal hatte er sich wegen des Erscheinens des Propheten später als gewöhnlich auf den Weg machen können. Und er war auch deutlich früher zurück, weil ihm etwas begegnet war, das ihm überhaupt nicht gefiel: Savi, die fliegende Stadt der Grauen. Sie war wohl kaum unterwegs, um einen Familienbesuch abzustatten. Die Grauen wussten, dass die Allianz in der Luft unterwegs war. Also schickten sie die Nemesis ebenfalls durch die Luft.
Die fliegende Stadt war seit Jahren nicht mehr unterwegs gewesen, sondern auf dem Savi-See umhergeschwommen. Die Grauen wussten genau, dass der Einsatz der mit Bewaffneten besetzten Stadt gegen die Lilanen die ultimative Provokation darstellen würde. Aber gegen den gemeinsamen Feind wurde die fast vergessene Waffe wieder in Betrieb genommen.
Und sie war schon ziemlich nah am Berg Denal. Wegen der Dunkelheit verharrte die Stadt im Moment an Ort und Stelle, aber es würde nicht mehr lange dauern, bis sie das Versteck im Berg entdecken würde.
Der Graf hatte es plötzlich ziemlich eilig.
Er erreichte die Schrattlermeisterhöhle noch mitten in der Nacht, verwandelte sich in seine Menschenform und betrat den von einer Kerze beleuchteten Schlafraum. Madalak schnarchte, Wanzl saß neben ihm auf einem Stuhl und schlief ebenfalls.
»Meine ferten Herren«, begann er, aber er wurde ignoriert. Er versuchte es noch einmal, aber wesentlich lauter.
Wanzl schreckte hoch und auch Madalak war augenblicklich wach.
»Jo waaa«, machte Wanzl.
»Ef gibt ein Problem«, sagte der Graf.
»Was ist?«, fragte der Zauberer und richtete sich mühevoll auf.
»If nehme an, die fliegende Ftadt Favi ift euch ein Begriff.«
Wanzl schüttelte den Kopf, aber der Zauberer schrak zusammen. »Savi ist auf dem Weg hierher?«
»Fo ift ef«, bestätigte der Graf.
»Wir müssen fliehen«, sagte Madalak. »Und zwar sofort.«
»Fliehen? Warum?«, fragte Wanzl.
»Dir, Wanzl, kann nichts passieren. Du warst nie mit uns unterwegs. Sie kennen dich nicht. Das gleiche gilt für den Grafen.«
Der nickte, während Madalak sich stöhnend in seine Kissen sinken ließ. Dann fuhr er fort: »Und jenseits des Meeres kennt mich niemand. Fast niemand.«
Wanzl sah staunend vom einen zum anderen.
»Dich, Wanzl, bringe ich nach Hause. Wir brechen sofort auf. Hilf mir beim Aufstehen.«
»If möfte darauf hinweifen, daff meine Heimftatt ein gantfef Ftück entfernt liegt.«
»Zu weit, um zu fliegen«, nickte
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